Novemberhilfen im Januar - kommen höhere Abschlagszahlungen? Von Basil Wegener und Holger Göpel, dpa
Der Staat will Unternehmen und Selbstständigen mit großen Summen über
den Teil-Lockdown in der Corona-Krise hinweghelfen. Doch die Software
für eine reguläre Bearbeitung ist noch nicht am Laufen. Kommen nun
höhere Abschlagszahlungen?
Berlin (dpa) - Die staatlichen Hilfen an Unternehmen und
Selbstständige zur Überbrückung der Einbußen im Corona-Teil-Lockdow
n
fließen nicht vor Januar. Zehntausende Direkt- und Abschlagszahlungen
wurden bereits bewilligt. Das geht aus einer Antwort des
Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der FDP im Bundestag
hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte die
«Bild»-Zeitung darüber berichtet. In der Antwort heißt es, «dass
mit
der Antragsbearbeitung möglichst im Dezember begonnen werden kann und
Auszahlungen im Januar erfolgen können». Das sehe der Zeitplan vor,
der mit dem Dienstleister vereinbart worden sei, der mit der
Abwicklung beauftragt wurde. Anträge für die Novemberhilfen könnten
bis 31. Januar gestellt werden, bekräftigte das Ministerium.
Damit Unternehmen, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen die
Hilfe möglichst rasch erhalten könnten, würden Direktzahlungen bis
5000 Euro und Abschlagszahlungen bis 10 000 Euro gewährt. 87 Prozent
von 24 000 Direktanträgen und 73 Prozent von 44 000 über prüfende
Dritte gestellte Anträge seien über das beschleunigte Verfahren
bereits bewilligt worden.
Für das reguläre Fachverfahren werde von dem Dienstleister, der für
die Antragsplattform www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de
beauftragt worden sei, mit Hochdruck an der entsprechenden Software
gearbeitet. Die Bewilligungsstellen der Länder sollten diese
möglichst schnell zur Verfügung haben.
Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco
Buschmann, kritisierte es als «Offenbarungseid», dass noch kein
einziger Antrag auf Novemberhilfe regulär bearbeitet worden sei.
«Zudem bleibt völlig unklar, wann der Bund die dafür notwendige
Software liefern kann», sagte er der «Bild»-Zeitung. «Damit ist die
Verunsicherung der betroffenen Betriebe perfekt.» Die Linke nannte es
«unfassbar», dass die Bundesregierung den Sommer nicht genutzt habe,
um etwa Software für einen zweiten Lockdown und neue Hilfen an den
Start zu bringen. «Das ist keine Überbrückungshilfe, sondern eine
«Zu-Spät-Hilfe»», sagte Fraktions-Vize Fabio De Masi.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach von einer
«Bankrotterklärung der Bundesregierung». Es sei bestürzend, wie sic
h
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Olaf
Scholz (SPD) von Woche zu Woche hangelten, sagte sie den Zeitungen
der Funke-Mediengruppe. Wenn Betriebe zum Schutz vor dem Coronavirus
geschlossen werden müssten, «dann müssen auch automatisch Hilfen
greifen, zeitnah, unbürokratisch und mit Langfristperspektive».
Dass sich die Auszahlung bis ins neue Jahr hinein zieht, könnte der
Diskussion um höhere Abschlagszahlungen auf beantragte Hilfen neue
Nahrung geben. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) sagte dem
«Handelsblatt»: «10 000 Euro sind für größere
Unternehmen zu wenig. Wir brauchen einen höheren Einstieg bis
zu 100 000 Euro.» Die Wirtschaftsminister der Länder hatten
vergangene Woche sogar eine Erhöhung auf 500 000 Euro gefordert.
«Ohne eine sofortige deutliche Erhöhung der Abschlagszahlungen werden
Unternehmen mit höheren Ansprüchen auf Novemberhilfe in erhebliche
Liquiditätsschwierigkeiten geraten», hieß es in einem Beschluss der
Wirtschaftsministerkonferenz.
Bundeswirtschaftsminister Altmaier hatte zugesagt, eine höhere
Abschlagszahlung zu prüfen. Dem «Handelsblatt» zufolge sind dabei bis
zu 50 000 Euro im Gespräch. Die Sorge vor Missbrauch sei groß.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte als Ziel der November- und
Dezemberhilfen sowie der Überbrückungshilfen III, dass diejenigen
unterstützt werden, die durch die notwendigen Schließungen keine oder
kaum Einnahmen haben. Aber es gehe auch darum, die deutsche
Wirtschaft in einer guten Ausgangsposition zu halten, um schnell
wieder erfolgreich zu wachsen, wenn die Pandemie unter Kontrolle
sei, sagte sie in ihrem am Samstag veröffentlichten Videopodcast.
Bei den November- und Dezemberhilfen bekommen Unternehmen sowie
Selbstständige, die vom Teil-Lockdown betroffen sind, 75 Prozent des
entgangenen Umsatzes ersetzt. Bei den Überbrückungshilfen III ab
Januar werden vor allem fixe Betriebskosten erstattet, unter anderem
Mieten und Pachten. Kritiker hatten gefordert, die Hilfen zielgenauer
zu gestalten. «Statt Umsätze anteilig zu erstatten, sollten wir uns
stärker an den tatsächlich anfallenden Verlusten orientieren», sagte
etwa der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Es sei
grundsätzlich aber sinnvoll, die Hilfen weiterzuführen, sagte der
Ökonom der «Berliner Zeitung». Insbesondere Betriebe in den Bereichen
Gastronomie, Reise, Kultur und Sport hätten massive Einbußen.
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) betonte, das Kurzarbeitergeld werde
genauso bis zum Ende der Krise gelten wie die Überbrückungshilfe III.
«Bisher gehen wir davon aus, dass wir bis Juni Überbrückungshilfen
zahlen werden», sagte Braun der «Welt am Sonntag».
Bundesfinanzminister Scholz ermuntert derweil Unternehmen, für die
zweite Jahreshälfte 2021 wieder Veranstaltungen zu planen, und
verspricht einen Ersatz der Kosten, falls sie coronabedingt doch
abgesagt werden müssen. «Wer jetzt solche Veranstaltungen in der
zweiten Hälfte des Jahres 2021 plant, die dann wider Erwarten doch
abgesagt werden müssen, soll dafür Ersatz bekommen», sagte er dem
Berliner «Tagesspiegel». Er wolle Konzertveranstalter mit dieser
Maßnahme ermutigen, jetzt wieder loszulegen. Zudem arbeite er an
einem Förderprogramm, das Kulturveranstaltungen unterstützen solle,
die wegen der Corona-Restriktionen nur von einem beschränkten
Publikum besucht werden könnten und daher nicht wirtschaftlich seien.
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