Vier Rostocker Schüler und drei Lehrer in Ludwigslust infiziert

Wenige Tage nach dem Schulstart wurden in Mecklenburg-Vorpommern zwei
Schulen wegen Corona-Infektionen vorsorglich geschlossen. Nun sind
auch Schüler einer Rostocker Schule betroffen. Dort soll es am Montag
aber Unterricht geben.

Ludwigslust/Schwerin/Rostock (dpa/mv) - Der Schulstart unter
Pandemiebedingungen droht für Mecklenburg-Vorpommern schwieriger zu
werden als erhofft. Am Sonntagabend gab das Gesundheitsamt in Rostock
bekannt, dass bei vier schulpflichtigen Kindern einer Rostocker
Familie Corona-Infektionen festgestellt wurden, nachdem sie von einem
Auslandsaufenthalt zurückgekommen waren. Während Tests bei der
Einreise nach Deutschland zunächst negative Befunde geliefert hätten,
seien bei Nachkontrollen wegen der Infektion eines erwachsenen
Familienmitglieds dann doch Ansteckungen mit dem Virus zutage
getreten, hieß es.

Für die gesamte Familie sei eine zweiwöchige Quarantäne angeordnet
worden, die auch auf Mitschüler der Kinder und Lehrer an der
Rostocker Borwinschule ausgedehnt wurde. Insgesamt seien 67 Personen
betroffen. Für Donnerstag angesetzte Tests sollen Erkenntnisse über
mögliche weitere Ansteckungen liefern. «Nach derzeitigen
wissenschaftlichen Erkenntnissen ist es höchst unwahrscheinlich, dass
sich die Infektion am Donnerstag und Freitag ausgebreitet hat, da die
Schülerinnen und Schüler symptomfrei sind», erklärte Sozialsenator

Steffen Bockhahn (Linke).

Die Corona-Infektion am Ludwigsluster Gymnasium hat unterdessen
größere Ausmaße als zunächst angenommen. Neben der Lehrerin, deren

Infektion am Freitag zu der vorübergehenden Schließung der 800
Schüler zählenden Schule geführt hatte, wurden zwei weitere Pädagog
en
positiv auf das neuartige Virus getestet. «Damit greift jetzt die
nächste Stufe», sagte Landrat Stefan Sternberg (SPD).

Ihm zufolge gehen am Montag die Tests weiter. So werde das 55-köpfige
Schulpersonal - Lehrer, Sekretärin, Hausmeister - nochmals auf den
Erreger getestet. Auch von den 205 Schülern, die seit dem Schulstart
vor einer Woche Kontakt zu den infizierten Lehrern hatten, sollen
Abstriche genommen werden. Sie wurden inzwischen von der zuständigen
Behörde in Quarantäne geschickt. Eltern und Geschwister seien von der
Quarantäneregelung nicht betroffen, hieß es.

Die Testergebnisse werden laut Sternberg für Dienstag erwartet.
Danach werde entschieden, wann die Schule wieder öffnet. Vorerst war
der Präsenzunterricht bis einschließlich Mittwoch generell ausgesetzt
worden. Der Unterricht werde aber für alle Schüler gewährleistet,
versicherte Sternberg. Die Schule stelle auf das Lernen zu Hause am
Computer um.

Neben dem Gymnasium in Ludwigslust war am Freitag vorsorglich auch
die Ostsee-Grundschule in Graal-Müritz (Landkreis Rostock)
geschlossen worden. Dort war bei einem Schüler eine Corona-Infektion
festgestellt worden. Die Schule bleibt für zwei Wochen zu, wie der
Landkreis mitteilte. Alle Kinder, Lehrer und sonstigen
Schulmitarbeiter wurden in Quarantäne geschickt. Bei den bisherigen
Tests unter den 137 Schülern und Lehrern seien keine positiven
Befunde registriert worden, hieß es.

Der Unterricht in Mecklenburg-Vorpommern hatte erst vor einer Woche
am Montag wieder begonnen. Das Bundesland war als erstes nach den
sechswöchigen Sommerferien in das neue Schuljahr gestartet.

Während der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter
Meidinger, nach den Schulschließungen in MV schärfere
Hygienemaßnahmen für Schulen in Deutschland forderte, zeigte sich der
Rostocker Tropenmediziner Emil Reisinger mit den bisherigen Vorgaben
zufrieden. Die zum Schulanfang beschlossenen Hygienemaßnahmen seien
ausreichend. Dazu gehöre auch die Maskenpflicht an Schulen mit
Ausnahme des Unterrichts, die allerdings umstritten ist.

Der Ärzteverband Marburger Bund hält die Rückkehr zum Regelbetrieb an

Schulen für richtig. «Die Schule ist eine Großveranstaltung - aber
eine, die wir uns leisten müssen», sagte Verbandschefin Susanne
Johna. Dafür sei es wichtig, Corona-Regeln gut festzulegen und dazu
gehöre eine Strategie zum regelmäßigen Belüften der Räume, die au
ch
im Herbst und Winter durchzuhalten sei. Sinnvoll seien auch Masken
auf dem Schulhof gerade in engeren Bereichen. Während des Unterrichts
halte sie dies aber nicht für angebracht, sagte Johna.

Kritik an der Politik kam vom Bundeselternrat, der eine unzureichende
Vorbereitung des Schulstarts beklagte. «Es ist ärgerlich, dass die
Kultusminister das so lässig angegangen sind und die Sommerferien
nicht dafür genutzt haben, einen verlässlichen Unterricht auch in
Corona-Zeiten vernünftig vorzubereiten», sagte der Vorsitzende
Stephan Wassmuth der «Welt» (Samstag). Schon seit Wochen habe man
dafür plädiert, Klassen zu teilen, um im Falle eines Ausbruchs nur
wenige Schüler in Quarantäne schicken zu müssen. Die Schulen seien zu

schnell und unvorsichtig geöffnet worden.

In Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Gesamtzahl der registrierten
Corona-Infektionen über das Wochenende um 9 auf nun 939 erhöht. Der
Anstieg fiel damit deutlich geringer aus als am Freitag, als mit 21
Neuinfektionen der höchste tägliche Zuwachs seit Anfang April
verzeichnet worden war. Die vier Schüler aus Rostock waren noch nicht
in die Statistik aufgenommen worden.

Wie aus den Daten des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lagus)
hervorgeht, gab es bis dahin die meisten Neuinfektionen am Wochenende
mit drei erneut im Landkreis Ludwigslust-Parchim, darunter auch die
beiden Lehrer. Zwei neue Fälle wurden für den Landkreis
Vorpommern-Greifswald registriert, jeweils einer für
Vorpommern-Rügen, die Mecklenburgische Seenplatte, den Landkreis
Rostock und Schwerin.

Die Zahl der im Nordosten bislang im Zusammenhang mit einer
Covid-19-Erkrankung gestorbenen Menschen blieb bei 20. Als genesen
gelten - ohne Berücksichtigung der Dunkelziffer - nunmehr 832 der
Infizierten. 126 Menschen wurden den Angaben zufolge bislang wegen
Covid-19 in Krankenhäusern behandelt. Die Zahl der Behandelten auf
Intensivstationen lag weiter bei 21. Mit 58 Infektionen je 100 000
Einwohner ist Mecklenburg-Vorpommern unverändert das Bundesland mit
der geringsten Infektionsrate. Im Bundesdurchschnitt ist sie fünf Mal
so hoch.