Elsässer fürchten Grenzschließung und hamstern - Regierung beruhigt

Corona-Risikogebiet heißt nicht gleich Grenzschließung. Kretschmann
und Kollegen beruhigen. Elsässer decken sich dennoch in Baden ein.
Und im Südwesten ist ein Artikel wieder gefragt: Toilettenpapier.

Kehl/Stuttgart (dpa/lsw) - Die Einstufung der französischen
Grenzregion als Corona-Risikogebiet alarmiert die Elsässer. Die Angst
vor Grenzschließungen hat in der badischen Kleinstadt Kehl zu einem
Ansturm von Einkäufern aus dem Elsass geführt. Doch die
Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem
Saarland beruhigen: Die drei Länder haben laut Mitteilung des
baden-württembergischen Staatsministeriums beschlossen, dass die
sogenannte 24-Stunden-Regelung entlang der jeweiligen Grenzen zu den
Nachbarländern gelten soll.

Diese Regelung erlaube es den Bürgern, sich diesseits und jenseits
der Grenzen unbeschränkt innerhalb von 24 Stunden im Grenzgebiet zu
bewegen und ihrem Alltag ohne Behinderungen nachzugehen. Die Regelung
gilt nach Angaben des Stuttgarter Sozialministeriums auch für die
Schweiz und Österreich.

An keiner der Außengrenzen zu Frankreich, Luxemburg und Belgien könne
das tägliche Leben, Arbeiten und Studieren durch einen kompletten
Lockdown lahmgelegt werden, betonten Ministerpräsidentin Malu Dreyer
(SPD, Rheinland-Pfalz), Ministerpräsident Tobias Hans (CDU, Saarland)
und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne, Baden-Württemberg)

am Freitag. Als es im März zu Grenzschließungen kam, habe es noch
keine Testungen und Nachverfolgungen von Infektionsketten gegeben.
Man setze auf eine grenzüberschreitende Pandemiebekämpfung.

Französische Politiker und der Kehler Oberbürgermeister Toni Vetrano
(CDU) hatten zuvor vor erneutem Chaos gewarnt. Neue Grenzschließungen
und eine Rückkehr zu einer ähnlichen Situation wie im Frühjahr
müssten vermieden werden, sagte der französische Vorsitzende der
deutsch-französischen Parlamentarier-Versammlung, Christophe Arend.

Gerüchte über Grenzschließungen hatten am Donnerstag nach Angaben der

Stadt Kehl dort für einen «Ausnahmezustand» gesorgt. Es habe
meterlange Schlangen vor den Läden und Tabakgeschäften gegeben,
unzählige Autos an Tankstellen und bis zu 100 Menschen gleichzeitig
in den lokalen Drogeriemärkten. «Es war so viel los, wie sonst nur an
einem französischen Feiertag», berichtete eine Sprecherin. Trotz
Nieselregens habe sich ein Meer von Menschen durch die Stadt bewegt.
Auch am Freitag seien vor allem Drogeriemärkte noch gut besucht
gewesen. Viele Produkte sind diesseits des Rheins günstiger als in
Frankreich.

Auslöser für die Hamsterkäufe seien Medienberichte gewesen, wonach
das Robert Koch-Institut (RKI) die Region Grand Est aufgrund der
Entwicklung der Corona-Lage zum Risikogebiet erklärt. Die
Bundesregierung hat inzwischen von Samstag an fast ganz Frankreich -
darunter das an Baden-Württemberg grenzende Elsass - als
Corona-Risikogebiet eingestuft.

Eine «erhöhte Nachfrage» nach Toilettenpapier und
Desinfektionsmitteln verzeichnet etwa die Drogeriemarkt-Kette dm in
Kehl. Eine Sprecherin betonte aber: «Die Produkte sind verfügbar, auf
eine erhöhte Nachfrage sind wir eingestellt.»

Angesichts steigender Corona-Zahlen sorgen offenbar auch schon manche
Baden-Württemberger vor: So sei seit Samstag mehr Toilettenpapier
gekauft worden, berichtete Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des
Handelsverbandes Baden-Württemberg. Sie betonte zugleich: «Es gibt
gar keinen Grund, zusätzliche Vorräte anzulegen. Die Warenversorgung
ist stabil.» Die Lieferketten arbeiteten problemlos. «Man hat aus der
Vergangenheit gelernt.» In den Lagern gebe es «ganz viel
Toilettenpapier», das müsse man nur ordern. «Wenn jeder nur kauft,
was er braucht, gibt es nirgends Engpässe», unterstrich sie.