Weiter Debatte um Beherbergungsverbot - Viele Corona-Neuinfektionen

Die wachsende Zahl von Corona-Infektionen hält die Politik von
Lockerungen der Schutzvorkehrungen ab. Das treibt vor allem Hoteliers
auf die Palme, die ein Ende der Reisebeschränkungen fordern. Die
Justiz hat nun erste Achtungszeichen gesetzt

Schwerin (dpa/mv) - Nach der Aufhebung des Beherbergungsverbots für
Gäste aus deutschen Corona-Hotspots in Niedersachsen, Sachsen,
Baden-Württemberg und im Saarland kommen auch die in
Mecklenburg-Vorpommern geltenden Beschränkungen auf den Prüfstand. Am
Oberverwaltungsgericht Greifswald liegen nach Angaben eines Sprechers
drei Eilanträge gegen die Quarantäneverordnung des Landes vor.

Zu den Klägern gehört der Usedomer Hotelier Thilo Naumann. Er halte
die Regelungen, wonach Touristen aus Corona-Risikogebieten auch bei
negativem Testergebnis noch für mindestens fünf Tage in Quarantäne
müssen, für nicht zumutbar und unverhältnismäßig, sagte er.
Unterstützung kam unter anderem vom Deutschen Hotel- und
Gaststättenverband (Dehoga) und der FDP.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) will angesichts der rapide
steigenden Neuinfektionen an den bislang geltenden Regeln festhalten.
Allerdings stellte sie nach dem Treffen der Länder-Regierungschefs
mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch erstmals Lockerungen in
Aussicht, knüpfte dies jedoch an Bedingungen. «Das hängt aber davon
ab, wie die Infektionszahlen in unserem eigenen Bundesland sich
weiter entwickeln und ob dieses bundesweite Ampelsystem konsequent in
Deutschland umgesetzt wird», sagte Schwesig. Bund und Länder hatten
sich bei dem Treffen zwar auf zusätzliche Schritte zur Eindämmung der
Infektionen verständigt, aber nicht auf einheitliche Regeln für
Reisende aus Corona-Hotspots in Deutschland einigen können.

Darauf reagierte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga)
mit scharfer Kritik. «Nach dem Regelungschaos und dem Frust bei
Hoteliers wie Gästen ist es völlig inakzeptabel und nicht
nachvollziehbar, dass sich die Bundesländer nicht darauf einigen
konnten, die Beherbergungsverbote auszusetzen», erklärte
Dehoga-Präsident Guido Zöllick. Der Branche stehe nach einem bislang
schon sehr schwierigen Jahr nun ein langer Winter mit wenigen
Einnahmen bevor. «Insofern ist es dramatisch, wenn man das als
Politik einfach aussitzt und uns den Schwarzen Peter zuschiebt»,
sagte Zöllick auf NDR Info. Die Beherbergungsbeschränkungen seien
eine Katastrophe.

Bislang müssen Reisende aus einem Corona-Hotspot bei der Ankunft in
Mecklenburg-Vorpommern einen negativen Corona-Test vorweisen und
danach in Quarantäne. Diese können sie frühestens nach fünf Tagen
verlassen, wenn auch ein zweiter Test negativ verlief. Andere
Bundesländer fordern nur einen negativen Test oder verzichten
gänzlich auf Reisebeschränkungen. Für Touristen aus nicht betroffenen

Gebieten gelten keine Einschränkungen.

Die IHK Rostock beklagte Intransparenz bei den Regelungen zur
Eindämmung des Coronavirus. Das habe in weiten Teilen der regionalen
Wirtschaft für Verwirrung und Unverständnis gesorgt, hieß es in einer

Mitteilung. Kritik gab es an den Quarantänebestimmungen. «Der Staat
darf aus Unternehmern keine Hilfspolizisten machen, die kontrollieren
müssen, ob Gäste ihre richtigen Namen für Nachverfolgungen im
Infektionsfall angeben», erklärte IHK-Präsident Klaus-Jürgen Strupp
.

Am Donnerstagmorgen hatten die Gesundheitsämter bundesweit 6638
Neuinfektionen an das Robert Koch-Institut gemeldet - ein Rekordwert
für Deutschland. Auch in Mecklenburg-Vorpommern bleibt die Zahl der
Corona-Neuinfektionen auf einem für das Land hohen Niveau. Nach dem
Rekord von 61 neuen Fällen am Vortag meldete das Landesamt für
Gesundheit und Soziales am Donnerstag (Stand 16.25 Uhr) 58
Neuinfektionen.

Die meisten wurden im Kreis Mecklenburgische Seenplatte registriert.
Nach 17 weiteren Fällen verzeichnet der Landkreis für die
zurückliegenden sieben Tage nunmehr 32,4 Neuinfektionen je 100 000
Einwohner. Damit ist die Region nur noch knapp von der Marke 35
entfernt, bei der nach einer Übereinkunft von Bund und Ländern die
Corona-Schutzmaßnahmen wieder angezogen werden sollen. Am niedrigsten
ist die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz mit 5,2 in Schwerin.

Die Landesregierung wird bei ihrem nächsten MV-Corona-Gipfel am 20.
Oktober in Schwerin erneut mit Kommunal-, Wirtschafts- und
Sozialverbänden sowie Medizinern über ihr weiteres Vorgehen beraten.
Eine Entscheidung zu veränderten Einreisevorschriften sei dabei noch
nicht zu erwarten, sagte am Donnerstag ein Regierungssprecher.

Unterdessen strebt Mecklenburg-Vorpommern zusammen mit
Schleswig-Holstein eine Umkehrung der Reisebeschränkungen an. Demnach
sollen die Risikogebiete selbst entscheiden, ob Reisen von dort nach
außen vertretbar sind oder nicht. Als Richtwert könne dabei ein
höherer Wert als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in sieben
Tagen angesetzt werden, sagte Schwesig am späten Mittwochabend in der
ARD-Sendung «Maischberger. Die Woche». Darüber solle beraten werden.

Es müsse jedem einleuchten, dass, wenn Maßnahmen in Corona-Hotspots
wie Kontaktbeschränkungen und Sperrstunden ergriffen würden, es nicht
sein könne, dass die gleichen Leute etwa aus Berlin dann woanders hin
führen, und dort solle das alles dann nicht gelten.