«Beschützender Glanz»: Trump will nun gegen Coronavirus «immun» s ein

Vor einer Woche lag US-Präsident Trump noch im Krankenhaus. Jetzt
zieht es ihn zurück in den Wahlkampf. Sein Arzt gibt grünes Licht
dafür - doch wichtige Fragen zu seiner Gesundheit bleiben
unbeantwortet.

Washington (dpa) - Nach seiner Covid-19-Erkrankung ist US-Präsident
Donald Trump nach eigenen Angaben nun «immun» gegen das Coronavirus.
Die Immunität sei für ihn wie ein «beschützender Glanz», sagte Tr
ump
am Sonntag in einem telefonischen Interview mit dem Sender Fox News.
Er fühle sich «fantastisch», sagte Trump. Zuvor hatte sein Leibarzt
am Samstagabend erklärt, der Präsident sei nicht mehr ansteckend.
Trump, der sich bei der Wahl am 3. November um eine zweite Amtszeit
bewirbt, plant schon von Montag an wieder große Wahlkampfauftritte.

Trumps Arzt Sean Conley erklärte, der jüngste Coronavirus-Test habe
nach «gegenwärtig anerkannten Standards» gezeigt, dass der Präsiden
t
«kein Übertragungsrisiko für andere mehr darstellt». Trump könne
nun,
rund zehn Tage nach dem Auftreten erster Symptome, gemäß den
Kriterien der Gesundheitsbehörde CDC seine freiwillige Quarantäne
beenden, erklärte der Arzt. Die Tests im Verlauf seiner Erkrankung
hätten eine stets abnehmende Viruskonzentration gezeigt, schrieb
Conley weiter. Dass Trump immun sei oder dass ein Corona-Test beim
Präsidenten negativ ausgefallen sei, schrieb er jedoch nicht. Es
schien daher wahrscheinlich, dass auch der jüngste Test wegen einer
geringen Viruskonzentration immer noch positiv ausgefallen war.

Der 74-Jährige Trump war nach eigenen Angaben am 1. Oktober positiv
auf das Coronavirus getestet worden. Das Weiße Haus teilte jedoch nie
mit, wann Trumps regelmäßige Corona-Tests zuletzt negativ ausgefallen
waren. Er erkrankte an Covid-19 und wurde daher ab 2. Oktober drei
Tage in einem Militärkrankenhaus behandelt.

Experten gehen davon aus, dass Menschen nach einer Corona-Infektion
vermutlich immun sind. Für wie lange und wie absolut ein Schutz
existiert, ist aber noch unklar. Das Robert Koch-Institut etwa
schreibt dazu: «Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt noch, wie
regelhaft, robust und dauerhaft dieser Immunstatus aufgebaut wird.»

Trump habe seit «weit mehr als 24 Stunden» kein Fieber mehr, «alle
Symptome» hätten sich «verbessert», schrieb Conley. Der Arzt machte

am Samstag aber keine Angaben dazu, welche Symptome bei Trump noch in
welchem Maß feststellbar waren. Am Mittwoch hatte Conley berichtet,
der US-Präsident sei seit mehr als 24 Stunden «frei von Symptomen».


Twitter versah eine Nachricht Trumps zu seiner angeblichen Immunität
mit einer Warnung vor Falschinformationen. Der Tweet habe gegen
Regeln zur «Verbreitung irreführender und womöglich
gesundheitsschädlicher Informationen» beim Thema Covid-19 verstoßen,

hieß es am Sonntag. Der Tweet war deswegen erst nach einem Klick auf
einen Warnhinweis zugänglich und konnte nicht ohne einen eigenen
Kommentar der Nutzer weiterverbreitet werden. Trump hatte auf Twitter
geschrieben, er sei nun «immun» und könne das Virus «nicht
weitergeben».

Im Krankenhaus hatten Ärzte Trump unter anderem das antivirale
Medikament Remdesivir, Entzündungshemmer und einen experimentellen
Antikörper-Cocktail gegeben. Die aggressive Behandlung ließ vielen
Experten zufolge - entgegen der Darstellung des Weißen Hauses - auf
eine ernstere Erkrankung schließen.

