NRW-Großstädte verschärfen Corona-Regeln - Bund bietet Hilfe an

Die Corona-Zahlen steigen vor allem in den großen Städten in NRW
immer weiter. Köln, Essen und Düsseldorf verschärfen die Auflagen.
Darauf dringt auch der Bund und bietet zugleich Hilfe an.

Köln/Essen/Düsseldorf (dpa/lnw) - Mit schärferen Auflagen kämpfen
Nordrhein-Westfalens Großstädte gegen die immer höher steigenden
Corona-Infektionszahlen. In der größten NRW-Stadt Köln dürfen sich

künftig höchstens noch fünf Personen aus verschiedenen Haushalten in

der Öffentlichkeit treffen, wie Oberbürgermeisterin Henriette Reker
(parteilos) am Freitag sagte. Bisher waren es zehn. Im öffentlichen
Raum gilt zudem ab 22.00 Uhr ein Alkoholverbot, an den Wochenenden
darf an Hotspots kein Alkohol mehr verkauft werden. Köln führt in
Fußgängerzonen eine Maskenpflicht ein. Verschärfungen planen auch
Essen und die Landeshauptstadt Düsseldorf.

An der Entwicklung in den Ballungsräumen zeige sich, «ob wir die
Pandemie in Deutschland unter Kontrolle halten können oder ob uns die
Kontrolle entgleitet», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am
Freitag in Berlin nach einer Videokonferenz mit Spitzenvertretern der
elf größten deutschen Städte - darunter Köln, Düsseldorf, Dortmun
d
und Essen aus NRW. Die Kanzlerin drang auf schärfere Maßnahmen und
bot den Städten Hilfe durch Kräfte der Bundeswehr und des Robert
Koch-Instituts (RKI) an.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) forderte die
Kommunen zu verstärkten Kontrollen der Corona-Regeln auch bei
privaten Veranstaltungen auf. Laumann ließ sich am Freitag in einer
Schalte mit den Krisenstäben des Landes über die Corona-Lage in den
Kommunen informieren. Er habe dabei die Wichtigkeit der Einhaltung
der Coronaschutzverordnung betont, teilte das Ministerium mit. Den
Menschen müsse klar sein, dass Verstöße Konsequenzen nach sich
ziehen.

In Essen kündigte Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) nach der
Videokonferenz an, Hilfen durch Bundeswehrangehörige zu prüfen.
Sobald der kritische Corona-Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro
100 000 Einwohner überschritten werde, würden in Essen nur noch
Feiern mit maximal 25 (bisher 50) Personen erlaubt. Bereits ab elf
Teilnehmern müssten sie angemeldet werden. In Essen soll es dann eine
Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden wie Schulen geben.

Die Ruhrgebietsstadt lag am Freitag mit 48,2 noch knapp unter dem
Schwellenwert, könnte die Grenze aber schon am Wochenende erreichen,
sagte Kufen. Für Köln hatte das Landeszentrum Gesundheit (LZG) den
Wert am Freitag mit 49,8 angegeben.

Düsseldorf ordnete am Freitag eine sofortige Maskenpflicht in
öffentlichen Gebäuden, Schulen und Kitas an. Die Neuinfektionen
hatten mit 42,7 pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen den
Warnschwellenwert von 35 überschritten. In zwölf hoch frequentierten
Bereichen - darunter die Altstadt bis zum Hauptbahnhof - wird das
Tragen einer Maske empfohlen. Feiern außer Haus dürfen nur noch mit
maximal 50 Gäste stattfinden, es sei denn, die Behörde lässt auf
Grundlage eines Hygienekonzepts Ausnahmen zu. Ab einem Inzidenzwert
von 50 greift die zweite Stufe. Dann dürfen an Festen außer Haus nur
noch 25 Personen teilnehmen.

Einen massiven Corona-Anstieg gab es in Herne: Die Ruhrgebietsstadt
kam auf einen Wert von 56,2 (plus 22,4 im Vergleich zum Vortag) und
gilt damit jetzt als Risikogebiet. Solingen erreichte am Freitag
einen Schwellenwert von 50,9. Das Infektionsgeschehen sei «diffus»,
so die Stadt, es gebe keine Hotspots. «Die Menschen stecken sich
unter anderem in den Familien, bei privaten Feiern, in Sportvereinen
an.» Einen starken Anstieg auf die Schwellenzahl von 47 verzeichnete
auch Gelsenkirchen. «Der Skatabend, die Familienfeier zu Hause, der
Partykeller - da liegen die Probleme», sagte ein Gelsenkirchener
Stadtsprecher.

In Hamm, der Stadt mit der höchsten Corona-Inzidenzzahl in NRW
(74,5), müssen deshalb Feiern auch in privaten Räumen angemeldet
werden. «Am letzten Wochenende wurden 80 Veranstaltungen bei uns
angemeldet und genehmigt. Eine Handvoll mussten wir ablehnen», sagt
ein Stadtsprecher. Jede Veranstaltung mit mehr als 100 Menschen sei
kontrolliert worden, bei den anderen habe es Stichproben gegeben. Die
Stadt hatte nach einem Corona-Ausbruch nach einer Hochzeitsfeier die
Regeln verschärft. Anders als landesweit gelten diese auch für
Privaträume.

In ganz NRW steckten sich den LZG-Zahlen vom Freitag zufolge 28,6
Menschen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen mit dem
Coronavirus an, ein Plus von 1,6 im Vergleich zum Vortag. NRW hat
seit Tagen die höchsten Ansteckungsraten aller deutschen
Flächenländer.

Entscheidend für Beschränkungen des öffentlichen Lebens ist aber
nicht die landesweite Entwicklung, sondern die Lage vor Ort. Über der
wichtigen 50er Grenze bei den Neuansteckungen lagen den LZG-Zahlen
zufolge am Freitag neben Herne noch Hamm (74,5) und Remscheid (50,3).
Hagen, Wuppertal und Unna lagen knapp unter dem wichtigen Warnwert.

Die NRW-Corona-Schutzverordnung schreibt vor, dass Kreise und
kreisfreie Städte bei Überschreiten der 50er-Schwelle zwingend
Einschränkungen für das öffentliche Leben erlassen müssen. So
bestimmt die Landesregierung unter anderem, dass Feiern außer Haus
dann nur noch aus besonderem Anlass und mit höchsten 25 Teilnehmern
erlaubt sind.

Mehrere Städte und Kreise hatten bei Überschreiten der 50er-Marke
außerdem die Maskenpflicht im Schulunterricht wieder eingeführt, die
Teilnehmerzahl bei Veranstaltungen begrenzt oder bestimmt, dass sich
in der Öffentlichkeit nur noch Gruppen aus maximal fünf Menschen
treffen dürfen. Die Stadt Siegburg bei Bonn schickte alle
Schülerinnen und Schüler vorzeitig in die Herbstferien - wegen der
vielen neuen Corona-Fälle blieben dort am Freitag alle Schulen
geschlossen. Was im Einzelnen vor Ort und ab wann gilt, wird dabei
immer mehr zum Flickenteppich.