Mehr Maske, wenig Kontakte: Neue Corona-Einschränkungen greifen

Weniger Freunde treffen, früher Kehraus aus der Kneipe und Maske
tragen an etlichen Orten - Corona schnürt Bewegungsspielräume und
Vergnügungen immer mehr ein. In NRW gelten neue Beschränkungen. Der
Gesundheitsminister sieht die medizinische Versorgung aber gesichert.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Mit verschärften Schutzmaßnahmen rüstet sich

Nordrhein-Westfalen seit dem Wochenende gegen die wachsenden
Infektionsgefahren in der Corona-Pandemie. Seit Samstag gelten
landesweit in allen Gebieten mit erhöhten Infektionszahlen eine
Sperrstunde in der Gastronomie und ein Alkoholverkaufsverbot zwischen
23.00 und 6.00 Uhr.

Außerdem müssen die Bürger nun öfter einen Mund-Nasen-Schutz tragen

als bisher. Die neue Coronaschutzverordnung schreibt das für alle
Orte fest, wo eine regelmäßige Unterschreitung des Mindestabstands zu
erwarten ist, also etwa in Fußgängerzonen und auf Märkten - nicht
mehr nur, wie bislang, an einzelnen Marktständen.

Wo jetzt konkret überall Maske getragen werden muss, haben die
einzelnen Kommunen im Internet veröffentlicht. Schon am frühen Morgen
waren etwa auf der Düsseldorfer Königsallee viele Menschen mit Maske
auf dem noch weitgehend leeren Prachtboulevard unterwegs.

In NRW dürfen sich maximal zehn Personen unterschiedlicher Haushalte
im öffentlichen Raum treffen - unabhängig von der Infektionslage. Bei
50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen
dürfen es nur noch fünf sein. Das ist strenger als in der jüngsten
Bund-Länder-Konferenz verabredet.

Die Grenzwerte gelten nicht für Gruppen, die innerhalb desselben
Haushalts leben - Familien oder Wohngemeinschaften etwa. Außerdem
dürfen sich grundsätzlich Personen aus zwei häuslichen Gemeinschaften

treffen - auch über fünf beziehungsweise zehn Personen hinaus.

Aus Sicht von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) haben
die Behörden die Lage noch im Griff. Bundes- und landesweit gebe es
noch sehr viele Kapazitäten im Gesundheitssystem, sagte er im
Deutschlandfunk. «Wir haben derzeit in unseren Krankenhäusern in
erheblichem Umfang Kapazitäten frei.» Obwohl mit dem Anstieg der
Infektionszahlen auch die intensivmedizinische Versorgung etwas
gestiegen sei, sei das Ausmaß «nicht dramatisch».

Bundesweit meldeten die Gesundheitsämter laut RKI-Statistik mit
7830 neuen Corona-Infektionen innerhalb eines Tages mehr als je zuvor
seit Beginn der Pandemie. Der Virologe und stellvertretende
Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, sagte der
«Rheinischen Post» (Samstag): «Bei täglich 10 000 Fällen ist
spätestens in zwei Monaten der Punkt erreicht, bei dem zu wenige
Intensivbetten für die Corona-Patienten bereitstehen».

Nach Angaben von Laumann sind in NRW schon rund 70 000 Menschen wegen
Corona in Quarantäne. Trotz Personallücken in den Gesundheitsämtern
seien die nötigen Tests und Nachverfolgungen der Infektionsketten
grundsätzlich aber gewährleistet, versicherte er. NRW teste rund 350
000 Menschen pro Woche auf eine Infizierung mit dem Coronavirus -
möglich seien derzeit sogar 400 000 pro Woche.

Gegenüber dem Vortag stieg die Zahl der Neuinfektionen in NRW nach
Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Samstagmorgen um 1889 auf
88 204. Der bisherige Höchstwert an Neuinfektionen war in NRW am
Freitag mit plus 2154 registriert worden. An den Wochenenden sind die
amtlich gemeldeten Zahlen auf Grund der Personalkapazitäten in den
Laboren und Gesundheitsbehörden meist niedriger.

In der RKI-Grafik mit täglich zunehmenden roten Warnfeldern gibt es
inzwischen sogar einen dunkelroten «Hotspot»: Herne lag am Samstag
bei der sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz mit 115,7 an der Spitze in
NRW. Auch Wuppertal kratzte mit 98,2 bereits an der 100er-Schwelle.

Auch der Kreis Warendorf gehört inzwischen zur wachsenden Gruppe mit
hoher Coronagefährdungsstufe. Mit 52,5 sprang dort die Quote der
Neuinfektionen nach Angaben des RKI vom Samstagmorgen über die als
derzeit höchste Corona-Warnstufe geltende Marke von 50 gerechnet auf
100 000 Einwohner und sieben Tage.

Eine Abriegelung von Risikogebieten schloss Innenminister Herbert
Reul (CDU) aus. «Sie können Städte in Nordrhein-Westfalen nicht
einfach dicht machen», sagte er der «Rheinschen Post». «Eine solch

immense Einschränkung der Freizügigkeit ist für mich nicht
verhältnismäßig und würde sicher von den Gerichten kassiert werden.
»

Kölner Gastwirte klagen bereits gegen die in der Domstadt schon zuvor
verhängte Sperrstunde von 1.00 Uhr bis 6.00 Uhr und den in dieser
Zeit untersagten Verkauf von alkoholischen Getränken. Das Berliner
Verwaltungsgericht hatte die Sperrstunde in der Bundeshauptstadt am
Freitag gekippt.

Er gehe davon aus, dass die nordrhein-westfälische Verordnung
rechtssicher sei, sagte Laumann. «Es ist nicht die Lösung, sondern es
ist ein Teil der Lösung, um Kontakte zu reduzieren», erklärte er. Im

Winterhalbjahr drohten durch größere Enge in geschlossenen Räumen
erhöhte Ansteckungsgefahren.

Die NRW-SPD verschiebt wegen Corona zum zweiten Mal ihren
Landesparteitag mit der Entscheidung über ihre Führungsmannschaft.