Elend statt Prunk - Laschet besucht Flüchtlingslager Von Dorothea Hülsmeier und Ruppert Mayr, dpa
Es läuft nicht gut für Armin Laschet - wenn es nach den Umfragen
geht. Die Konkurrenz mit Markus Söder lässt seine Beliebtheitswerte
sinken. Ein besonderes Reiseziel soll Laschet aus der Defensive
bringen.
Berlin/Düsseldorf (dpa) - Der eine inszeniert sich königlich im
bayerischen Prunkschloss, der andere will Flüchtlingslager auf Lesbos
besuchen. Gegensätzlicher könnten die Schauplätze im offiziell nie
erklärten Konkurrenzkampf zwischen Markus Söder und Armin Laschet
nicht sein. Der bayerische CSU-Ministerpräsident hielt vor gut zwei
Wochen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an der Seite im prächtigen
Schloss Herrenchiemsee Hof. Der nordrhein-westfälische
CDU-Ministerpräsident sucht direkt nach der Rückkehr aus seinem vom
Corona-Krisenmanagement überschatteten Sommerurlaub am Bodensee die
Flüchtlingscamps auf der Insel Lesbos auf.
Laschet, der CDU-Bundesvorsitzender werden will und damit auch
Ambitionen auf die Kanzlerschaft hat, dürfte bei seiner Reise nach
Griechenland in den kommenden Tagen die mediale Aufmerksamkeit gewiss
sein. Söder und Laschet - in der politischen Sommerpause wird der
Kampf um die Kanzlerschaft und Nachfolge Merkels auf diese beiden
Politiker zugespitzt. Obwohl Söder offiziell gar keine Ambitionen auf
die Kanzlerschaft angemeldet hat und immer wiederholt, sein Platz sei
in Bayern, liegt er in Umfragen weit vor Laschet.
Für diesen ist der Weg noch voller Hürden. Zunächst einmal muss er im
Dezember bei der Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden seine Konkurrenten
Friedrich Merz und Norbert Röttgen besiegen. Und dann ist da noch
Gesundheitsminister Jens Spahn, mit dem Laschet im Team für den
CDU-Vorsitz antreten will. Ob diese Aufstellung bis Dezember hält,
darüber wird umso mehr spekuliert, je mehr Söder in der Corona-Krise
an Statur gewinnt.
Mit der Reise nach Griechenland könnte Laschet mit einem anderen
Thema als Corona wieder in die Offensive kommen. Der geplante Besuch
von Flüchtlingslagern auf Lesbos ist auch ein Signal: In
Corona-Zeiten sollen die Menschen dort nicht vergessen werden. Das
passt zu Laschet, dem ehemaligen NRW-Integrationsminister, der auch
gern auf außenpolitischer Bühne steht und in der Flüchtlingskrise
fest an der Seite Merkels stand.
«Der entschlossene Kampf zur Bewältigung der Corona-Pandemie
entbindet uns nicht von unserer Verantwortung auch in der
Flüchtlingskrise.» Und: «Es ist geboten und unsere humanitäre
Verantwortung, hier endlich Lösungen zu finden und den Menschen zu
helfen», betont Laschet in einer Zeit, in der Deutschland vor allem
mit seinen eigenen Problemen in der Pandemie beschäftigt scheint.
Die Hilfe ist bereits angelaufen: Insgesamt sollen laut Plänen des
Bundes und der Länder bis Ende August 928 Schutzsuchende von den
griechischen Inseln nach Deutschland geholt werden. NRW nimmt in den
nächsten Wochen 220 kranke Kinder und ihre engsten
Familienangehörigen auf.
Ob das Thema Flüchtlinge Laschet nutzen wird, ist offen. «Moralisch
gesehen ist es interessant, das so zu machen», sagt der Düsseldorfer
Politologe Stefan Marschall. «Aber er ist im Wahlkampf. Da wird es
anders eingeordnet.» Am 13. September sind in Nordrhein-Westfalen
zudem Kommunalwahlen. «Aber das wird keinen davon abhalten, in dieser
Wahl auch einen Hinweis auf die Kanzler- und
Parteivorsitzenden-Fähigkeit von Armin Laschet zu sehen», sagt
Marschall.
In Umfragen scheint Laschet derzeit abgeschrieben zu sein. Ein Tausch
mit Spahn bei der Bewerbung um den CDU-Vorsitz ist eines der
Szenarien - dann könnte die Union mit Söder als Kanzlerkandidat in
den Wahlkampf ziehen, wird spekuliert. Einige wollen Laschet denn
auch auf das Bundespräsidentenamt wegloben, eine äußerst unsichere
Option für ihn.
