Die Volksseele brodelt - Bayern verbietet Freizeitsport in der Halle Von Michael Donhauser, dpa
Die Infektionszahlen steigen, ein Gericht gibt einem Fitnessstudio
recht. Daraufhin steht das Gesundheitsministerium vor einem Dilemma
und entscheidet: Breitensport in der Halle ist ab sofort für alle
verboten. Die betroffenen Verbände toben.
München (dpa/lby) - Bayerns Staatsregierung hat ein Machtwort
gesprochen: Das Gesundheitsministerium hat sämtlichen Freizeitsport
in der Halle mit sofortiger Wirkung untersagt - auch den, den es vor
weniger als zehn Tagen selbst noch für ungefährlich hielt, wie etwa
Tennis oder Reiten. Wie kam es zu der Ad-Hoc-Entscheidung, die viele
Betroffene als «Nacht- und Nebelaktion» bezeichnen, und was bedeutet
sie? Die wichtigsten Fragen:
Was genau ist nun verboten, was am Donnerstag noch erlaubt war?
Tennis- , Tischtennis- und Badmintonspieler durften noch bis
Donnerstag in der Halle spielen, jedoch ausschließlich Einzel und
kein Doppel. Tänzer durften noch mit festen Partnern ihrem Sport
nachgehen, sofern die Abstandsregeln zu anderen Paaren eingehalten
wurden. Reiter durften in der Halle trainieren, auch Reitunterricht
war als Einzelunterricht oder für Personen eines Haushalts möglich.
Kletterhallen durften unter Auflagen öffnen - wenngleich die meisten
der Empfehlung des Deutschen Alpenvereins gefolgt waren und ihre
Anlagen geschlossen hielten - all dies ist nun bis mindestens 30.
November verboten.
Was ist überhaupt noch erlaubt?
Professioneller Sport ist unter Auflagen und mit entsprechenden
Hygienekonzepten möglich, Schulsport ebenfalls. Individualsport im
Freien, wie zum Beispiel Joggen, Golf oder auch Tennis ist auch
erlaubt. Darüber hinaus genehmigt die neue Verordnung Reha-Sport,
auch in der Gruppe, sofern dieser medizinisch indiziert ist.
Pferdesportler dürfen ihre Pferde in der Halle bewegen, sofern sich
Reiter und Tier alleine unter dem Dach befinden - dies soll aber am
Tierwohl, nicht am sportlichen Interesse orientiert sein.
Warum fühlte sich das Gesundheitsministerium überhaupt zu einer
Entscheidung bemüßigt?
Der Betreiber eines Fitness-Studios hatte mit Blick auf den
Teil-Lockdown auf Gleichbehandlung geklagt. Tennishallen, Reithallen,
Badminton-Courts konnten nach dem 2. November unter bestimmten
Auflagen und mit deutlichen Einschränkungen noch benutzt werden -
Fitnessstudios nicht. Der Kläger bekam vom Bayerischen
Verwaltungsgerichtshof Recht. Daraufhin entschied die Regierung, wie
Eltern manchmal bei sich streitenden Kindern entscheiden: Dann öffnet
eben gar keiner mehr!
Was sagen dazu Betreiber und Sportverbände?
Sie schäumen vor Wut. «Die Kurzfristigkeit der Maßnahme ist nicht
nachvollziehbar und sorgt zu Recht für enormen Unmut an der Basis»,
hieß es am Freitag in einem Schreiben vom Präsidenten des bayerischen
Tennisverbandes (BTV), Helmut Schmidbauer. «Es handelt sich in
unseren Augen um eine undifferenzierte Maßnahme aufgrund eines
ungewünschten Gerichtsurteils», kritisierte er.
«Wir haben für diese überhastete Maßnahme kein Verständnis - die
Volksseele unserer Sportlerinnen und Sportler, Sportvereine und
Sportfachverbände brodelt», erklärte der Präsident des Bayerischen
Landessportverbandes (BLSV), Jörg Ammon. Günther Grasse, Betreiber
eines Gesundheits- und Fitnesstudios in München, schrieb empört an
den Landtag: «Mit der gestrigen Entscheidung hat sich die
Staatsregierung (...) als beleidigter Verlierer entpuppt.»
Wurden die Verbände und Betreiber vorab konsultiert?
Offenbar nein. Das Vorgehen des Ministeriums kam für die Betroffenen
nach Angaben der Verbände aus heiterem Himmel, einige erfuhren etwa
aus den Radionachrichten am Freitagmorgen, dass sie ihre Anlagen
nicht mehr öffnen dürfen.
Wie rechtfertigt das Ministerium seinen Schritt?
Der Verwaltungsgerichtshof habe mit seiner Entscheidung vom
Donnerstag eine Vergleichbarkeit zwischen Fitnessstudios und anderen
Hallensportarten hergestellt, sagte Sprecher Marcus da Gloria
Martins. Das Ministerium habe vor der Frage gestanden, Fitnessstudios
zu öffnen, oder auch alle anderen zu schließen. Vor dem Hintergrund
stark steigender Corona-Infektionszahlen sei die Entscheidung in
Richtung Schließung gefallen. «Wir müssen schauen, dass wir in den
nächsten zwei Wochen irgendwie die Zahlen herunterbekommen», sagte da
Gloria Martins. «Lockern für die Fitnesstudios - das wäre der falsche
Weg.»
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