Risikogebiet Berlin - die Folgen werden immer sichtbarer

Die Infektionszahlen steigen - und das hat Konsequenzen. Wegen der
Corona-Krise dürfen Berliner nicht mehr in Brandenburger Hotels
übernachten. Die Charité bereitet sich auf weitere Covid-Patienten
vor.

Berlin (dpa/bb) - Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller
(SPD) will noch deutlich weitergehende Maßnahmen gegen die
Corona-Pandemie als derzeit nicht auszuschließen. «Zur Frage des
Lockdowns: Wie wäre die Konsequenz, wenn wir das nicht mitdenken? Wir
gucken, wenn es weiter nach oben geht mit den Zahlen, einfach zu?»,
sagte Müller am Freitag bei einer Pressekonferenz mit Vertretern der
Berliner Charité. «Es ist die Aufgabe von Politik, alle Varianten zu
durchdenken und dann natürlich auch auf Gefahren aufmerksam zu machen
oder zu sagen, was man auf jeden Fall vermeiden will.»

Müller appellierte insbesondere an die jüngeren Berlinerinnen und
Berliner, sich an die Regeln zu halten. Gerade auf sie komme es jetzt
an. Er richte deshalb einen dringenden Appell an die Community der
20- bis 40-Jährigen, zu erkennen, dass es nicht die Zeit für Feiern
sei, sagte Müller. Die steigenden Infektionszahlen seien insbesondere
mit Feiern in großen Gruppen und kleineren Feiern in geschlossenen
Räumen in Zusammenhang zu bringen.

Vor diesem Hintergrund sei es wichtig gewesen, etwa eine berlinweite
Sperrstunde einzuführen und die Kontrollen hochzufahren. «Ich weiß,
dass es eine bedrückende Situation ist, einen Rückschritt erleben zu
müssen», so der SPD-Politiker. Aber er bitte um Verständnis dafür.

«Wir sind wieder in der Situation, in der wir schnell sein müssen.»


Gegen die Sperrstunde sind allerdings mehrere Berliner Gastronomen
mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht vorgegangen. Mit einer
Entscheidung sei voraussichtlich in der kommenden Woche zu rechnen,
so das Gericht am Freitag.

Die steigenden Corona-Zahlen haben bereits Auswirkungen auf Berlins
Krankenhäuser: Sie zwingt etwa die Charité dazu, planbare Eingriffe
wie im Frühjahr wieder zu verschieben. «Wir müssen versuchen, die
Intensivbetten für Covid-Patienten frei zu bekommen», sagte
Vorstandsmitglied Ulrich Frei. Das sei keine leichte Aufgabe und
führe zu schwierigen ethischen Fragen, etwa im Umgang mit Herz- und
Tumorkranken. Auf den Intensivstationen liegen nach Freis Angaben
noch viele Patienten, deren Eingriffe und Untersuchungen nach der
ersten Corona-Welle vom Frühjahr nachgeholt wurden.

Erhebliche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auch auf
Berlinerinnen und Berliner, die in andere Bundesländer verreisen
wollen - selbst nach Brandenburg. Für sie gelte ein
Beherbergungsverbot, weil es mehr als 50 neue Ansteckungen pro
100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen gebe, teilte das
Gesundheitsministerium am Freitag in Potsdam mit.

Die Hauptstädter dürfen somit nicht mehr in Hotels, Pensionen oder
Ferienwohnungen im Umland übernachten. Berufspendler und
Tagesausflügler sind ausgenommen sowie Urlauber, die einen negativen
Corona-Test vorweisen können, der höchstens 48 Stunden vor Anreise
gemacht wurde. In Bayern gilt die Einstufung als innerdeutsches
Corona-Risikogebiet ab Samstag für die gesamte Stadt Berlin, nicht
mehr nur für einzelne Bezirke, wie ein Sprecher des
Gesundheitsministeriums am Freitag mitteilte.

Berlins Regierender Bürgermeister hat die Corona-Beschränkungen für
Urlaubsreisen in Deutschland kritisiert. «Diese Reisebeschränkungen
helfen aus meiner Sicht nicht», sagte Müller. Außerdem würden
«wahnsinnig viele personelle Kräfte und Testkapazitäten» gebunden -

mit Ergebnissen, «die man so zumindest auch nicht braucht jetzt zur
Pandemiebekämpfung». Er hoffe sehr, dass es wieder zu einem
einheitlichen Verfahren komme. Darüber solle auch gesprochen werden,
wenn die Ministerpräsidenten wieder zu Beratungen zusammenkommen, was
sich wohl schon für die nächste Woche abzeichne.