Kritik an Corona-Regeln in Frankfurt - Stadt nah an Warnstufe Rot

Sperrzeiten für die Gastronomie, Maskenpflicht auch auf der Zeil:
Frankfurt will die Zügel in der Corona-Pandemie zum Wochenende
spürbar anziehen. Nachbar Offenbach überschreitet unterdessen erneut
einen kritischen Wert bei den Infektionen.

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Die steigende Zahl von
Corona-Neuinfektionen zieht auch in Hessen zunehmend Konsequenzen
nach sich. Nachdem Frankfurt erneute Beschränkungen angekündigt hat,
erließ die Nachbarstadt Offenbach Regeln für private Treffen sowie
das Gastgewerbe und weitete die Maskenpflicht aus. Die für
Gaststätten in Frankfurt voraussichtlich von diesem Wochenende an
geltende Sperrstunde ab 22.00 Uhr stieß in der Branche auf scharfe
Kritik. Ein Überblick über die Situation:

- Bei den Corona-Neuinfektionen hat FRANKFURT am Mittwoch unter der
kritischen Zahl von 50 pro 100 000 Einwohnern in den vergangenen
sieben Tagen gelegen: die sogenannte Inzidenz, die als wichtiger Wert
für die Entwicklung der Pandemie gilt, betrug 46,3, wie das
Gesundheitsdezernat mitteilte. In der vergangenen Woche waren in
Frankfurt nach Angaben der Stadt insgesamt 365 Neuinfektionen
gemeldet worden, das ist der höchste Wochenwert seit Beginn der
Pandemie. Ab Freitag sollen in Einkaufspassagen und großen
Einkaufsstraßen wie der Zeil eine Maskenpflicht sowie voraussichtlich
bis Ende kommender Woche für Gaststätten eine Sperrstunde ab 22.00
Uhr eingeführt werden. Auf Plätzen, Straßen und Grünflächen gilt

Alkoholverbot.

- Die Sperrstunde stößt im GASTGEWERBE auf scharfe Kritik. Der
Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands
(Dehoga) Hessen, Julius Wagner, nannte die Regelung beim Radiosender
hr-iNFO einen «empfindlichen Angriff auf die Umsatzlage der ohnehin
schon angeschlagenen Gastronomie». Damit würden die Gastronomen in
Zwangshaft genommen, die die bisherigen Regeln ordnungsgemäß
umsetzten. Dabei handele es sich um die Mehrheit. «Das ist eigentlich
eine unsagbare Maßnahme», sagte Wagner. Die Ordnungsbehörden müsste
n
deutlich stärker durchgreifen und die bestehenden Regeln umsetzen.

- Die geplante Maskenpflicht auf großen Einkaufsstraßen stößt beim

Handelsverband Hessen-Süd auf ein geteiltes Echo. Einerseits sei dem
HANDEL die Situation bewusst. Andererseits komme die Regelung zu
einer Zeit, in der wegen der kühleren Witterung die Menschen gerade
wieder in die Stadt kämen, um sich mit warmer Kleidung zu versorgen.
Wichtig sei nun, dass die Stadt kommuniziere, dass Einkaufen weiter
möglich sei, sagte Hauptgeschäftsführer Silvio Zeizinger.

- OFFENBACH überschritt die Warnstufe Rot des Eskalationskonzepts des
Landes deutlich, die Stadt gab die Inzidenz am Mittwoch mit 56 an. Ab
dem Schwellenwert von 50 sind in Hessen zusätzliche Beschränkungen
des öffentlichen Lebens vorgesehen. Die Stadt verhängte Sperrzeiten
für Gastronomen ab 23.00 Uhr. Ab sofort dürften sich nur noch fünf
Menschen oder maximal Mitglieder zweier Haushalte im öffentlichen
Raum treffen, dies gelte auch für die Gastronomie. Besuche in Alten-
und Pflegeeinrichtungen wurden auf eine Stunde dreimal pro Woche
beschränkt. Bereits Ende August hatte Offenbach über dem Wert von 50
Neuinfektionen gelegen und als erste hessische Stadt wieder strengere
Kontaktbeschränkungen eingeführt.

- HESSENWEIT stieg am Mittwoch die Zahl der seit Beginn der Pandemie
bestätigten Covid-19-Fälle um 242 auf 20 355, wie das
Sozialministerium mitteilte. Die Zahl der Todesfälle, die mit
Covid-19 in Verbindung gebracht werden, blieb bei 556. Nach Angaben
des Sozialministeriums werden derzeit 328 Covid-19-Patienten im
Krankenhaus behandelt, davon müssen 65 Menschen auf Intensivstationen
beatmet werden. Derzeit gebe es 634 freie Betten mit Beatmungsgerät
in hessischen Krankenhäusern (Stand 11.00 Uhr). Hinter Frankfurt
liegt der Landkreis Groß-Gerau mit einer Inzidenz von 38,8.

- Nach einer privaten Feier mit Corona-Infektionen in MITTELHESSEN
laufen die Tests bei mehreren hundert Mitarbeitern eines
Design-Unternehmens. Man hoffe, am Donnerstag die Produktion
teilweise und mit den bis dahin negativ getesteten Beschäftigen
wieder anfahren zu können, sagte Pia Meier von der Geschäftsführung
am Mittwoch. Die Firma mit insgesamt 700 Mitarbeitern hatte wegen
mehrerer bestätigter Corona-Fälle vorübergehend ihre beiden Werke
geschlossen.

- Hessische Studierende haben bis zum 1. August mehr als 16 700
Anträge auf NOTHILFE gestellt. Wie aus einer Antwort des
Wissenschaftsministeriums auf eine FDP-Anfrage hervorgeht, wurden gut
38 Prozent abgelehnt. Demnach habe in vielen Fällen keine Notlage
vorgelegen, die durch Corona ausgelöst worden sei. Zudem seien
Unterlagen unvollständig oder unlesbar gewesen. Die Anträge werden
von den Studentenwerken in Marburg, Frankfurt, Gießen, Kassel und
Darmstadt bearbeitet.