Skifahren im Corona-Jahr - Wo und wie wird das möglich sein? Von den dpa-Korrespondenten

Desinfizierte Gondeln, Multifunktionsschals zum Liftpass, Gäste-Login
per QR-Code: Der Skiurlaub wird in diesem Jahr anders als gewohnt. In
ganz Europa hoffen Betreiber, den Winter unter Corona-Bedingungen
Gästen so schmackhaft - und so sicher wie möglich zu machen.

Wien/Bern/München/Paris/Rom/Prag (dpa) - Trotz wieder steigender
Coronavirus-Zahlen dürften viele Menschen auf den Winterurlaub
hoffen. Die Skigebiete und Ferienregionen wollen ihr Möglichstes
dafür tun, dass Touristen trotz der Pandemie nicht ausbleiben.
Maskenpflicht, Abstand und Desinfektion bestimmen fast überall die
Vorsichtsmaßnahmen. Mancherorts wird auch auf Technologie gesetzt.

ÖSTERREICH: «Ski-Vergnügen ja, aber ohne Après-Ski», lautet die
Parole, die Österreichs Regierung ausgegeben hat. Essen und Getränke
gibt es nur im Sitzen, in Gondeln herrscht Maskenpflicht. Darüber
hinaus setzen Behörden, Tourismusverbände und Betreiber je
nach Bundesland und Skigebiet auf unterschiedliche Maßnahmen.
«Wintersportgebiete wie Ischgl sind im Zuge der Berichterstattung ein
Synonym für die Pandemie geworden. Das entspricht natürlich nicht der
Realität, aber trotzdem haben viele Menschen Vorbehalte, in diese
Gebiete zu reisen. Das nehmen wir sehr ernst», sagt der Direktor des
Tourismusverbands St. Anton am Arlberg, Martin Ebster.

Die Bandbreite an Maßnahmen ist groß: Ein Multifunktionstuch als
Mund-Nasen-Schutz gibt es in manchen Skiorten zu kaufen, anderswo
direkt zum Saisonpass. Beim Anstehen für Skilifts muss Abstand
eingehalten werden. Hotel- und auch Skigebietsmitarbeiter sollen
häufiger auf Corona getestet werden, teils soll täglich vor
Dienstantritt Fieber gemessen werden. Registrierung von Gästen und
Kontaktnachverfolgung sollen auch per Handy erfolgen. Manche Orte
wollen die Lage mit einem Abwassermonitoring im Blick behalten.

Mehrere Skigebiete garantieren beim Kauf der Saisonkarten
Erstattungen, falls es erneut zum Lockdown kommen sollte. Angst macht
allen Beteiligten, dass wegen der Reisewarnungen des Auswärtigen Amts
deutsche Touristen ausbleiben könnten - die machten in Tirol und
Vorarlberg zuletzt mehr als die Hälfte aller Übernachtungen aus.

DEUTSCHLAND: Deutschland spielt im alpinen Skitourismus keine große
Rolle. Denn auch die Skigebiete in den Bayerischen Alpen sind zu
klein, um mit der Konkurrenz in Österreich und der Schweiz mithalten
zu können - ganz zu schweigen von Mittelgebirgspisten in Schwarzwald,
Fichtelgebirge oder Sauerland. Tagesausflügler sind daher wichtig.

Mit Ministerien abgestimmte Hygienekonzepte gibt es noch nicht, aber
die Vorgaben für den Winter werden sich am Sommerbetrieb orientieren.
Das heißt Maskenpflicht für Gondeln und Lifte und Abstandsgebote.
Mehrere Skigebiete wollen zusätzliche Saisonkräfte zur Lenkung von
Besuchern einzustellen. Voraussichtlich nicht nur in Bayern wird eine
App zum «Gäste-Tracing» zum Einsatz kommen, deren Nutzung freiwillig

wäre und beim Nachverfolgen von Infektionsketten helfen könnte.

Im Schwarzwald blickt man auch mit Hoffnung auf die Saison. «Nach all
den coronabedingten Einschränkungen des Sommers erwarte ich, dass die
Gäste sich nach einem Schwarzwaldwinter sehnen wie schon lange nicht
mehr», sagt Adrian Probst, Vorsitzender des Liftverbunds Feldberg.

Liftkarten werde es nur online geben. Damit würden Schlangen vor
Schaltern vermieden - «und wir wissen genau, wie viele Leute an
welchem Tag zu uns kommen», heißt es. Wenn das Infektionsgeschehen es
erfordere, werde die Ticketzahl beschränkt. Neben Maskenpflicht und
Abstandsregeln soll es Stationen mit Desinfektionsspendern geben.
Personal soll sicherstellen, dass Maßnahmen eingehalten werden.

SCHWEIZ: Die Schweizer Wintersportregionen setzen auf Optimismus.
«Wir planen wie immer mit viel Vorfreude einen Winter mit einigen
Neuigkeiten», sagt Markus Meili, Geschäftsführer der Engadin St.
Moritz Mountains AG in Graubünden. In Zermatt am Fuß des Matterhorns
werden alle Bahnen geöffnet und Pisten beschneit. Zermatt Tourismus
hat eigens einen Schlauchschal entwickelt, der über die Nase gezogen
so gut wie jede Schutzmaske vor Viren schützen soll.

