Erstmal kein Beherbergungsverbot - Neue Einschränkungen in Mainz

Familienfeiern und «Party People» sind in Rheinland-Pfalz die
Hauptursache für stark steigende Corona-Infektionszahlen.
Ministerpräsidentin Dreyer will deshalb die Teilnehmerzahl bei
Privatfeiern beschränken - am liebsten bundesweit einheitlich.

Mainz (dpa/lrs) - Das geplante Beherbergungsverbot für Menschen aus
Corona-Krisengebieten wird in Rheinland-Pfalz vorerst nicht
umgesetzt. «Die Rückmeldungen aus den Kommunen waren verheerend»,
sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Montag in Mainz. Auch
bundesweit sei die Diskussion über den Sinn dieses Verbots «extrem
virulent». «Deshalb setzen wir es jetzt nicht direkt in Kraft.»
Dreyer will in der Schalte der Länderchefs mit der Bundeskanzlerin am
Mittwoch noch einmal darüber sprechen und sich angesichts der
deutlich steigenden Corona-Neuinfektionen für eine bundesweite
Begrenzung von Privatfeiern auf etwa 25 Teilnehmer einsetzen.

Ursache der drastisch steigenden Infektionen seien in der Regel
private Feiern, ob im Gemeindehaus oder bei Partys, sagte Dreyer. «Es
wäre ein echtes Signal, private Feiern drastisch zu reduzieren.» Wenn
eine bundeseinheitliche Regelung in der Schalte der Länderchefs mit
der Bundeskanzlerin am Mittwoch nicht gelinge, werde Rheinland-Pfalz
für sich nach steuern. Derzeit seien 75 Menschen bei privaten Feiern
erlaubt.

Für Mainz und den Kreis Bitburg-Prüm galt am Montag die höchste
Gefahrenstufe Rot. In der Landeshauptstadt waren so viele
Neuinfektionen registriert worden wie nie zuvor seit Beginn der
Pandemie: mehr als 60 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den
vergangenen sieben Tagen. Im Kreis Bitburg-Prüm seien es sogar mehr
als 100 Neuinfektionen, sagte Dreyer. Hauptursache sei auch dort eine
große Party gewesen. Die Gefahrenstufe Orange sei in den Kreisen
Mainz-Bingen (41), Neuwied (47) und Kaiserslautern (38) erreicht.

Landesweit stieg die Zahl der neu gemeldeten Corona-Infektionen
binnen 24 Stunden um 129. Insgesamt wurden damit seit Beginn der
Pandemie 12 225 bestätigte Fälle registriert, wie das
Gesundheitsministerium mitteilte (Stand 14 Uhr). Die Zahl der
Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg um einen auf 257.
Derzeit würden 83 mit dem Coronavirus infizierte Menschen in
Krankenhäusern behandelt, davon lägen 18 auf der Intensivstation. 13
Patienten müssten beatmet werden.

Die Beschäftigten in den Gesundheitsämtern seien an der
Belastungsgrenze, sagte Dreyer. 50 Infektionen pro 100 000 Einwohner
sei die Zahl, bei der eine Nachverfolgung gerade noch möglich sei.
«Das geht aber total an die Grenzen der Leute.» Etwa 50 Beamte und
Angestellte aus einem Pool von 103 Menschen unterstützten derzeit die
Gesundheitsämter, weitere 50 sollen jetzt dazu kommen. Um den Pool
aufzustocken, werde an pensionierte Ärzte und andere Menschen mit
medizinischen Berufen appelliert, zu unterstützen. «Wir sind als Land
insgesamt gut aufgestellt.» Ursachen und Instrumente seien bekannt.

In Mainz gelten von diesem Dienstag an zunächst für zwei Wochen eine
Reihe drastischer Einschränkungen, um die Infektionszahlen wieder zu
senken. Auch im Kreis Bitburg-Prüm soll es strengere Regeln geben.

In der Landeshauptstadt dürfen Gaststätten, Tankstellen, Kioske und
Geschäfte zwischen 23.00 und 6.00 Uhr keinen Alkohol mehr ausschenken
oder verkaufen - zuvor war dies ab Mitternacht untersagt. Gaststätten
dürfen in dieser Zeit aber auch gar nicht mehr öffnen. Buffets in der
Gastronomie sind verboten.

