Vatikan stellt neue Enzyklika «Fratelli tutti» vor

Großer Rahmen für ein Rundschreiben: Papst Franziskus hat in der
Corona-Phase eine neue Sozial-Enzyklika über ein besseres
Zusammenleben verfasst. Wegen des Titels der Schrift «Fratelli tutti»
gab es anfangs Unmut.

Rom (dpa) - Nach gut fünf Jahren Pause gibt es eine neue Enzyklika
von Papst Franziskus. Das Grundsatzpapier beschäftigt sich mit der
Gerechtigkeit in der Welt und dem Zusammenhalt der Menschen. Der
Vatikan stellt die neue Sozial-Enzyklika am Sonntagmittag in Rom vor.

Das katholische Kirchenoberhaupt hatte das Dokument am Samstag in der
italienischen Pilgerstadt Assisi in Umbrien nach einer Messe
unterschrieben. Es ist das dritte derartige Lehrschreiben von
Franziskus seit seinem Amtsantritt 2013. Auch die Folgen der
Corona-Pandemie dürften in dem Rundschreiben eine Rolle spielen. Die
Enzyklika trägt den italienischen Titel «Fratelli tutti».

Der 83-jährige Papst reiste für die Unterschrift am Samstag extra aus
dem Vatikan in die Geburts- und Sterbestadt seines Namensgebers, des
heiligen Franz von Assisi. Mit der symbolischen Geste unterstrich er
den Stellenwert der Enzyklika. Es war die erste Reise des
Argentiniers seit dem Beginn der Corona-Pandemie. Der Kirchenstaat
hatte im März aus Vorsicht die Reisetätigkeit des Papstes gestoppt.
Ein Sprecher der Franziskaner in Assisi sprach von einem
«historischen Moment» für die Ordensgemeinschaft.

Eine Enzyklika ist eine zentrale Botschaft an die katholischen
Gläubigen und an die Kirchenoberen. Der Inhalt soll Sonntag nach dem
Angelus-Gebet des Papstes, das um 12.00 Uhr beginnt, vom Vatikan
publiziert werden.

Mit dem Gesamttext von «Fratelli tutti» wird auch bekannt werden, wie
der Titel in andere Sprachen übersetzt wurde. Er war bei der ersten
Ankündigung provisorisch als eine Ansprache an «Alle Brüder» ins
Deutsche übertragen worden. Das hatte schnell für Unmut bei Frauen in
der Kirche gesorgt. Sie fühlten sich nicht einbezogen.
Kirchenexperten verwiesen darauf, dass die Worte auf den
mittelalterlichen Heiligen Franz von Assisi zurückgingen. Dieser wie
auch der Papst hätten eigentlich «eine universale
Geschwisterlichkeit» im Blick, schrieb das katholische Medienportal
«Vatican News».

Außerdem erwarten Experten, dass der Papst in dem Schreiben viele
seiner Reden und Gedanken der jüngeren Zeit aufgreift. ««Fratelli
tutti» bietet eine Zusammenfassung von vielem, was der Papst in den
vergangenen Monaten an verstreuter Stelle gesagt und geschrieben
hat», erläuterte Gudrun Sailer von «Vatican News».

Sie verwies auf das Thema des Dialogs zwischen den Religionen. Der
Papst dürfte für die Enzyklika ein Dokument dazu von 2019 («Die
Brüderlichkeit aller Menschen - Für ein friedliches Zusammenleben in
der Welt») neu beleben. Franziskus hatte es im Februar 2019 zusammen
mit dem Großimam von Kairo, Ahmad Mohammad Al-Tayyeb, in Abu Dhabi
unterzeichnet. Dieser ist ein hoher islamischer Würdenträger.

Franziskus hat seit seinem Antritt im März 2013 bisher zwei
Enzykliken verfasst: 2013 («Lumen fidei - Licht des Glaubens») und
2015 («Laudato si - Über die Sorge für das gemeinsame Haus»). Seine

«Umwelt-Enzyklika» vor fünf Jahren war international als Aufruf zum
Umdenken im Klimaschutz viel beachtet worden.