Nicht nur wegen Corona: Händewaschen nicht vergessen Von Irena Güttel, dpa

Zweimal Happy Birthday singen, dann sind die Hände gründlich
eingeseift. Das ist nicht nur zu Corona-Zeiten wichtig. Daran
erinnert jedes Jahr der Welttag des Händewaschens.

Nürnberg (dpa) - Hände nass machen, rundherum für mindestens 20
Sekunden einseifen, gründlich abwaschen, sorgfältig abtrocknen.
Dieses Ritual vollziehen wir viele Male am Tag - zurzeit besonders
intensiv. Es gab Zeiten, da hatte Händewaschen etwas beiläufiges, dem
man nicht viel Beachtung schenkte. Doch seit sich das Coronavirus
weltweit verbreitet, werden wir ständig an die richtige Handhygiene
erinnert: auf Aufklebern in öffentlichen Toiletten, in Arztpraxen,
Ämtern, Bussen, Bahnen, Schulen und Kitas.

Gefühlt wäscht man inzwischen ständig die Hände - auf jeden Fall tu
n
viele es häufiger, wie die Psychologin Stefanie Biehl und ihr Team
von der Universität Regensburg in einer Studie herausgefunden haben.
Darin sagten die meisten der 280 Befragten ab 18 Jahren auch, dass
sie ihre Hände vor allem dann waschen, wenn sie Kontakt zu anderen
Menschen oder zu Gegenständen wie Türklinken oder Aufzugknöpfen
hatten.

«70 Prozent gaben außerdem an, dass sie ihre Hände einfach so
häufiger gewaschen haben, weil sie das Gefühl hatten, sie müssten es

tun», sagte Biehl. Die Ergebnisse der Studie sind zwar nicht
repräsentativ, zeigen nach Ansicht von Biehl aber, dass es ein
stärkeres Bewusstsein für die Übertragung von Krankheitserregern üb
er
die Hände gibt.

Aber dieses Bewusstsein lässt der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (BZgA) momentan etwas nach. Im «Covid-19 Snapshot
Monitoring» («Cosmo») der Universität Erfurt, an dem die BZgA
beteiligt ist, gaben zu Anfang der Pandemie 87 Prozent der Befragten
an, ihre Hände immer oder häufig 20 Sekunden lang zu waschen. Im März

stieg der Anteil sogar auf 96 Prozent und sank dann in der
darauffolgenden Zeit ab. Anfang Oktober lag er bei 81 Prozent.

«Die Befragungsdaten deuten also darauf hin, dass die Aufmerksamkeit
für die Bedeutung des Händewaschens zunächst deutlich gestiegen ist,

im Verlauf der Coronavirus-Pandemie jedoch an Bedeutung verloren
hat», sagt BZgA-Leiterin Heidrun Thaiss. Dennoch sehe sie gute
Chancen, dass gründliche Händehygiene auch nach der Corona-Pandemie
in unserem Alltag als selbstverständlich empfunden werde.

Wie wichtig diese ist, darauf weist seit 2008 jedes Jahr am 15.
Oktober der Welttag des Händewaschens (Global Handwashing Day) hin.
Die Initiative Global Handwashing Partnership verweist darauf, dass
gründliches Händewaschen mit Seife Viren und Bakterien abtöten könn
e,
die Durchfall oder Atemwegserkrankungen auslösen.

Doch was macht das mit uns, wenn wir in Pandemiezeiten ständig unsere
Hände waschen? Entwickeln dadurch mehr Menschen einen Waschzwang?
Dass nun viele Menschen zwanghaft ihre Hände waschen werden, hält
Biehl für unwahrscheinlich. «Das ist eine sehr komplexe Erkrankung,
bei der viele Faktoren eine Rolle spielen, unter anderem auch
genetische», sagt die Expertin. «Wir hatten in der therapeutischen
Praxis den Eindruck, dass der Leidensdruck bei Zwangserkrankten nicht
sehr viel größer geworden zu sein scheint.»

Was sich allerdings schnell bemerkbar macht: Die Hände leiden unter
dem vielen Händewaschen - besonders wenn man klassische Seife und zu
warmes Wasser verwende, sagt der Dermatologie-Professor Erwin Schultz
vom Klinikum Nürnberg. «Die Lipide werden aus der Haut herausgelöst.
»
Dadurch könne es zu Ekzemen kommen: die Haut jucke, werde schuppig
und rissig.

Eine typische Berufskrankheit bei Ärztinnen und Ärzten,
Pflegepersonal und Friseurinnen und Friseuren, die Folgen haben
könne. «Die Haut ist dann geschädigt und ihre Barrierefunktion
geschwächt», erläutert Schultz. Dadurch steige das Risiko von
Kontaktallergien.