Britischer Oppositionsführer: Wir brauchen temporären Lockdown

London (dpa) - Der britische Oppositionsführer Keir Starmer hat
angesichts stark steigender Corona-Fallzahlen zu einem temporären
Lockdown für England aufgerufen. «Wir brauchen einen «Circuit
Breaker» und wir brauchen ihn jetzt», sagte der Labour-Chef am
Dienstag in London. Als «Circuit Breaker» wird ein klar begrenzter
Lockdown ähnlich jenem im Frühjahr verstanden - allerdings nur für
zwei bis drei Wochen und ohne Schulschließungen, wie Starmer betonte.
Allerdings könnten die Herbstferien eingebaut werden.

Damit schließt sich Starmer den Ratschlägen des wissenschaftlichen
Expertengremiums Sage an, die der britischen Regierung bereits vor
Wochen einen solchen landesweiten Lockdown empfahlen. Das geht aus
einem am Montag veröffentlichten Protokoll hervor. Die Fachleute aus
dem Gesundheitsbereich hatten gewarnt, dass Großbritannien sonst auf
eine «große Epidemie mit katastrophalen Konsequenzen» zusteuere.
Schon ein zweiwöchiger «Circuit Breaker» könne Tausende Leben ret
ten,
hieß es in einem Modell der Gesundheitsberater, das der «Financial
Times» vorliegt.

Johnson hatte am Montag ein dreistufiges System im Kampf gegen die
Pandemie für den Landesteil England vorgestellt. Dort sollen je nach
Risikograd - mittel, hoch oder sehr hoch - ab Mittwoch verschärfte
Regeln gelten. Allerdings wird dieses von Medizinern und Opposition
als nicht wirksam genug angesehen. Ein Sprecher der Regierung
erklärte hingegen, man habe «effektive Maßnahmen» ergriffen.
Großbritannien zählt zu den am schwersten von der Pandemie
getroffenen Staaten in Europa.

Einen Lockdown wie bei der ersten Ausbruchswelle im Frühjahr will
Johnson allerdings vermeiden. So sollen Schulen und Universitäten in
England geöffnet bleiben. Gerade aus den Hochschulen werden
allerdings hohe Infektionszahlen gemeldet.

In ganz Großbritannien mit seinen knapp 67 Millionen Einwohnern sind
am Dienstag mehr als knapp 17 000 neue Ansteckungen innerhalb von 24
Stunden gemeldet worden. Die Zahl der Todesfälle mit Covid-19 lag mit
143 so hoch wie zuletzt im Juni. Betroffen sind vor allem der Norden
Englands, Schottland, Teile von Wales und Nordirland. Auch in London
nehmen die Fälle deutlich zu. Die bislang in der untersten Warnstufe
eingruppierte Hauptstadt könne innerhalb der nächsten Tage in die
höhere Risikostufe fallen, kündigte der Londoner Bürgermeister, Sadiq

Khan, an - was weitreichende Kontaktbeschränkungen zur Folge hätte.