Zwei Hamburger Notfallpraxen nur noch für Infekt-Patienten zuständig

Mit der kalten Jahreszeit erkranken in Hamburg mehr Menschen an den
Atemwegen. Nicht immer ist es Corona, aber die Kassenärzte wollen die
Infekt-Patienten lieber von anderen trennen. Damit reagieren sie auch
auf lange Warteschlangen - und den rauen Ton.

Hamburg (dpa/lno) - Angesichts des Ansturms von Patienten auf die
beiden Hamburger Notfallpraxen in Altona und Farmsen sollen dort nur
noch Menschen mit Verdacht auf Corona oder eine andere
Atemwegsinfektion behandelt werden. Alle übrigen Notfallpatienten
sollen sich an die Notfallpraxen im Universitätsklinikum Eppendorf,
im Asklepios-Klinikum Harburg oder im Krankenhaus Reinbek wenden, wie
der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg,
Werner Plassmann, am Dienstag sagte.

Mit Beginn der kalten Jahreszeit seien die Warteschlangen vor den
beiden Notfallpraxen in Altona und Farmsen immer länger geworden und
hätten mitunter bis auf den Bürgersteig gereicht. «Wegen der hohen
medialen Aufmerksamkeit auf die Corona-Infektionen geht ein wenig
unter, dass die Notfallpraxen auch weiterhin viele Patienten mit
anderen Erkrankungen behandeln», erklärte Plassmann. Es müsse
verhindert werden, dass infizierte und nicht infizierte Patienten
zusammenkämen.

Wer den Verdacht auf eine Corona-Erkrankung, aber keinen Hausarzt
habe, könne sich auch über den Arztruf 116117 einen Termin geben
lassen. Die Terminvereinbarung sei jetzt auch online über die
Internetseite www.116117.de und über die App 116117.app möglich,
erklärte Plassmann. Die Terminservicestelle könne Wünsche der
Patienten berücksichtigen. Bislang machten rund 70 Hamburger
Hausärzte bei dem Angebot mit und es gebe noch viele freie
Kapazitäten.

Nicht nur die langen Warteschlangen vor den Notfallpraxen
beeinträchtigen die Atmosphäre zwischen dem Personal und den
Patienten. «Der Ton ist rauer geworden», sagte Plassmann. Die
Anspruchshaltung der Menschen sei gewachsen und die Art und Weise,
wie das eingefordert werde, überschreite manchmal die Grenze des
Hinnehmbaren. «Es macht keinen Spaß», sagte Plassmann. Am
Corona-Testzentrum am Hauptbahnhof gehe es manchmal etwas handfester
zu, aber es gebe Sicherheitspersonal, das Konflikte schnell und
friedlich schlichte.

Im März seien die Patienten noch unglaublich freundlich und dankbar
gewesen, sagte der Vorsitzende der Vertreterversammlung der
Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, Dirk Heinrich. Jetzt sei es
wieder wie vorher und noch ein bisschen schlimmer. Das betreffe
allerdings nur ein Prozent der Patienten. «Aber die Ruppigkeit hat
wieder zugenommen», beklagte Heinrich. Manchmal müsse das
medizinische Personal darüber diskutieren, warum alle Patienten einen
Mund-Nase-Schutz tragen müssten.

Die Hygieneregeln hätten in Hamburg auch bei anderen ansteckenden
Krankheiten zu einem Rückgang geführt, sagte Heinrich. Es gebe in
diesem Jahr weniger Erkältungskrankheiten. Auch
Magen-Darm-Erkrankungen durch Noroviren in Pflegeheimen sind
wesentlich weniger registriert worden. Sozialsenatorin Melanie
Leonhard (SPD) erklärte am Dienstag, dass es in diesem Jahr bis Ende
November 457 Fälle von Noroviren in Hamburg gegeben habe. Im
Vorjahreszeitraum seien es 1349 gewesen. Bei der Influenza, der
echten Grippe, seien bis Ende November 3900 Fälle gezählt worden, im
Vorjahreszeitraum waren es 4775.

Die Senatorin wertete diese Zahlen als Beleg dafür, dass die
Hygieneregeln wirkten. «Es gibt nach all den Entbehrungen und
Einschränkungen auch positive Nebeneffekte, neben den vielen
negativen für unser gesellschaftliches Zusammenleben», sagte Leonhard

In den Hamburger Arztpraxen werden Patienten mit Erkältungssymptomen
in den meisten Fällen auf Corona getestet. Dabei werde stets ein
PCR-Test gemacht, weil nur dieser ein sicheres Ergebnis liefere,
erklärte Heinrich. Menschen ohne Symptome mit einem
Antigen-Schnelltest zu untersuchen, habe einen Nachteil: «Es
suggeriert eine falsche Sicherheit», sagte Heinrich. Schon eine
Stunde später könne ein Getesteter unter Umständen wieder Viren
übertragen.