Innensenator gegen Schnellschüsse bei Versammlungsbegrenzungen
Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut. Polizeipräsidentin Slowik
schließt Einschränkungen nicht aus. Innensenator Geisel betont, es
dürfe keine Schnellschüsse geben.
Berlin (dpa/bb) - Mit Blick auf die Begrenzung der
Versammlungsfreiheit hat Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD)
für Zurückhaltung plädiert. «Jeder weiß, dass die Einschränkung
der
Versammlungsfreiheit wieder einen großen Eingriff bedeuten würde. Da
darf es keine Schnellschüsse geben. Daher haben etwaige Überlegungen
bislang keine Rolle bei den Beratungen gespielt», sagte der
SPD-Poltiker am Montag. «Für alle ist es aktuell eine schwierige
Phase. Wir müssen schauen, dass wir nicht wieder in eine Situation
wie im Frühjahr geraten. Der Senat berät regelmäßig über die
Corona-Lage in der Stadt und hat auf die neuen Anstiege entsprechend
reagiert und Maßnahmen beschlossen.»
Dagegen hat sich die Berliner Polizeipräsidentin, Barbara Slowik, für
eine erneute Einschränkung der Versammlungsfreiheit ausgesprochen,
wenn die Infektionslage sich verschlechtern sollte: «Wenn die Zahlen
sich aber so weiterentwickeln sollten, denke ich, muss man dringend
auch wieder darüber nachdenken, die Versammlungsfreiheit vorsichtig
erneut einzuschränken, vielleicht wieder auch auf zum Beispiel 100
Personen», sagte sie der «Berliner Morgenpost» (Montag). «Und mir i
st
sehr bewusst, welch hohes Gut die Versammlungsfreiheit ist, gerade in
diesen Zeiten der Corona-Pandemie. Das ist auch unbestritten.»
Versammlungen seien auch in dieser Situation nach wie vor möglich,
«aber eben nur begrenzt».
Große Versammlungen und Demonstrationen führten dazu, dass Bürger aus
dem ganzen Stadtgebiet an einem Ort zusammen kämen und auch aus dem
übrigen Land und dem Ausland Menschen anreisten, so Slowik. Auch die
eingesetzten Sicherheitskräfte kämen aus dem gesamten Bundesgebiet.
«Große Versammlungen führen wirklich dazu, Menschen sehr konzentriert
zu durchmischen. Das ist einfach so. Und das glaube ich, wird man
irgendwann noch mal überdenken müssen.» Allein im September seien in
Berlin 1054 Versammlungen angemeldet worden, von denen mehr als 700
tatsächlich stattgefunden hätten. «Keine Stadt in Deutschland hat
auch nur annähernd vergleichbare Zahlen.»
Skepsis gibt es auch beim grünen Koalitionspartner: «Für eine erneute
Einschränkung der Versammlungsfreiheit sehen wir zum jetzigen
Zeitpunkt keine Notwendigkeit», erklärte die rechtspolitischen
Sprecherin der Grünen-Fraktion, Petra Vandrey. «Wichtig ist für uns
vor allem der Gesundheitsschutz der Demonstrantinnen und
Demonstranten, der Polizei und der Bevölkerung. Deshalb sind die
Hygienekonzepte bei der Genehmigung von Demonstrationen für uns
zentral und müssen immer wieder nachgebessert werden.»
CDU-Fraktionschef Burkard Dregger kritisierte, der Senat denke sich
ständig neue Corona-Verbote aus, ohne die bestehenden durchzusetzen.
«Er muss endlich begreifen, dass er nur das Verhalten beschränken
darf, das zu erhöhten Infektionen führt.» Das gelte im Bereich der
Gastronomie und des Einzelhandels genauso wie für Versammlungen. «Nur
wenn der Senat belegen kann, dass von Demonstrationen erhöhte
Infektionsgefahren ausgehen, sind Beschränkungen gerechtfertigt und
für jedermann auch nachvollziehbar.»
Paul Fresdorf, innenpolitischer Sprecher der Berliner FDP-Fraktion,
äußerte sich ebenfalls skeptisch: «Es ist verständlich, dass sich d
ie
Polizeipräsidentin nach etwas Ruhe für ihre stark beanspruchten
Polizistinnen und Polizisten sehnt. Eine Einschränkung der
Versammlungsfreiheit kann aber nicht der Weg sein», sagte er. «Dieses
essenzielle Grundrecht darf nicht zur Spielmasse werden. Wir müssen
weiter dafür kämpfen, dass die Berliner Polizei personell besser
aufgestellt wird. Wir müssen mehr Polizistinnen und Polizisten aus
den Amtsstuben auf die Straße bringen.»
Im Frühjahr hatte es einschneidende Beschränkungen bei der
Versammlungsfreiheit gegeben. Seit Ende Mai sind Demonstrationen
wieder ohne Beschränkung der Teilnehmerzahl erlaubt. Allerdings gilt
eine Maskenpflicht für Demonstrationen mit mehr als 100 Teilnehmern.
An den Einschränkungen während der frühen Phase der Corona-Krise
hatte es immer wieder Kritik gegeben.
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