Klage gegen Urlaubsregeln angekündigt

Das Beherbergungsverbot für Urlauber aus deutschen Corona-Hotspots
erregt die Gemüter und besorgt die Branche. Auch in Niedersachsen
zeigt die Kurve der Neuinfektionen weiter nach oben.

Hannover (dpa/lni) - Die zweite Corona-Welle zeichnet sich immer
deutlicher ab: In Niedersachsen gelten weiterhin sechs Regionen als
Hotspots mit besonders vielen Ansteckungen, gleichzeitig weitet das
Land sein Beherbergungsverbot für Touristen aus deutschen
Risikogebieten deutlich aus. Doch die Urlaubsbranche zweifelt, ob das
Verbot die Verbreitung des Virus tatsächlich eindämmt. Ein Hotelier
aus dem Harz will gerichtlich dagegen vorgehen.

Der Richtwert von 50 Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner
binnen einer Woche wurde am Montag von den Landkreisen Cloppenburg
(107,8), Emsland (55,1), Grafschaft Bentheim (66,3), Vechta (53,2)
und Wesermarsch (50,8) sowie der Stadt Delmenhorst (100,6)
übertroffen. Auch die Stadt Bremen lag über dem Richtwert.

Die Stadt Delmenhorst prüft daher nun weitere Einschränkungen, um das
Virus in den Griff zu bekommen. «Dabei wird darauf geachtet, dass
punktgenau Maßnahmen ergriffen werden und weniger Rundumschläge
verteilt werden», sagte der Corona-Krisenstabsleiter der Stadt,
Rudolf Mattern, am Montag.

Als ungerechtfertigten Rundumschlag empfindet der Hotel- und
Gaststättenverband (Dehoga) Niedersachsen jedoch das landesweite
Beherbergungsverbot für Reisende aus deutschen Corona-Hotspots.
Dieses treffe das Kerngeschäft der Tourismusindustrie, obwohl es
bisher keine großen Corona-Ausbrüche in der Branche gegeben habe,
sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführer Rainer Balke. Ein Hotelier werde
daher im Laufe der Woche eine Normenkontrollklage beim
Oberverwaltungsgericht Lüneburg einreichen. «Wir hoffen, dass die so
schnell wie möglich tätig werden.»

Schon am ersten Wochenende des neuen Beherbergungsverbots hätten die
Telefone der Hoteliers nicht mehr still gestanden, weil Reisende
verunsichert seien, erläuterte Balke. «Das Ganze ist wie erwartet in
Chaos gemündet.» Viele Urlauber wollten demnach ihre Reisen
stornieren und das Geld zurück haben, obwohl ihr Herkunftsort nicht
von dem Verbot betroffen sei. Das führe zu Konflikten.

Niedersachsens Tourismusverband zeigte dagegen Verständnis für das
Verbot. Die Regeln seien für die Betriebe und Reisenden zwar nervig,
sagte der Vorsitzende des Verbands, Sven Ambrosy. Noch größer sei in
der Branche aber die Angst vor noch weitreichenderen Einschränkungen
des öffentlichen Lebens. «Dann ist es aus. Das halten unsere
Unternehmen nicht mehr aus», sagte Ambrosy, der auch Landrat des
Landkreises Friesland ist.

Der SPD-Politiker warb allerdings auch dafür, die Regelungen
bundesweit besser abzustimmen und so unbürokratisch wie möglich zu
halten. Außerdem schlug er vor, wissenschaftlich zu untersuchen, wie
stark innerdeutsche Reisen zu den Infektionen beitragen, um zu
beurteilen, was ein Beherbergungsverbot bringt. Im Sommer habe es
jedenfalls keine touristischen Corona-Hotspots gegeben, die
Ansteckungen gingen eher auf Reiserückkehrer aus dem Ausland zurück.

Seit Montag sind die Bewohner von 28 deutschen Regionen von dem
niedersächsischen Übernachtungsverbot betroffen, sofern sie keinen
negativen Corona-Test vorweisen können. Darunter sind die Großstädte

Bremen, Berlin, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München. Am Wochenende
hatte das Land noch lediglich zwölf Risikogebiete ausgewiesen. Bund
und Länder wollen die Regelung am Mittwoch neu diskutieren.