Flickenteppich bei Sperrstunden in Niedersachsen

Die Corona-Zahlen steigen täglich - das Gebot der Stunde lautet:
Kontaktpersonen reduzieren. Sperrstunden könnten helfen, sind erlaubt
und auch erwünscht. Bislang setzen sie aber nur drei Landkreise in
Niedersachsen um.

Hannover (dpa/lni) - Trotz hoher Infektionszahlen gibt es derzeit nur
drei Landkreise in Niedersachsen, die auf eine Sperrstunde setzen.
Neben den beiden Kreisen des Oldenburger Münsterlandes, Vechta und
Cloppenburg, hat auch die Grafschaft Bentheim diese Maßnahme genutzt,
um die Zahlen einzudämmen. Andere Landkreise und die Stadt
Delmenhorst - allesamt Regionen mit Werten von mehr als 50
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen -
haben bislang keine solche Maßnahme beschlossen.

Am längsten gibt es die Sperrstunde bereits im Landkreis Cloppenburg,
wo sie schon in der vergangenen Woche verfügt wurde. Dort müssen die
Gaststätten und Kneipen ab 23.30 Uhr schließen - möglicherweise werde

das noch auf 23.00 Uhr verlegt, sagte ein Sprecher. Beim
Corona-Gipfel im Berliner Kanzleramt hatten sich die Teilnehmer auf
die bundesweite Regel verständigt, in Hotspots ab 23.00 Uhr eine
Sperrstunde zu verhängen.

Im Nachbarlandkreis Vechta wurde ab Samstag eine Sperrstunde
eingeführt. In der Grafschaft Bentheim gilt die Sperrstunde seit
Donnerstag. Kneipen, Restaurants und Cafés müssen von 23.00 Uhr bis
6.00 Uhr des Folgetags geschlossen sein.

Der Grund ist das diffuse Ausbruchsgeschehen in den betroffenen
Landkreisen. Corona-Neuinfektionen lassen sich nicht mehr überwiegend
einer bestimmten Einrichtung oder Betrieb zuordnen, sondern es gibt
viele Ausbruchsherde. Und nicht nur private Zusammenkünfte sind Orte,
an denen sich das Coronavirus weiter verbreitet, auch auf der Arbeit
stecken sich die Menschen zunehmend an, hieß es aus den Kreishäusern
in Vechta und Cloppenburg.

In den Nachbarlandkreisen Emsland und Osnabrück sowie im Kreis
Northeim und der Stadt Delmenhorst ist hingegen noch nicht an die
Anordnung von Sperrstunden gedacht. Die Kommunalbehörden warten aufs
Land. «Die Einführung einer Sperrstunde hängt von der Verordnung des

Landes ab. Diese liegt noch nicht vor», hieß es dazu aus der
Pressestelle der Stadt Delmenhorst.

Auch der Landkreis Emsland verweist aufs Land. Das Land Niedersachsen
werde die Beschlüsse von Kanzlerin und den Ministerpräsidenten in
eine Verordnung umsetzen. «Solange dies nicht der Fall ist, ist es
nicht sinnvoll, dass der Landkreis Emsland über die bereits
bestehenden Regelungen kurzfristig weitere Maßnahmen verfügt»,
erklärte dazu eine Sprecherin des Landrats in Meppen.

Der Landkreis Osnabrück verweist ebenfalls auf die Landesregierung in
Hannover. Dass die Nachbarn in Vechta, Cloppenburg und der Grafschaft
Bentheim bereits die Sperrstunde haben, sei für die Osnabrücker kein
Argument, erklärt Kreissprecher Burkhard Riepenhoff. «Dort ist auch
das Ausbruchsgeschehen ein anderes, bei uns konzentriert es sich auf
einen Hotspot.»

Die Sorge ist wohl, dass gegen eine Sperrstunde geklagt werden
könnte, wenn sich Gastronomen ungerechtfertigter Weise benachteiligt
fühlen. So geschah es in Berlin, am Freitag kassierte das dortige
Verwaltungsgericht die Sperrstunde. Anordnungen von Behörden, die
dann von Gerichten wieder aufgehoben werden, würden dem Vertrauen in
die Behörden eher schaden, fürchtet Riepenhoff.

Seitens des Landes ist den Städten und Landkreisen die Einrichtung
von Sperrstunden allerdings schon längst erlaubt. Sie haben einen
Handlungsspielraum, abhängig vom konkreten Infektionsgeschehen in
ihrer Region, heißt es dazu aus der Landesregierung. Ob es
kurzfristig eine neue Corona-Verordnung gibt, will das Land Anfang
der Woche beraten.

Auch in der Hansestadt Bremen gibt es seit vergangener Woche eine
Sperrstunde. Geklagt hat laut örtlichem Verwaltungsgericht noch
niemand dagegen.