Zu wenige Mitarbeiter in Gesundheitsämtern - Bundeswehr soll helfen

Seit Corona herrscht in den Gesundheitsämtern Ausnahmezustand. Sie
stellen den Kontakt zu Betroffenen her und tragen einen wichtigen
Teil zur Eindämmung der Pandemie bei. Deshalb sollen sie gestärkt
werden. Der Regierungschef will die Bundeswehr zur Unterstützung.

Dresden (dpa/sn) - Weitgehend ohne zusätzliche Mitarbeiter müssen die
kommunalen Gesundheitsämter bisher die Corona-Pandemie meistern. Wie
eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei mehreren Ämtern ergab,
haben diese bisher kaum neue Mitarbeiter rekrutieren können. Es sei
unter anderem schon wegen des Ärztemangels schwierig, geeignete
Fachkräfte zu gewinnen, hieß es.

Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) will die Ämter stärken.
Jetzt sei der richtige Zeitpunkt zu sehen, wie der Gesundheitsdienst
besser gerüstet werden könne, sagte sie in Dresden. Sie wisse, dass
dessen Mitarbeiter während der Corona-Pandemie oft an ihre
Belastungsgrenzen gegangen seien. «Das öffentliche Gesundheitssystem
ist über die Maßen strapaziert worden.»

Die kommunalen Gesundheitsämter sollen bei der Kontaktermittlung
durch zusätzliches Personal der Länder und des Bundes unterstützt
werden, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer am
Sonntag der dpa. «Die Bundeswehr ist ein geschätzter Partner. Um
Infektionsketten zu unterbrechen ist diese Arbeit nicht nur
unerlässlich, sie ist entscheidend», erläuterte der CDU-Politiker.

Zudem soll im Freistaat die Einhaltung der Hygieneregeln künftig
stärker kontrolliert werden. Die Anzahl der Kontaktpersonen einer
infizierten Person müssten sich reduzieren, betonte Kretschmer.
«Deshalb werden die Hygieneregeln stärker kontrolliert, die
Länderpolizeien unterstützen die kommunalen Gesundheitsämter dabei»
.

Es gebe in der jetzigen Situation mit steigenden Infektionszahlen
keinen Grund zu Hysterie, aber durchaus zum Handeln, sagte der
Ministerpräsident. «Veranstaltungen sollen weiter möglich sein, die
Gastronomie arbeiten, Schulen und Kitas geöffnet sein und die
Unternehmen arbeiten.» Dafür müsste die Gesellschaft aber das «Wiss
en
um die Übertragungswege des Coronavirus konsequent anwenden.»

Am Sonntag bekräftigte Verteidigungsministerin Annegret
Kramp-Karrenbauer das Hilfsangebot der Bundeswehr für die
Gesundheitsämter. «Die Zahl der Amtshilfeanträge an die Bundeswehr
nimmt gerade spürbar zu. Wir können helfen», erklärte die
CDU-Politikerin am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. «So, wie es
der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer fordert, sollten
jetzt alle Kräfte genutzt werden, um einen Lockdown zu vermeiden. Die
Bundeswehr steht bereit, um in dieser kritischen Situation die
Kommunen und Länder zu unterstützen!»

Derzeit sind rund 1550 Soldatinnen und Soldaten im Rahmen
der Amtshilfe gegen die Corona-Pandemie im Einsatz, wie ein Sprecher
des Verteidigungsministeriums mitteilte. Gut 1100
Bundeswehr-Angehörige unterstützen demnach 98 Gesundheitsämter bei
der Nachverfolgung von Infektionsketten. 290 Soldatinnen und Soldaten
sind im Zusammenhang mit Corona-Tests bei Reiserückkehrern im
Einsatz.

Noch ist laut Sächsischem Gesundheitsministerium unklar, was etwa die
Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bewirken
werde, die Länder bis Ende 2022 mit mindestens 5000 unbefristeten
Vollzeitstellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst zu unterstützen -
davon mindestens 1500 bis Ende kommenden Jahres. Es gebe dazu noch
keine Verwaltungsvereinbarung, hieß es. Bei der ebenfalls von Spahn
zugesagten Unterstützung für digitale Lösungen etwa bei den
Meldesystemen der bundesweit 375 Gesundheitsämter entfielen auf
Sachsen rund 2,5 Millionen Euro.

In Dresden wird das Gesundheitsamt seit Oktober durch einen
«Containment Scout» unterstützt, um Kontaktpersonen von
Corona-Erkrankten schneller ermitteln zu können. Zudem helfen
Mitarbeiter anderer Ämter aus und übernehmen unter anderem Dienste an
der Telefon-Hotline. Diese befristete Unterstützung solle weiter
ausgebaut werden, hieß es bei der Stadtverwaltung. Neue feste Stellen
seien bisher nicht geschaffen worden. Das werde erst mit den 
angekündigten Bundesmitteln ins Auge gefasst.

Vor allem im fachärztlichen Bereich, aber auch für die
Hygieneüberwachung seien Fachkräfte schwer zu finden, hieß es. Das
sei nicht erst seit der Corona-Pandemie so. Deshalb versuche das
Gesundheitsamt mit Weiterbildungsvereinbarungen Mitarbeiter zu
ermuntern, sich zu qualifizieren.

Die Mitarbeiter des Chemnitzer Gesundheitsamtes befinden sich wieder
im «Corona-Modus», wie Amtsleiter Harald Uerlings sagte. Die
Infektionszahlen gingen in der Stadt seit etwa zwei Monaten wieder
nach oben. Die Sieben-Tage-Inzidenz neu aufgetretener Erkrankungen
pro 100 000 Einwohner hat die 35 am Freitagabend überschritten.

Bei Ausbruch der Pandemie im Frühjahr war für die etwa 70 Mitarbeiter
Schichtbetrieb eingeführt worden. Laut Uerlings war das Amt selbst
samstags und sonntags täglich für elf Stunden besetzt. An manchen
Tagen seien bis zu 4000 Anrufe eingegangen. Mitarbeiter aus anderen
Verwaltungsbereichen wurden abgestellt, um zu helfen und den
Telefondienst zu übernehmen. Nachdem sich im Sommer die Arbeit
zunächst normalisiert hatte, werden jetzt mit abermals anschwellenden
Infektionszahlen neue Einsatzpläne aufgestellt, die Arbeitszeiten
würden wieder länger. Dieses Mal sollen auch Bundeswehrsoldaten
einspringen.

An Neueinstellungen ist laut Uerlings zunächst nicht gedacht. Ein
neuer Mitarbeiter sei in den vergangenen Monaten hinzugekommen. Es
sei schwierig Fachpersonal zu bekommen, sagte Uerlings.

Im Vogtlandkreis wurden laut Pressesprecher Uwe Heinl zusätzliche,
befristete Stellen vor allem für die Telefon-Hotline und die
Kontaktnachverfolgung eingerichtet, mit Technik ausgestattet und mit
externen Bewerbern besetzt. Es habe auch interne Umsetzungen gegeben.
Für diese Stellen werde keine medizinische Ausbildung gebraucht.
«Andernfalls wäre es schwierig geworden, da diesbezüglich
ausgebildetes Personal auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung
steht», sagt er.