Spahn, der Laschet am Bodensee besucht hatte, werde die Entscheidung,
mit diesem ein Team zu bilden, durchziehen, heißt es. Er suche keinen
Weg raus. Das würde ihm auch den Vorwurf der Illoyalität einbringen.
Und im Übrigen müssten sich die Delegierten beim CDU-Parteitag im
Dezember in Stuttgart fragen, ob ihrem neuen Vorsitzenden, wenn der
denn dann Spahn hieße, wirklich nur die Rolle eines Steigbügelhalters
für den Kanzlerkandidaten Söder von der CSU zukommen solle. Eine
sensible Frage, nachdem CSU-Ikone Franz Josef Strauß und Edmund
Stoiber als Kanzlerkandidaten der Union scheiterten.
Dass Laschet zugunsten Spahns auf den CDU-Vorsitz verzichtet, gilt
ohnehin als wenig plausibel, wäre er dann doch auch als
NRW-Ministerpräsident angeschlagen. Laschet wirkt trotz der
schlechten Umfragewerte ziemlich selbstbewusst. Sein
Corona-Krisenmanagement in NRW war zwar begleitet von zahlreichen
Kommunikationspannen, aber das bevölkerungsreichste Bundesland kam
besser durch die Krise als viele andere Länder, voran Bayern.
Nach den Zahlen des Robert Koch-Instituts (Stand 1. August) lag
Bayern bei 391 Corona-Fällen pro 100 000 Einwohnern, NRW bei 274
Fällen. Inzwischen heißt es bei der CSU, eigentlich haben ja alle
einen guten Job gemacht in der Corona-Krise, jeder auf seine Weise.
Das Ergebnis für Deutschland insgesamt könne sich ja sehen lassen.
Laschet muss aber auch auf seinen parteiinternen Konkurrenten Merz
aufpassen. Der liegt nämlich in Umfragen auch noch vor ihm. Und
solange sich Söder und Laschet zanken, reibt sich dieser die Hände.
Denn Merz weiß auch, wenn sich die beiden Ministerpräsidenten der
größten Bundesländer von Anfang an zusammengetan hätten, wäre er
schon längst aus dem Rennen um den CDU-Vorsitz. So aber läuft Söder
Gefahr, dass, wenn es mit Spahn nicht klappt, er einen
CDU-Vorsitzenden bekommt, den er gerade nicht haben wollte.
Im Herbst dürfte es auch um neue Themen gehen: Wie kommt die
Wirtschaft wieder auf die Beine? Wie kann Arbeitslosigkeit bekämpft
werden? Wie kann man den Haushalt wieder in den Griff bekommen? Vor
diesem Hintergrund steht die Wahl zum CDU-Vorsitz an. Und erst danach
stellt sich die Frage, wer sichert im Herbst 2021 die Kanzlerschaft
für die Union. Das ist eine neue Runde, und die CDU hat das
Vorschlagsrecht.
«Es gibt gute Gründe, warum die CSU nie den Kanzler gestellt hat»,
sagte Söder der «Bild am Sonntag». Einer dürfte sein, dass der
CSU-Chef, sollte er tatsächlich Kanzler werden, über die vollen vier
Jahre im Amt jederzeit auf die Unterstützung der größeren,
selbstbewussten Schwesterpartei CDU zählen können müsste.
Söder tritt inzwischen etwas auf die Bremse. Man müsse nicht
unbedingt schon im Januar den Kanzlerkandidaten nominieren, im März
geht es auch noch, sagte er der «Bild am Sonntag» und ähnlich im
ARD-«Sommerinterview». «Ein zu langer Wahlkampf neben einer aktiven
Kanzlerin ist wenig sinnvoll.» Die in der Krise wieder erstarkte
Merkel könnte zu lange Schatten auf den Kandidaten werfen.
Angesichts von derzeit 38 Prozent in den Umfragen für die Union
scheint die Möglichkeit für den Unionskandidaten, nach 16 Jahren
Kanzlerschaft von Merkel dieser direkt nachfolgen zu können, so groß
wie selten zuvor. Doch Söder warnte in der ARD: «Jeder der glaubt,
mit diesen Umfragewerten ins Kanzleramt zu surfen, der muss sich noch
genau überlegen, wie es weitergeht» - bis zum Herbst 2021.
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