Mit Minijobbern und Bundeswehr - aufwendige Corona-Kontaktsuche

Bei der Bekämpfung einer weltweiten Infektionswelle sind in
Deutschland die kommunalen Gesundheitsämter die Schlüsselstellen.
Ihre wichtigste Aufgabe: so schnell wie möglich Kontaktpersonen
Infizierter ausfindig machen, um Infektionsketten zu unterbrechen.

Jena/Erfurt (dpa/th) - Den Gesundheitsämtern in Thüringen ist es nach
Einschätzung des Gesundheitsministeriums in der Corona-Pandemie
bisher weitgehend gelungen, enge Kontaktpersonen von Infizierten zu
ermitteln. Dabei gebe es Personalengpässe in den Ämtern. Die
Nachverfolgungsquote der Ämter liege zwischen 90 und 100 Prozent,
teilte das Ministerium der Deutschen Presse-Agentur mit. Es bezog
sich auf eine landesweite Abfrage unter den 22 Ämtern. Seit Beginn
der Pandemie haben die Ämter viele Tausende Kontaktpersonen von
Infizierten festgestellt und in Quarantäne geschickt. Die
Nachverfolgung von Kontakten ist eines der wichtigsten Mittel, um
Infektionsketten zu unterbrechen.

Mit der steigenden Infektionszahl nimmt die Belastung der
Gesundheitsämter derzeit wieder zu. Ministerpräsident Bodo Ramelow
(Linke) hatte deshalb angekündigt, dass Thüringen eine
Personalreserve für die Gesundheitsämter prüfen will. Zudem hatten
sich Bund und Länder kürzlich auf die Schaffung von mindestens 5000
neuen und unbefristeten Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst
(ÖGD), darunter 1500 Ärzte, bis Ende 2022 verständigt.

Auf millionenschwere Fördermittel vor allem für die Digitalisierung,
auf die sich Bund und Länder ebenfalls vor einigen Monaten geeignet
hatten, müssen die Gesundheitsämter aber noch warten - wohl auch,
weil Thüringen hinterherhinkt. Der Freistaat gehört zu den vier
Bundesländern, die eine entsprechende Vereinbarung noch nicht
unterzeichnet haben, wie aus der Antwort des
Bundesgesundheitsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage
hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

In der Pandemie sei in den meisten Landkreisen und kreisfreien
Städten Verstärkung aus anderen Bereichen der kommunalen Verwaltungen
gekommen, hieß es aus dem Thüringer Gesundheitsministerium. Der
Landkreis Schmalkalden-Meiningen etwa stellte eigens sechs Minijobber
zur Unterstützung ein, wie ein Sprecher der Kreisverwaltung sagte.
Laut Ministerium sind auch Medizin-Studenten im Einsatz. Unter
anderem im Weimarer Land und im Landkreis Greiz, beides zeitweilig
regionale Pandemie-Schwerpunkte, halfen zudem Bundeswehrangehörige.

Vielen Ämtern fehlt es seit Jahren an Personal, vor allem an
Amtsärzten. Aus Sicht der Landesärztekammer hat die Pandemie dies
noch einmal deutlich gemacht. Kammerpräsidentin Ellen Lundershausen
befürwortet deshalb die Pläne von Bund und Ländern zur Aufstockung
von Arztstellen. «Die Frage ist nur, wo sollen die neuen Ärztestellen
herkommen?» Viele freie Arztstellen in den Behörden blieben mangels
Bewerbern bereits jetzt unbesetzt. Eine Möglichkeit, die Lücken zu
schließen, ist aus ihrer Sicht die Qualifikation von Quereinsteigern
unter Medizinern für den ÖGD.

Die Kammer plant eine zusätzliche ÖGD-Facharztausbildung für bereits

im Beruf stehende Mediziner. Einen Grundsatzbeschluss dazu habe die
Kammerversammlung - das Parlament der Thüringer Ärzte - bereits
gefasst, sagte Lundershausen. Inhaltliche Details müssten noch
abgestimmt werden. Bei der Finanzierung erhofft sich die Kammer auch
von den Kommunen Unterstützung. Sie könne sich vorstellen, dass die
Kommunen Ärzte bereits während der Weiterbildung einstellten, sagte
Lundershausen. In Thüringen verfügen nach Kammerangaben derzeit 16
Mediziner über die ÖGD-Facharztausbildung.

Als Hauptgrund für den Ärztemangel im ÖGD gelten allerdings die
schlechteren Verdienstmöglichkeiten in den Behörden, wo Mediziner
nach Angaben von Ärzteverbänden monatlich bis zu um die 1000 Euro
weniger verdienen als in Krankenhäusern oder Reha-Kliniken. Um
Amtsärzte zu bekommen oder in den Kommunen zu halten, zahlt Thüringen
seit 2016 Gehaltszuschüsse. Diese sollen die Differenz verringern.
Kommunen und Land übernehmen jeweils die Hälfte dieser übertariflich

gezahlten Zulagen.

Laut Ministerium waren Ende 2018 in den Thüringer Gesundheitsämtern
knapp 600 Beschäftigte tätig, darunter 92 Ärzte. Aktuellere Zahlen
liegen nicht vor.