Angst vor Grenzschließung: Elsässer stürmen Läden in Kehl

Hamsterkäufe und Schlangen vor Läden in Kehl: Elsässer sind auf
Einkaufstour in Baden. Doch auch sonst im Land ist plötzlich ein
Artikel wieder gefragt: Toilettenpapier.

Kehl (dpa/lsw) - Die Angst vor Grenzschließungen hat in der badischen
Kleinstadt Kehl zu einem Ansturm von Einkäufern aus dem Elsass
geführt. Wie eine Rathaussprecherin am Freitag mitteilte, gab es am
Donnerstag deshalb in der Stadt nahe dem französischen Straßburg
einen «Ausnahmezustand». Es habe meterlange Schlangen vor den Läden
und Tabakgeschäften gegeben, unzählige Autos an Tankstellen und bis
zu 100 Menschen gleichzeitig in den lokalen Drogeriemärkten. «Es war
so viel los, wie sonst nur an einem französischen Feiertag»,
berichtete sie. Trotz Nieselregens habe sich ein Meer von Menschen
durch die Stadt bewegt. Auch am Freitag seien vor allem
Drogeriemärkte noch gut besucht gewesen.

Auslöser seien Medien-Berichte gewesen, wonach das
Robert-Koch-Institut (RKI) die Region Grand Est aufgrund der
Entwicklung der Corona-Lage zum Risikogebiet erklärt. Die
Bundesregierung hat inzwischen von Samstag an fast ganz Frankreich -
darunter auch die Region Grand Est, zu dem das an Baden-Württemberg
grenzende Elsass gehört - als Corona-Risikogebiete eingestuft.

Doch auch hierzulande sorgen offenbar schon manche vor: So sei seit
Samstag mehr Toilettenpapier gekauft worden, berichtete Sabine
Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes
Baden-Württemberg. Sie betonte zugleich: «Es gibt gar keinen Grund,
zusätzliche Vorräte anzulegen. Die Warenversorgung ist stabil.» Die
Lieferketten arbeiteten problemlos. «Man hat aus der Vergangenheit
gelernt.» In den Lagern gebe es «ganz viel Toilettenpapier», das
müsse man nur ordern. «Wenn jeder nur kauft, was er braucht, gibt es
nirgends Engpässe», unterstrich sie.

Der Kehler Oberbürgermeister Toni Vetrano (CDU) warnte indessen im
Radioprogramm SWR Aktuell vor einer Grenzschließung: «Wir dürfen
diesen Fehler nicht wieder machen. Wenn die Grenzschließung im
Frühjahr eines gezeigt hat, dann, dass unser gemeinsamer,
rheinübergreifender Lebensraum nur als Einheit funktioniert.»
Momentan dürften Grenzpendler aus Frankreich nach wie vor nach Kehl
herüberfahren. «Die Tram wird weiterfahren. Familien dürfen
zusammenkommen. Paare dürfen sich sehen», versprach er.

Französische Politiker hatten zuvor schon vor erneutem Chaos gewarnt.
Neue Grenzschließungen und eine Rückkehr zu einer ähnlichen Situation

wie im Frühjahr müssten vermieden werden, sagte der französische
Vorsitzende der deutsch-französischen Parlamentarier-Versammlung,
Christophe Arend. Er forderte Sonderregelungen für Pendler in der
Grenzregion.