Steigende Corona-Zahlen erschweren Urlaub auch im Inland

Vor ein paar Wochen konnte man noch recht problemlos seine
Herbstferien an der Ostsee oder in den Alpen planen. Für Reisende aus
Risikogebieten gestaltet sich das nun schwierig. Auch wenn die neuen
Regelverschärfungen schmerzen: Nicht alle finden sie falsch.

Berlin (dpa) - Die neu beschlossenen Beschränkungen für
Übernachtungen von Reisenden aus inländischen Risikogebieten stoßen
bei Politikern und Städtevertretern auf geteiltes Echo. «Wir wissen
ja spätestens seit den Sommerferien, dass Reisen insbesondere dazu
führen, dass Infektionsketten nicht mehr beherrschbar sein könnten»,

sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am
Mittwochabend in den ARD-«Tagesthemen». Der Deutsche Städtetag sprach

sich angesichts der «alarmierenden» Fallzahlen-Entwicklung sogar für

noch strengere Corona-Maßnahmen aus. Thüringens Landesregierung
betrachtet die neu beschlossenen Verschärfungen dagegen als unsinnig.

Die Bundesländer hatten am Mittwoch mehrheitlich beschlossen, dass
innerdeutsche Urlauber aus Risikogebieten nur dann beherbergt werden
dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen
Corona-Test vorweisen können. Greifen soll dies für Reisende aus
Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohnern binnen
sieben Tagen.

Fünf Länder gaben zu dem Beschluss aber abweichende Erklärungen ab.
Thüringen machte deutlich, dass es ein Beherbergungsverbot nicht
mittragen wolle, Berlin will zumindest nicht sofort einsteigen.
Niedersachsen und Bremen wollen prüfen. Mecklenburg-Vorpommern will
bei noch strengeren Quarantäneregeln bleiben. «Elf Länder sind jetzt

schon dabei, einige Länder haben auch noch Abstimmungsbedarf
innerhalb der Landesregierung, so dass ich schon die Hoffnung habe,
dass weitere Länder dazukommen», sagte Günther. Mit der nun
getroffenen Regelung sei die Lage schon deutlich übersichtlicher.

Zu den Unterstützern des Beschlusses zählt Bayern, hier gilt bereits
ab diesem Donnerstag ein Beherbergungsverbot für Reisende aus vier
Berliner Bezirken, aus Bremen sowie aus den Städten Hamm und
Remscheid in Nordrhein-Westfalen. Wer aus einem der innerdeutschen
Corona-Hotspots einreist und einen negativen Corona-Test vorweisen
kann, sei aber weiter willkommen, hieß es aus München.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kritisierte die
Regelung. Das Gesundheitsamt vor Ort müsse einschätzen, wie schlimm
die Lage tatsächlich sei, sagte er am Mittwochabend im ZDF-«heute
journal». So könne ein starker Ausbruch in einer Einrichtung die
Grenzwerte der ganzen Region nach oben treiben. «Deswegen kann man
nicht den Rest des ganzen Landkreises dafür in Haftung nehmen.» Auf
die Frage, ob das, was am Mittwoch beschlossen wurde, «Unsinn» sei,
sagte der Linken-Politiker: «Ja, das sag ich so.»

Der Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung, sprach sich
für die Einführung eines Stufenkonzepts mit noch härteren Regeln aus.

Ab einem kritischen Wert von 50 Infektionen auf 100 000 Einwohner
seien etwa Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen sinnvoll, sagte
Jung der «Rheinischen Post». «Auch die Maskenpflicht in Schulen
könnte dann eingeführt oder Besuchsmöglichkeiten in Alten- und
Pflegeheimen wieder beschränkt werden, damit Corona vor Ort nicht aus
dem Ruder läuft», betonte der Leipziger Oberbürgermeister. Eine
Maskenpflicht in Fußgängerzonen komme dann auch in Betracht, weil
sich dort viele Menschen auf dichtem Raum bewegen.

Allerdings rät Jung wie Ramelow zur Differenzierung der Maßnahmen, je
nachdem, wo die Infektionen herkämen. «Wenn ich beispielsweise
zahlreiche Infektionen in einem bestimmten Betrieb habe, ist eine
Maskenpflicht in der Fußgängerzone oder im Unterricht nicht zwingend.
Wenn das Infektionsgeschehen in den Pflegeeinrichtungen unauffällig
ist, muss ich nicht unbedingt Besuchsverbote aussprechen, auch wenn
die Sieben-Tage-Inzidenz über 50 liegt.»

Im gemeinsamen Beschlusspapier - bei dem die genannten fünf Länder
andere Erklärungen abgegeben hatten - steht unter anderem:

* Es wird festgestellt, dass dem Anstieg der Zahlen «konsequent
begegnet werden muss», vor allem um Wirtschaft, Schulen und Kitas am
Laufen zu halten.
* Bekräftigt werden vorangegangene Beschlüsse von Bund und Ländern

vom Mai, Juni und Juli und die entsprechende «Hotspot-Strategie», die
besagt, dass Beschränkungen erlassen werden, wenn in einem Kreis die
Anzahl der Corona-Neuinfektionen den Grenzwert von 50 pro 100 000
Einwohner in den vergangenen sieben Tagen übersteigt.
* Die Bürger werden aufgefordert, nicht erforderliche Reisen in
besonders betroffene Gebiete und aus diesen heraus zu vermeiden.
* Die Mehrzahl der Länder erklärt sich dazu bereit, zu regeln, dass
Touristen aus entsprechenden Gebieten nur dann in einem Hotel
untergebracht werden dürfen, wenn sie einen negativen Test vorlegen
können, der maximal zwei Tage alt ist. Solche «Freitestungen» für
Reisen sollen nur möglich sein, wenn genug Testmöglichkeiten
vorhanden sind. Tests zur Aufrechterhaltung etwa des Bildungswesens
haben Vorrang.

Bürger aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen müssen sich
im Herbst also bei Urlaubsreisen innerhalb Deutschlands auf
erhebliche Schwierigkeiten gefasst machen. Doch auch Reisen ins
Ausland sind alles andere als einfach. Nach einer Aktualisierung der
Liste mit Corona-Risikogebieten bleiben unter dem Strich nur noch
wenige Länder übrig, für die weder vor Reisen gewarnt noch von ihnen

abgeraten wird. Dazu zählen die beliebten Urlaubsländer Italien,
Griechenland, Zypern und Malta.

Die Bundesregierung erklärte am Mittwochabend ganz Rumänien,
Tunesien, Georgien und Jordanien sowie einzelne Regionen in sieben
EU-Ländern zu Risikogebieten. Zudem sind jetzt auch alle fünf
niederländischen Provinzen betroffen, die an Deutschland grenzen.
Erstmals wurden Teile der Slowakei zu Risikogebieten erklärt. In
Slowenien kam unter anderem die Hauptstadt Ljubljana hinzu, außerdem
Regionen in Kroatien, Ungarn, Litauen und Bulgarien. Das Auswärtige
Amt sprach für alle diese Gebiete auch eine Reisewarnung aus.