«Bei der Ausübung des Schneesports gibt es bis auf den
Mund-Nasen-Schutz in geschlossenen Transportmittel und den
Distanz-Regeln im Anstehbereich keine Veränderungen zu sonstigen
Wintern», sagt Meili. Simona Altwegg von Zermatt Tourismus sagt: «Auf
den Pisten ändert sich nichts, da man an der frischen Luft ist und
der Mindestabstand beim Skifahren sowieso gegeben ist.»

Bei den Jungfraubahnen im Berner Oberland mit den Skigebieten
Grindelwald, Wengen, Mürren sieht man auch kein Problem.
Maskenpflicht gelte in Zügen und Gondeln, zusätzlich könnten fast
überall die Fenster geöffnet werden. «Für die Skilifte und
Sesselbahnen wird keine Maskenpflicht herrschen», sagt Sprecherin
Kathrin Naegeli, da seien die Gäste ja an der frischen Luft, und die
Fahrzeit liege meist unter 15 Minuten. Ob beim Anstehen an Skiliften
Mund- und Nasenschutz nötig ist, dürften die Kantone noch festlegen.

Feiern nach dem Pistentag spiele in der Schweiz kaum eine Rolle,
heißt es. Für die Mehrheit der Gäste stünden das sportliche Skifahr
en
und die Gastronomie im Vordergrund, sagt Altwegg. Und Meili: Das
Oberengadin sei nicht bekannt für ausschweifenden Après-Ski. Dass die
Saison kein brummendes Geschäft wird, ist allen klar. Ein Einbruch
bei der Zahl ausländischer Gäste sei sehr wahrscheinlich, sagt die
Sprecherin von Schweiz Tourismus, Martina Bieler.

ITALIEN: In den italienischen Skigebieten laufen seit Wochen die
Vorbereitungen für die neue Saison. «Wir werden alle nötigen
Vorkehrungen treffen, damit der Ski- und Wintertourismus in Südtirol
auch in diesem Winter möglich ist», sagt der für Tourismus zuständi
ge
Landesrat in Südtirol, Arnold Schuler.

Zu den Vorsichtsmaßnahmen gehören das verpflichtende Tragen eines
Mund-Nasen-Schutzes in Seilbahnen und Abstandsregeln. Alle Gondeln
würden regelmäßig desinfiziert, Schutzabtrennungen installiert und
Taktfrequenzen von Skibussen erhöht. Besucher können Skipässe in
vielen Gebieten vorab online kaufen und in einer Ticketbox vor Ort
abholen. Auch Skischulen, Skiverleihe sowie Restaurants und Hotels
entwickeln nach Angaben der Behörden eigene Konzepte.

FRANKREICH: Frankreichs Wintersportgebiete haben teils ihre
Stornierungsbedingungen geändert. So können Reisende auch kurzfristig
absagen, wenn es die Corona-Lage nötig macht. Jeder Reisende sollte
vorher die Bedingungen prüfen. Das Wintersportgebiet Courchevel in
den französischen Alpen wirbt mit zwei Apotheken und drei
medizinischen Zentren, die den Winter über geöffnet sind.

Im nicht weit entfernten La Plagne wird betont, dass
Hygienevorschriften und ein schöner Skiurlaub sich nicht ausschließen
würden. Einige Unterkünfte böten einen Online-Check-In an, damit die

Wartezeit in Gemeinschaftsräumen verkürzt werde. Skipässe können bi
s
48 Stunden vor dem ersten Gültigkeitstag storniert werden. Es gebe
weiterhin Kinderbetreuung und Skikurse. Auch Helme könnten weiter
ausgeliehen werden, sie würden regelmäßig desinfiziert.

Eine Maske auf Sesselliften, in Warteschlangen oder in Gondeln ist in
den meisten Skigebieten Pflicht - so auch im Wintersportort Val
Thorens in der Region Auvergne-Rhône-Alpes. Generell werben die
Skigebiete damit, dass überall ausreichend Desinfektionsmittel
bereitstünden und Lifte regelmäßig gesäubert würden.

TSCHECHIEN: Traditionell sind die Skigebiete im Riesengebirge,
Erzgebirge, im Böhmerwald und in den Beskiden bei Touristen aus
Deutschland und Polen beliebt. Allerdings liegt Tschechien bei der
Zahl der Coronavirus-Neuinfektionen gemessen an der Bevölkerungszahl
inzwischen EU-weit an der Spitze (Stand 09. Oktober). Das Auswärtige
Amt hat eine Reisewarnung für Tschechien ausgesprochen.

Die tschechische Vereinigung der Skigebiete bereitet für die
Wintersaison einen Hygiene-Leitfaden vor. Dies geschehe in
Konsultation mit Gesundheitsämtern und dem Gesundheitsministerium in
Prag, sagt Verbandsleiter Libor Knot: «Sport und Bewegung an der
freien Luft ist eine der sichersten Aktivitäten.»

Einschränkungen wird es beim Après-Ski geben. Aktuell gilt in der
Gastronomie, dass jeder Gast einen Sitzplatz haben muss. Zudem dürfen
nicht mehr als sechs Leute an einem Tisch sitzen. Um 22.00 Uhr müssen
alle Gaststätten, Bars und Cafés schließen. «Wir bleiben optimistis
ch
- wenn das Wetter im Winter mitspielt, könnten wir mit dem Vorjahr
vergleichbare Besucherzahlen erreichen», sagt Knot.