Ärztekammer-Präsident sieht viele Menschen grundlos in Quarantäne

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Eine Maskenpflicht im Freien ist nach
Einschätzung der Landesärztekammer Hessen keine sinnvolle Maßnahme
gegen die Ausbreitung des Coronavirus. Gleiches gelte für ein
Beherbergungsverbot, sagte Kammerpräsident Edgar Pinkowski der
«Frankfurter Rundschau» (Freitag). Derzeit fänden zudem sehr viele
anlasslose Tests statt, so dass mehr potenziell Infizierte gefunden
würden. Es sei aber unklar, ob sie wirklich infektiös seien oder
falsch positiv getestet würden. «Viele Leute werden in Quarantäne
geschickt, obwohl nichts passiert, wenn sie Mund-Nasen-Schutz tragen
und Abstand halten», sagte Pinkowski.

Pinkowski warnte vor Panikmache. Einen Überblick über das
tatsächliche Infektionsgeschehen gebe es nur, wenn die Zahl der
positiv Getesteten ins Verhältnis gesetzt werde zur Altersverteilung
der Infizierten, zur Zahl derjenigen, die im Krankenhaus behandelt
würden und zur Zahl derjenigen, die Symptome entwickelten, heißt es
in einer Mitteilung vom Freitag.

Inzwischen wird sehr viel mehr getestet als zu Beginn der Pandemie.
In den Koordinierungscentern waren es Angaben der Kassenärztlichen
Vereinigung zufolge am 31. März 854 Tests und am 14. Oktober 1194
Tests. Die meisten Tests gab es dort am 17. August mit 1957.

Die Teststrategie müsse angepasst werden, um gut über den Winter zu
kommen, sagte Pinkowski. Regelmäßig getestet werden müsse das
Personal in Altenheimen sowie anderes medizinisches Personal und
Physiotherapeuten. Zudem müsse in den Gesundheitsämtern die bisherige
Strategie der Nachverfolgung geändert werden. Sie sei bisher allein
auf Eindämmung ausgerichtet. Nun müsse sie ergänzt werden um den
Schutz gefährdeter Gruppen. Die Entdeckung und Verfolgung sogenannter
Infektionscluster müsse vorrangig erfolgen.

«Das Virus ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Doch es wird
uns über Jahre begleiten. Deshalb müssen die Schutzmaßnahmen so
pragmatisch und vernünftig sein, dass sie von der Bevölkerung
akzeptiert und eingehalten werden können», sagte Pinkowski. Er
plädierte für die konsequente Einhaltung der Abstands- und
Hygieneregeln, das Tragen von Alltagsmasken sowie ausreichende
Lüftung.