Trump warb am Sonntag erneut für die Covid-Behandlung mit dem
Antikörper-Cocktail der Biotech-Firma Regeneron. Das Medikament sei
keine Behandlungsmethode, sondern ein «Heilmittel» und ein «Wunder»
,
das bald allen zur Verfügung stehen solle.

Die von mehreren Herstellern entwickelten Antikörper-Cocktails sind
jedoch noch nicht zugelassen und auf absehbare Zeit auch nur in
relativ geringer Stückzahl verfügbar. Kritikern zufolge bewirbt Trump
das Mittel, um damit vor der Wahl am 3. November vom Versagen seiner
Regierung bei der Eindämmung der Pandemie abzulenken.

Trump hatte am Freitag erstmals einen längeren TV-Auftritt
absolviert, am Samstag trat er im Weißen Haus erstmals wieder kurz
öffentlich auf. Trump sprach dabei von einem Balkon des Weißen Hauses
aus zu mehreren Hundert Anhängern, die sich auf dem Südrasen des
Geländes versammelt hatten. Sie trugen zumeist Masken, standen aber
relativ dicht gedrängt. «Ich fühle mich toll», sagte Trump unter de
m
Jubel der Anhänger. Der Republikaner warnte eindringlich vor einem
Wahlsieg seines demokratischen Herausforderers Joe Biden. Seine Rede
blieb mit weniger als 20 Minuten aber ungewöhnlich kurz: Bei solchen
Anlässen spricht Trump sehr oft länger als eine Stunde.

Bidens Programm sei «sozialistisch» oder gar «kommunistisch» und
würde das Land in die Krise stürzen, behauptete Trump. Der Präsident

liegt in Umfragen gut drei Wochen vor der Wahl allerdings hinter
Biden (77), einem früheren Senator und Ex-Vizepräsidenten. Trumps
Wahlkampfteam kündigte für Montag, Dienstag und Mittwoch jeweils
einen großen Wahlkampfauftritt des Präsidenten in den bei der Wahl
hart umkämpften Bundesstaaten Florida, Pennsylvania und Iowa an.

Trump versprach bei dem Auftritt im Weißen Haus am Samstag erneut,
dass die Pandemie bald überstanden sein werde. «Sie verschwindet und
die Impfstoffe werden helfen und die Mittel zur Behandlung werden
sehr viel helfen», sagte Trump. Das «China-Virus» werde «ein für
alle
Mal besiegt» werden. Viele Experten halten Trumps Prognosen zur
Pandemie aber für viel zu rosig und werfen ihm Versagen vor.

Daten der Universität Johns Hopkins zufolge haben sich in dem Land
mit 330 Millionen Einwohnern bislang gut 7,7 Millionen Menschen mit
dem Coronavirus infiziert, mehr als 214 000 Menschen starben. Zuletzt
meldete das CDC wieder mehr als 50 000 Neuinfektionen pro Tag.

Der Streit um ein weiteres Corona-Konjunkturpaket ging unterdessen in
die nächste Runde: Die Demokraten im Repräsentantenhaus lehnten einen
Kompromissvorschlag der Regierung ab. Der Vorschlag soll ein Volumen
von 1,8 Billionen US-Dollar (1,5 Billionen Euro) haben. Die
Demokraten hatten zuletzt ein Paket in Höhe von mehr als 2 Billionen
Dollar vorgelegt, zudem gibt es viele inhaltliche Streitpunkte.

US-Medien zufolge stieß der jüngste Vorschlag der Regierung auch bei
vielen Republikanern im Senat auf Ablehnung. Sie halten das Paket für
zu umfangreich. Eine Einigung vor der Wahl schien damit
unwahrscheinlich. Der US-Kongress hat seit März bereits
Konjunkturpakete in Höhe von rund drei Billionen Dollar auf den Weg
gebracht, was gut zehn Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht.