Krankenhausschwund hält an und der Kampf der Kliniken ums Geld auch

Die Finanzlage der Krankenhäuser im Südwesten geriet während der
Corona-Krise ins Schlingern: Patienten blieben weg, Schutzmaterial
musste angeschafft und Betten für Coronapatienten frei gehalten
werden. Damit keine Schieflagen entstehen, fließt Geld.

Stuttgart (dpa/lsw) - Der Krankenhausschwund in Baden-Württemberg
hält an und die Sorge der verbliebenen Kliniken ums Geld lässt nicht
nach. Nach Auskunft des Sozialministeriums wurden in den vergangenen
zehn Jahren 30 Krankenhäuser geschlossen. Von ehemals 236 (2011) gab
es zum Stichtag 1.1.2020 noch 206 Kliniken. Das geht aus einer
Antwort auf eine Anfrage der Landtags-AfD an das Ministerium hervor.
In vielen Krankenhäusern brachen durch die Corona-Pandemie zudem
Einnahmen weg und die Kosten stiegen. Das Defizit ist laut
Sozialministerium hauptsächlich durch weniger Patienten und durch
Mehraufwendungen je Covid-19-Fall und Tag bedingt.

Dafür erhielten die Kliniken Geld vom Bund: Bis heute sind laut einem
Sprecher des Sozialministeriums 936 Millionen an Krankenhäuser in
Baden-Württemberg geflossen. Doch dies reichte nicht überall aus, um
Defizite auszugleichen und Schieflagen zu vermeiden. «Die
Krankenhäuser des Landes haben daher insbesondere zum Ausgleich der
besonderen organisatorischen, personellen und ausrüstungsmäßigen
Mehrbelastungen sowie auch zum Ausgleich coronabedingter
Investitionen zusätzliche Landeshilfen im Umfang von bis zu 210
Millionen Euro erhalten.»

Die Bundespolitik muss nach Angaben des Landkreistags einsehen, dass
die Lohnkosten im Südwesten deutlich höher liegen als in anderen
Bundesländern. «Und dies muss endlich bei den bundesrechtlichen
Vorgaben für die Krankenhausfinanzierung berücksichtigt werden»,
sagte Verbands-Hauptgeschäftsführer Alexis von Komorowski. Wenn in
dem Bundesland mit der geringsten Bettendichte und einer anerkannt
vorausschauenden Fortentwicklung der Klinikstrukturen bereits vor der
Corona-Krise mehr als die Hälfte der Kliniken rote Zahlen schrieben,
dann liege der Fehler eindeutig im System.

Verdi hält es für richtig, dass Kompetenzen im Gesundheitsbereich
gebündelt werden. In einer alternden Gesellschaft dürften die
Patienten nach der Schließung von Kliniken aber nicht allein gelassen
werden. Primärversorgungszentren mit vier bis fünf Betten und einer
ambulanten Versorgung für Notfälle wären hier eine Lösung.

Mussten die Krankenhäuser am Anfang der Pandemie 35 Prozent ihrer
Intensiv- und Beatmungsplätze für Covid-19-Fälle frei halten, sind es

jetzt weniger, um wieder mehr Platz für andere Patienten zu schaffen.
Die bisherige Freihaltequote wurde wegen der aktuell geringen
Belegung auf zehn Prozent reduziert.

Die Corona-Krise hat laut Sozialminister Manne Lucha (Grüne) gezeigt,
dass sich der Weg der Konzentration und Schwerpunktbildung bewährt
hat. «Benötigt wurden aufgrund der Erfahrungen in anderen Ländern zum

einen hoch spezialisierte Intensiv- und Beatmungsplätze. Diese wurden
überwiegend an den großen medizinischen und mittelgroßen
Krankenhausstandorten vorgehalten und ausgebaut», erklärte Lucha.

Die Konzentration wird sich nach Einschätzung des Sozialministeriums
fortsetzen. So werden die Krankenhausstandorte in Lörrach,
Rheinfelden, Schopfheim und das St. Elisabethen-Krankenhaus Lörrach
mit der Fertigstellung eines Zentralklinikums nicht mehr
weiterbetrieben. Mit dem Neubau des Zentralklinikums soll 2021
begonnen werden. Der Krankenhausträger geht davon aus, dass der
Neubau frühestens 2025 den Betrieb aufnehmen kann. Außerdem werden
die Standorte Böblingen und Sindelfingen aufgegeben, wenn die
«Flugfeldklinik» in Böblingen ihren Betrieb aufnimmt; dies ist
ebenfalls bis 2025 geplant.

Auch im Ortenaukreis finden derzeit weitreichende
Umstrukturierungsprozesse statt. Die Kliniken in Ettenheim, Kehl,
Gengenbach und Oberkirch sollen bis 2030 geschlossen werden; der
Standort Ebertplatz in Offenburg fällt ebenfalls weg. Dafür sind
große Klinikneubauten in Offenburg und Achern geplant und der
Klinikstandort Lahr wird in größeren Umfang saniert und erweitert.
Innerhalb des Klinikverbundes Medizincampus Bodensee wird es
gleichfalls Veränderungen geben. Der Standort «Krankenhaus 14
Nothelfer» in Weingarten wird zukünftig keine stationäre Versorgung
mehr vorhalten.