Brandenburg bleibt bei Beherbergungsverbot und wartet Treffen ab

Die Kritik kommt aus anderen Ländern, aber auch aus Brandenburg
selbst: Das Übernachtungsverbot für Gäste aus Regionen mit schnell

steigender Zahl an Corona-Infektionen ist ein Streitpunkt geworden.
Ob es bleibt oder fällt, entscheidet sich möglicherweise am Mittwoch.

Potsdam (dpa/bb) - Die rot-schwarz-grüne Brandenburger
Landesregierung hält zunächst am umstrittenen Übernachtungsverbot f
ür
Gäste aus Corona-Hotspots in Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen
fest. Sie verwies am Dienstag aber auf das Bund-Länder-Treffen am
Mittwoch im Kanzleramt. «Wir warten das Gespräch der Kanzlerin mit
den Ministerpräsidenten ab», sagte Vize-Regierungssprecher Simon Zunk
nach einer Sitzung des Kabinetts in Potsdam. Die Landesregierung habe
Verständnis dafür, dass für viele das Beherbergungsverbot eine
Belastung sei. Es gehe aber darum, angesichts massiv steigender
Infektionszahlen die Mobilität zurückzufahren.

Wenn Gäste aus einer Stadt oder einem Landkreis in Deutschland mit
mehr als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in den vergangenen
sieben Tagen nach Brandenburg kommen, dürfen sie nicht in Hotels,
Pensionen, Ferienwohnungen  oder Campingplätzen übernachten. Das
betrifft derzeit zum Beispiel das Nachbarland Berlin. Das Verbot gilt
nicht, wenn die Besucher einen höchstens 48 Stunden alten negativen
Corona-Test vorlegen können, nur einen Ausflug machen oder jemanden
besuchen. Mehrere andere Bundesländer haben ähnliche Regelungen.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) erneuerte
seine Kritik. «Das Beherbergungsverbot macht keinen Sinn und schafft
nur Verwirrung und Unverständnis», sagte Müller der Tageszeitung
«taz» (Dienstag), die in Berlin erscheint. «Jeden Tag pendeln die
Brandenburger nach Berlin und umgekehrt und begegnen sich. Aber zum
Übernachten müssen sie zu Hause sein.» Auch Brandenburgs
SPD-Landtagsfraktionschef Erik Stohn hatte das Verbot infrage
gestellt.

Auch die Tourismusbranche in Brandenburg wandte sich gegen die
Regelung. «Die jetzige Lage ist kaum noch zu vermitteln», sagte der
Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Brandenburg (TMB) GmbH,
Dieter Hütte, der Deutschen Presse-Agentur. «Nicht Räume übertragen

das Virus.» Es sei völlig unverständlich, warum Hunderttausende
Pendler täglich umherfahren dürften und Tagesgäste reisen könnten,

abends aber wieder nach Hause müssten.

Auch der Landestourismusverband Brandenburg stellte das Verbot
infrage. Er sieht die Branche unter «enormem Druck» und forderte mehr
Corona-Tests. Der Tourismusverband Spreewald sieht die Region
besonders hart getroffen. «Die aktuelle Verordnung ist absolut
kontraproduktiv für eine dringend notwendige positive wirtschaftliche
Entwicklung nach dem Lockdown im Frühjahr», sagte Leiterin Annette
Ernst.

Die Corona-Hotspots in Brandenburg bleiben Cottbus und der Kreis
Oder-Spree. Dort gelten schärfere Regeln. Cottbus zählte nach Angaben
des Gesundheitsministeriums vom Dienstag 40,1 neue Ansteckungen je
100 000 Einwohner auf sieben Tage, der Kreis Oder-Spree 38. Bei mehr
als 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen
ist ein Mund-Nasen-Schutz auch in Büros und Gaststätten Pflicht, wenn
man nicht an einem festen Platz ist. Zu Privatfeiern in öffentlichen
oder angemieteten Räumen dürfen nur noch 50 Menschen kommen, zuhause
maximal 25 Menschen.

In Brandenburg starben zwei weitere Corona-Patienten. In den
Landkreisen Märkisch-Oderland und Oder-Spree kam laut Ministerium
jeweils ein Todesfall hinzu. Das Klinikum Ernst von Bergmann, das
größte Potsdamer Krankenhaus, hob ein Besuchsverbot in der Klinik für

Psychosomatische Medizin auf. Nachdem einige Mitarbeiter infiziert
gewesen seien, habe die Infektionskette durchbrochen werden können,
teilte die Klinik mit. Dort war das Coronavirus im Frühjahr vermehrt
ausgebrochen, danach wurde von einer neuen Leitung ein neues
Sicherheitskonzept erarbeitet.