«Schön, datte hier bist» - Merkels Visite in NRW - Lob für Laschet Von Dorothea Hülsmeier, dpa
Ellbogen-Gruß, Abstand und kein großes Aufheben: Ein Arbeitsbesuch
sollte Merkels Visite beim NRW-Kabinett sein. Am Ende ist die
Kanzlerin voll des Lobes für Ministerpräsident Armin Laschet. Das
dürfte ihm Auftrieb im Kampf um CDU-Vorsitz und Kanzlerschaft geben.
Düsseldorf (dpa) - Es braucht kein Gold und keinen Spiegelsaal,
sondern nur ein Wort: «Rüstzeug», sagt Kanzlerin Angela Merkel (CDU
)
unter der Glaskuppel des herrschaftlichen Ständehauses in Düsseldorf.
Gerade hat Merkel zum ersten Mal an einer Sitzung des
nordrhein-westfälischen Landeskabinetts teilgenommen. Nun steht sie
neben Ministerpräsident Armin Laschet in dem ehemaligen
Landtagsgebäude, in dem einst Konrad Adenauer, als er schon
Bundeskanzler war, noch Landtagsabgeordneter war.
Merkel spricht Laschet ein für ihre Verhältnisse wohl größtmöglic
hes
Lob aus, als sie danach gefragt wird, ob der CDU-Vize das Zeug zum
Kanzler hätte. «Wenn Sie das größte Bundesland der Bundesrepublik
Deutschland regieren, in einer Koalition CDU-FDP, die effizient
arbeitet, die nicht durch besonders viel Streitereien auffällt, dann
ist das zumindest ein Rüstzeug, das durchaus Gewicht hat.» Aber sie
wolle sich ja nicht einmischen in die Angelegenheiten der Partei,
sagt sie verschmitzt. «Als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen
bringt er viele Qualifikationen mit sich.»
Für Laschet, dessen Beliebtheitswerte in der Corona-Pandemie
abgestürzt sind, weil er als «Lockerer» im Krisenmanagement gilt, ist
das Lob Merkels wichtig. Der oft unterschätzte Aachener kämpft im
Dezember gegen Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und
Außenpolitiker Norbert Röttgen um den CDU-Bundesvorsitz. Damit gilt
Laschet auch als potenzieller Kanzlerkandidat der Union. Aber in
Umfragen ist Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder bisher der
heimliche künftige Kanzler, obwohl dieser offiziell gar keinen
Anspruch darauf angemeldet hat.
Während Söder Merkel Mitte Juli mit Kutsch- und Dampferfahrt auf
Schloss Herrenchiemsee empfing, hält es Laschet betont schlicht und
nüchtern. Das sei eine «Arbeitssitzung» gewesen, sagt er, bevor er
mit Merkel ins Ruhrgebiet zur Zeche Zollverein fährt. Das Kabinett
tagt auf der weitläufigen Piazza des zu einem modernen Kunstmuseum
umfunktionierten Ständehauses. In mehr als 20 Meter Höhe hängt ein
begehbares spektakuläres Stahlnetz des Künstlers Tomás Saraceno.
Auf Zollverein, der einst weltgrößten Kohlezeche, fahren Laschet und
Merkel die lange Rolltreppe hoch, die zum Eingang des Ruhrmuseums
führt. Fotos werden vor der Kulisse des imposanten
Doppelbock-Fördergerüsts gemacht. Herzlich im besten Ruhrpott-Dialekt
grüßt ein buntes Graffiti auf dem riesigen Zechengelände die
Kanzlerin: «Hömma, schön datte hier bist!!!» (Hör mal, schön, d
ass du
hier bist)
Auch wenn die Atmosphäre entspannt ist, so treiben die wieder
steigenden Corona-Infektionszahlen Merkel und Laschet Sorgenfalten
ins Gesicht. Und beide sind sich einig: Wenn die Infektionszahlen
sinken, sollten die Freiheitsbeschränkungen zurückgefahren werden,
wenn sie steigen, seien schärfere Maßnahmen nötig.
«Wir wollen erst mal alles daran setzen, unter den jetzigen
Bedingungen das Infektionsgeschehen im Zaum zu halten», sagt Merkel.
Damit meine sie, «dass sehr konsequent die Regeln durchgesetzt werden
müssen». Und wieder lobt sie - diesmal das Corona-Krisenmanagement
der NRW-Landesregierung.
Sie findet die Maskenpflicht in NRW im Unterricht an Schulen für die
nächsten Wochen «sehr konsequent». Sicher sei die Maske ein Handicap.
«Aber das ist allemal besser, als wenn wir dann nach zwei Wochen
sagen, wir haben so viel Vorfälle in Schulen, dass wir das Schulleben
doch nicht aufrecht erhalten können.» NRW als einwohnerstärkstes
Bundesland mit dicht besiedelten Regionen stehe im Kampf gegen Corona
vor «gewaltigen Aufgaben». Und nebenbei bekommt noch
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ein dickes Lob ab.
«Laumann macht das exzellent.»
Auch für Laschets kürzliche Reise nach Griechenland und in die
Flüchtlingslager auf Lesbos dankt Merkel ausdrücklich. Da sei es
nicht um «Vergnügliches oder Sehenswertes» gegangen, «sondern um de
n
Kern europäischer Werte». NRW zeige immer wieder die humanitäre
Bereitschaft für die Aufnahme von Flüchtlingen. Sie habe sich im
Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft «sehr unterstützt gefüh
lt
in unserer Agenda».
Am Ende wird Merkel dann wieder ganz diplomatisch. «Glücklicherweise
bin ich ein Mensch, der sich an ganz verschiedenen Dingen freuen
kann», sagt sie mit Blick auf die so unterschiedlichen Empfänge für
sie von Söder in Bayern und Laschet in NRW. «Aber sie geben
jedenfalls den Einblick, dass man auf ganz unterschiedliche Weise es
sehr schön machen kann. Und spannend und interessant.» Laschet hat da
schon ein breites Lachen im Gesicht.
Dass Merkel aus Laschets Hand als Gastgeschenk eine Luftaufnahme
Templins aus dem Jahr 1929 vom NRW-Kabinett bekommt, ist das kleine
I-Tüpfelchen dieses Besuchs. Merkel ist in der Stadt in der Uckermark
zu DDR-Zeiten aufgewachsen. Laschet: «Man sieht darauf auch die
Kirche, wo Sie konfirmiert wurden.»
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