Kritik an Online-Formular für Corona-Verstöße - «Denunziationsporta l»

Die Stadt Essen nimmt Hinweise auf Verstöße gegen Corona-Regeln auch
online entgegen. Bürger können dort Fotos hochladen. Der
FDP-Politiker Wolfgang Kubicki nennt das Angebot ein
«Denunziationsportal».

Essen (dpa) - Ein kommunales Online-Formular, mit dem Bürger in Essen
Verstöße gegen Corona-Regeln melden können, hat zu einem Streit übe
r
das Vorgehen der nordrhein-westfälischen Stadt geführt.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) bezeichnete das
Formular als «Denunziationsportal». Es sei «mit Sicherheit
rechtswidrig und sollte sofort gelöscht werden», schrieb der
FDP-Politiker auf Facebook. Eine Aufforderung des Essener
Stadtdirektors Peter Renzel zu einer Entschuldigung wies Kubicki am
Mittwoch zurück: «Ich habe nichts zurückzunehmen.»

Auf der Internetseite der Stadt gibt es das Formular für
Corona-Verstöße bereits seit Mai. Nach Angaben einer Sprecherin gehen
auf diesem Weg täglich rund fünf Hinweise ein, etwa genauso viele
würden der Stadt per Mail, Telefon oder auch Post mitgeteilt. Es gehe
unter anderem um fehlende Markierungen für Warteschlangen oder andere
nicht eingehaltene Regeln im Umgang mit dem Coronavirus. Man wolle
ein größeres Infektionsgeschehen vermeiden, sagte die Sprecherin. Die
Stadt habe das Formular nie selbst beworben.

Stadtdirektor Renzel verwahrte sich in seinem persönlichen
Facebook-Eintrag gegen die Kritik des FDP-Politikers. «Ich finde
Ihren Post mehr als daneben. Sie sollten ihn löschen und sich
entschuldigen», schrieb er. Kubicki selbst habe bei der Stadt deshalb
weder nachgefragt, noch versucht, Kontakt aufzunehmen. Das
Online-Formular sei entwickelt worden, um die vielen Informationen,
die ungeordnet an das Ordnungsamt gekommen seien, besser zu
kanalisieren und um die Mitarbeiter zu entlasten. Das diene keinem
«Denunziantentum».

Das Formular hat den Titel: «Melden eines Verstoßes gegen die
Coronaschutz-Verordnung (Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen
mit dem Coronavirus Sars-CoV-2)». Angegeben werden sollen Ort, Datum,
Uhrzeit und Art des Verstoßes, zum Beispiel das Nichttragen einer
Maske oder unzulässige Veranstaltungen. Es können auch Fotos zum
Verstoß hochgeladen werden. Die Angaben zur eigenen Person sind
freiwillig.

Auch der Digitalexperte der Grünen, Dieter Janecek, sieht das
Formular kritisch. «Verwaltungen sollten Bürger nicht mit Formularen
ermuntern, andere Bürger zu denunzieren. Das spaltet die
Gesellschaft», sagte er der «Bild».

Kubicki bekräftigte seine Haltung. Es sei aus seiner Sicht
unverantwortlich, dass sich einige Behörden nicht mehr an Recht und
Gesetz gebunden fühlten. «Die Aufforderung zum Hochladen von Fotos
ist evident rechtswidrig», erklärte er.