Große Mehrheit für Lockdown in Bayern - Kritik für emotionalen Söde r Von Josefine Kaukemüller, Christoph Trost und Marco Hadem, dpa

Schulen zu, kein Weihnachtsshopping, nächtliche Ausgangsbegrenzungen
auch an Silvester: Die kommenden Wochen werden nicht leicht. Auch der
Freistaat zieht die Notbremse. Denn andere Dinge sind nun wichtiger.

München (dpa/lby) - Die von Bund und Ländern am Wochenende vorgelegte

Notbremse im Kampf gegen die Corona-Krise wird auch im bayerischen
Landtag von einer breiten Mehrheit der Fraktionen unterstützt. Neben
den Regierungsfraktionen CSU und Freie Wähler kündigten in der
Sondersitzung des Parlaments am Dienstag in München auch Grüne, FDP
und SPD ihre Unterstützung an. Einzig die AfD lehnte einmal mehr die
Anti-Corona-Schutzmaßnahmen der Regierung kategorisch ab.

Zur Umsetzung der am Montag bereits vom Kabinett beschlossenen
Neuauflage der Infektionsschutzverordnung hätte auch nur die
Zustimmung von CSU und Freien Wählern gereicht. Von Mittwoch bis
mindestens zum 10. Januar gelten damit im gesamten Freistaat
verschärfte Ausgangsbeschränkungen, weite Teile des Handels und
Schulen sowie Kitas müssen schließen.

«Wir müssen die Notbremse ziehen», sagte Ministerpräsident Markus
Söder (CSU) in einer Regierungserklärung im Landtag in München. «We
nn
wir jetzt nicht konsequent runterfahren, sind die Schäden enorm groß,
und das wollen und werden wir nicht verantworten.» Der Regierungschef
fügte in seiner ungewöhnlich emotionalen Rede hinzu: «Hier stehen
wir, und wir können nicht anders. Wir müssen Bayern beschützen.»

Weiter: «Ich bin sehr besorgt, weil es einfach eine wirklich
tiefgreifende Herausforderung ist. Es geht an keinem von uns spurlos
vorbei, nur an ganz wenigen Ignoranten», sagte Söder. Nach seinen
Angaben wurde mit 126 Toten binnen 24 Stunden zuletzt die höchste
Zahl an Todesfällen gezählt, die es wegen Corona in Bayern je gegeben
habe. «Alle 17 Minuten stirbt in Bayern ein Mensch.» Söder warnte
erneut: «Corona gerät außer Kontrolle.» Er betonte: «Die Lage wir
d
von Tag zu Tag dramatischer, und zwar überall in Deutschland.»

Dies sei kein Alarmismus oder Panikmache, sagte Söder. Aber: «Corona
ist die Katastrophe unserer Zeit.» Er appelliere an alle, im Kampf
gegen Corona mitzuziehen. «Wer Corona immer noch im parteipolitischen
Klein-Klein behandelt, der macht sich mitverantwortlich dafür, dass
wir die Situation nicht entkräften und verbessern können.»

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze bezeichnete den Lockdown als
«unabwendbar», kritisierte aber einmal mehr das Krisenmanagement der
Staatsregierung. «Leider, Herr Söder, sind Sie oft schnell im
Verkünden und dann als Staatsregierung doch eher langsam im konkreten
Umsetzen.» Zugleich ignoriere die Regierung jeden noch so guten
Vorschlag im Kampf gegen die Krise, sobald er von der Opposition
komme. Auch im neunten Monat der Krise fehle eine langfristige
Strategie: «Dieses ständige Hin und Her, dieses schnelle mal Hüh, mal

Hott. Wir sind neun Monate in einer Pandemie.»

Deutliche Kritik kam von SPD-Fraktionschef Horst Arnold. Die
Maßnahmen seien in vielen Bereichen unverhältnismäßig. Es könne n
icht
sein, dass ein Jogger um 21.15 Uhr 500 Euro Bußgeld fürchten müsse,
ein Hundebesitzer aber Gassi gehen dürfe. «Es hat doch keinen Sinn,
von 21.00 bis 5.00 Uhr Bayern zu einem Quasi-Gefängnis zu verwandeln.
Glauben Sie denn tatsächlich, dass die Unvernünftigen dadurch
abgeschreckt werden?» Bayern falle es leider jetzt auf die Füße, dass

die Staatsregierung den Sommer trotz vieler Mahnungen der Opposition
nicht genutzt habe, um «Bayern winterfit zu machen».

Auch Alexander Muthmann (FDP) verwies auf die grundsätzliche
Notwendigkeit des Lockdowns, gleichwohl lehnte auch seine Fraktion
vor allem die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen als
unverhältnismäßig ab. Er forderte von der Regierung zudem, den Schutz

von Risikogruppen, insbesondere in Alten- und Pflegeheimen, stärker
in der Strategie zu berücksichtigen.

Die AfD blendete erneut alle Zahlen und Fakten zu Infektionen und
Todesfällen aus. Immer wieder stellte Fraktionschefin Katrin
Ebner-Steiner in ihrer Rede infrage, dass es die «sogenannte
Pandemie» überhaupt gebe. Zugleich mahnte sie, dass die Regierung die
älteren Menschen im Land nicht alleine lassen dürfe, etwa was die
Ausstattung mit FFP-2-Masken angehe. Der Lockdown sei ein
Ablenkungsmanöver, welchen die AfD ebenso ablehne wie die auf
Freiwilligkeit setzenden Impfungen.

Der Lockdown sieht unter anderem verschärfte Ausgangsbeschränkungen
und - wie es die Regierung nennt - auch eine nächtliche
Ausgangssperre vor. Einzig über Weihnachten sollen die strengen
Kontaktbeschränkungen kurzzeitig gelockert werden.

Ansonsten wird der Freistaat auch den Jahreswechsel in seltener
Stille erleben: Der Verkauf von Feuerwerk ist nämlich verboten, das
Böllern nur an bestimmten Orten erlaubt. Wer um Mitternacht das neue
Jahr mit Raketen begrüßen will, der kann das nur vom eigenen Garten
aus machen - denn ab 21.00 Uhr darf die Straße vor dem Haus nur aus
triftigen Gründen betreten werden - und ohne Alkohol.

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