Der Aufenthalt im öffentlichen Raum wird auf maximal fünf Menschen
oder zwei Hausstände begrenzt. Veranstaltungen im Freien sind nur
noch für 250 und nicht mehr für 500 Menschen gleichzeitig zulässig.
In geschlossenen Räumen ohne feste Sitzplätze sind nur noch 50 statt
bisher 75 Menschen erlaubt, bei Hochzeiten, Geburtstagen und anderen
privaten Veranstaltungen dürfen sich nur noch maximal 20 statt bisher
25 Menschen treffen

Sport im Freien ist mit maximal 20 Menschen in festen Gruppen
erlaubt. Kontaktsport und Wettkämpfe - Wettkampfsimulationen - sind
nicht mehr zulässig, auch Zuschauer dürfen nur noch im Profisport
dabei sein. Am Samstag beim Fußball-Bundesligisten Mainz 05 gegen
Leverkusen können 250 Menschen auf festen Plätzen zuschauen.

Sport in Hallen ist nur noch mit fünf Menschen erlaubt. Dies gilt
auch für Kurse in Fitnessstudios, beim Tanzsport sind sechs erlaubt.
In Hallenbädern und Saunen wird die Zahl auf eine Person pro 20
Quadratmeter begrenzt.

In Kinos, Theatern, Konzerten und der Erwachsenenbildung muss auch am
Platz eine Maske getragen werden. In Museen und Ausstellungen ist nur
noch ein Besucher pro 20 Quadratmeter zugelassen, statt vorher pro 5
Quadratmeter. Spielbanken, Spielhallen und ähnlichen Einrichtungen
dürfen nur von 6.00 bis 23.00 Uhr öffnen, und die Anzahl der Personen
wird auch auf eine pro 20 Quadratmeter beschränkt. Bordelle bleiben
geschlossen.

Als Hauptursachen für den Anstieg nannte Ebling «Party People»,
Familienfeiern, aber auch Sport. Er hoffe, dass die Maßnahmen in
dieser Härte bald greifen. Ziel sei es, dass Kitas, Schulen und der
Handel offen bleiben könnten.

Probleme machten die Gastronomie, Sportvereine und auch
Fitnessstudios, sagte der Leiter des Gesundheitsamtes bei der
Kreisverwaltung Mainz-Bingen, Dietmar Hoffmann. Die einzige gute
Nachricht sei, dass 80 bis 90 Prozent der Neuinfektionen durch
Kontaktermittlung bekannt geworden seien. Dabei gehe es um direkte
Begegnungen von mehr als 15 Minuten. Dies könnten bei einem
Infizierten schnell bis zu 40 Kontakte sein.

Der Eifelkreis Bitburg-Prüm wollte weitergehende Maßnahmen zur
Eindämmung der Pandemie ergreifen. Im Gespräch war unter anderem eine
Empfehlung, dass für private Anlässe maximal zehn Menschen aus bis zu
zwei Haushalten zusammenkommen dürfen. Im öffentlichen Raum wurde
über die Einführung einer Maskenpflicht nachgedacht, wenn der
notwendige Abstand zu anderen Personen nicht eingehalten werden
könne. Zudem sollten Ordnungskräfte die gültigen Corona-Regeln
verstärkt überprüfen.

Eine leichte Entspannung der Lage gab es im Kreis Neuwied, der nicht
mehr unmittelbar an der Schwelle zur höchsten Corona-Warnstufe Rot
stand. Allerdings gelte weiter «Warnstufe Orange», und
Einschränkungen blieben bestehen, teilte ein Sprecher mit. Der Kreis
Neuwied hatte den kritischen Wert von 50 Corona-Infektionen pro
100 000 Einwohner am Wochenende fast erreicht. Eine Ursache war laut
Gesundheitsstaatssekretär Alexander Wilhelm (SPD) auch der Besuch
einer Hochzeitsfeier in Nordrhein-Westfalen.