Krankmeldungen nehmen während Corona-Krise deutlich ab

Die Arbeitnehmer in Deutschland fallen seltener wegen Krankheiten
aus. Das liegt an der Pandemie. Doch in den Zahlen verbirgt sich auch
ein Anlass zur Sorge.

Berlin (dpa) - Während der Corona-Krise haben sich nach Angaben der
AOK deutlich weniger Arbeitnehmer krank gemeldet als in den
Vorjahren. Vor allem zwischen Mai und August sank die Zahl der
Krankmeldungen teilweise deutlich, wie eine Auswertung des
Wissenschaftlichen Instituts (Wido) der Krankenkasse ergibt, die der
Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte die «Welt am Sonntag»
darüber berichtet. Demnach lagen auch bei der Techniker Krankenkasse
(TK) die Krankmeldungen auf einem «unterdurchschnittlichen Niveau».

Der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, vermutet mehrere
Gründe hinter dem Rückgang. «Zum einen dürften viele Beschäftigte

Arztpraxen aus Angst vor Ansteckung meiden», sagte er. «Zum anderen
ist es wahrscheinlich, dass die Pandemie das Infektionsrisiko
insgesamt eher absenkt.» Mehr Menschen arbeiteten im Homeoffice,
dadurch sinke das Ansteckungsrisiko auf dem Arbeitsweg und im Büro.
Außerdem würden Arbeitnehmer bei leichten Erkrankungen wie einer
Erkältung eher im Homeoffice bleiben und auf eine Krankschreibung
verzichten.

Litsch verwies darauf, dass es seit Mai deutlich weniger
Krankschreibungen aufgrund von «Akuten Infektionen der oberen
Atemwege» gegeben habe. «Offensichtlich wurde die Empfehlung ernst
genommen, auch bei leichten Erkältungssymptomen das Büro zu meiden.»

Und bereits vor der Pandemie sei die Tendenz erkennbar gewesen, «dass
Beschäftigte im Homeoffice generell weniger Fehltage aufweisen».
Litsch warnte aber, dass die Möglichkeit zur Heimarbeit die Tendenz
fördere, trotz Erkrankung zu arbeiten. «Wer krank ist, sollte in
jedem Fall beruflich pausieren. Halbkrank gibt es nicht», sagte er.

Dem Wido zufolge betrug der Krankenstand im Mai 4,4 Prozent, nach 5,2
Prozent im Vorjahresmonat und 4,7 Prozent im Mai 2018. Im Juni
meldeten sich 4,5 Prozent krank (2019: 4,8, 2018: 5,0 Prozent), im
Juli 4,8 Prozent (2019: 5,0, 2018: 4,9 Prozent) und im August 4,4
Prozent (2018 und 2019 je 4,7 Prozent). Laut «WamS» deuten auch
Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums auf diesen Trend hin. Einer
monatlichen Stichprobe zufolge seien in den ersten neun Monaten 4,22
Prozent der Beschäftigten krankgeschrieben gewesen, das sei der
niedrigste Neun-Monats-Wert seit 2017.

Die Zahl der Krankschreibungen ging laut Wido bei Männern wie bei
Frauen teils deutlich zurück. So waren etwa im Mai 4,4 Prozent der
männlichen Beschäftigten krankgeschrieben sowie 4,5 Prozent der
weiblichen. Im Vorjahresmonat waren es noch 5,1 Prozent der Männer
und 5,3 Prozent der Frauen.