Darth Vader und die Katze: Falsche Daten erschweren Corona-Verfolgung Von Martin Fischer, dpa

Es erinnert an die Infektionen in österreichischen Après-Ski-Bars: In
einer Hamburger Bar arbeiten Corona-Infizierte hinterm Tresen.
Hunderte Gäste müssen mit einer Infektion rechnen und in Quarantäne.

Doch nicht alle lassen sich ermitteln.

Hamburg (dpa) - Darth Vader, bitte melden. Was zunächst lustig
klingt, bringt das Dilemma der Hamburger Gesundheitsbehörden bei der
Nachverfolgung eines Corona-Ausbruchs auf den Punkt: Viele Besucher
einer Bar im beim Partyvolk beliebten Schanzenviertel haben sich
nicht mit richtigem Namen und Telefonnummer in die Kontaktlisten
eingetragen und sich stattdessen dort als Lucky Luke oder eben Darth
Vader verewigt - vielleicht nur aus Spaß. Doch nun ist es passiert.
Gleich mehrere Bedienungen in der stets gut besuchten «Katze» sind
Corona-positiv. Rund 600 Gäste könnten sich angesteckt haben. Von
etwa 100 fehlen den Behörden die echten Kontaktdaten.

Es erinnert ein wenig an die Hüttengaudi in den österreichischen
Wintersportorten ganz zu Beginn der Pandemie. Oder an den jüngsten
Fall in Garmisch-Partenkirchen, wo eine mit dem Coronavirus
Infizierte noch eine Kneipentour unternommen hatte und nach aktuellem
Stand bis zu 30 Personen angesteckt haben könnte.

Auch in der Schanze wird regelmäßig ausgelassen gefeiert. Der Alkohol
fließt in Strömen. So stark, dass die Behörden den Außerhausverkauf

dort schon seit Anfang August in den Wochenendnächten verbieten, um
enthemmtes Gedränge ohne Abstand zu vermeiden. Die «Katze» ist
angesagt. Regelmäßig stehen die Feierwütigen dicht an dicht in und
vor der Bar.

Weil der relativ kleine Gastraum schwer zu belüften sei und wohl auch
die Mindestabstände nicht immer eingehalten worden seien, müsse man
von einem hohen Infektionsrisiko ausgehen, sagt der Sprecher der in
Hamburg für die Gesundheit zuständigen Sozialbehörde, Martin
Helfrich. 500 Gäste hätten die Gesundheitsämter bereits kontaktiert.

Die meisten seien nun in zweiwöchiger Quarantäne.

Konkret gehe es um die Abende und Nächte des 5., 8. und 9. September,
als die infizierten Bedienungen hinterm Tresen standen - ohne Maske.
Dies sei generell zulässig, wenn der Mindestabstand gewährleistet
sei, sagt er. Im Fall «Katze» werde jedoch geprüft, ob das
Hygienekonzept eingehalten wurde.

In Quarantäne müsse jeder, der als sogenannte «Kontaktperson eins»

eingestuft werde. Da in der Bar Infizierte gearbeitet hätten, seien
dies alle Gäste, die den Innenraum der «Katze» an den fraglichen
Tagen nach 19.00 Uhr betreten hätten. «Ich gehe davon aus, dass der
überwiegende Teil als Kontaktperson eins eingestuft wird und in
Quarantäne gehen muss», sagt Helfrich. Die rund 100 Gäste mit
ungeklärter Identität rief er auf, sich zu melden.

«Dass sich viele Gäste nicht mit richtigem Namen eintragen, ist doch
bekannt», sagt eine Bedienung aus einer benachbarten Bar am
Schulterblatt. «Da hätten die Behörden mal kontrollieren müssen.»
Den
Bedienungen und Barbetreibern sei dies nicht zuzumuten. Weiter äußern
will sich die Frau nicht. «Es geht ja auch um die Solidarität hier in
der Schanze.»

In Hamburg wird für Gastronomen ein Bußgeld fällig, wenn sie nicht
dafür sorgen, dass sich ihre Gäste in die Corona-Kontaktlisten
eintragen. Für den Wahrheitsgehalt der Angaben sind sie allerdings
nicht verantwortlich zu machen. Auch sei es schwierig, Bar- oder
Restaurantbesucher zu belangen, wenn sie falsche Angaben machen, sagt
Helfrich. Ein solches Verhalten sein einfach nur «dumm».

In Berlin müssen Darth Vader & Co. hingegen künftig mit Bußgeldern
zwischen 50 und 500 Euro rechnen. So will der dortige Senat
verhindern, dass Gäste die sogenannte Dokumentationspflicht auf die
leichte Schulter nehmen und zum Beispiel falsche oder unvollständige
Angaben machen.

Er finde ein solches Verhalten «einfach nur verantwortungslos», sagt
der 23-Jährige Marley, der mit drei Freunden aus dem nahen Elmshorn
zum «Cornern» in die Schanze gekommen ist und nun auf den Bierbänken

vor der geschlossenen «Katze» sitzt. Der Betreiber hatte die Bar von
sich aus dicht gemacht, nachdem den Behörden am vergangenen
Wochenende die ersten Corona-Fälle bekannt geworden waren. «Wir bauen
für Euch um» steht nebst Herz auf den nun zugeklebten Scheiben.

Die Vier aus Elmshorn trinken Whiskey-Cola aus Dosen, die sie im
Kiosk auf der anderen Straßenseite gekauft haben. Corona bereite
ihnen schon Sorge, sagen sie. Deshalb seien sie in den letzten
Monaten auch selten zum Feiern nach Hamburg gekommen. Jetzt hätten
sie sich bewusst für einen Wochentag entschieden, «weil es jetzt
Alkohol zu kaufen gibt».

Die Kontaktlisten nehme er aber ernst, sagte Marley. Bedenken
hinsichtlich des Datenschutzes, wie andere sie ins Feld führen, oder
gar wegen des von Corona-Leugnern immer wieder ins Feld geführten
«Überwachungs- und Bevormundungsstaats» kommen ihm dabei nicht. «Wi
r
tragen ja schließlich auch Verantwortung für unsere Familien.»

Bei Altonas Bezirksamtschefin Stefanie von Berg rennt der junge Mann
aus Schleswig-Holstein damit offene Türen ein. Die Grünen-Politikerin
hofft auf die Einsicht des Kontaktdatenmuffels und offenkundigen
Star-Wars-Fans und twittert. ««Darth Vader» mit falscher
Telefonnummer kann nicht kontaktiert werden. #Corona Bitte beim
Gesundheitsamt Altona melden!»