Kreuzfahrt-Branche fährt auf Sicht - Erste Schiffe wieder unterwegs Von Eckart Gienke, dpa
Die krisengebeutelte Kreuzfahrt-Branche versucht mit Kurztrips, sich
ein wenig Liquidität zu verschaffen. Die Zukunft der Branche ist
ungewiss, so lange der weitere Verlauf der Corona-Krise unberechenbar
bleibt.
Hamburg (dpa) - Mit 1200 Passagieren legt das Tui-Schiff «Mein Schiff
2» am Freitagabend in Hamburg ab. Die Touristen starten zu einer
dreitägigen Mini-Kreuzfahrt bis zum frühen Montagmorgen, es geht über
die Nordsee in Richtung Norwegen. Ein Landgang für die Passagiere ist
nicht geplant; dafür enge Einschränkungen für Hygiene und Sicherheit
an Bord. Die Passagiere haben viel Platz: Das Schiff ist für 2900
Fahrgäste ausgelegt. Ob sich das für die Reederei Tui Cruises am Ende
wirtschaftlich rechnet, ist fraglich. Sie bekommt aber immerhin ein
wenig Liquidität in die Kasse.
So wie Tui Cruises wagen sich nach monatelanger Zwangspause auch
andere große Kreuzfahrtreedereien wieder an den Markt. Am 5. August
soll die «AIDAperla» von Hamburg zu ihrer ersten Reise nach der
Corona-Pause ablegen, am 12. August in Rostock die «AIDAmar» und am
16. August in Kiel die «AIDAblu». Die Reederei Hurtigruten mit ihren
deutlich kleineren Schiffen ist bereits seit Juni wieder aktiv und
bietet sogar zweiwöchige Touren entlang der norwegischen Küste bis
zum Nordkap an - allerdings ebenfalls ohne Landgang.
Auch Hapag-Lloyd Cruises schickt die luxuriöse «Europa 2» und die
kleinere «Hanseatic Inspiration» wieder auf kurze Touren. Ähnlich
verhalten sich Kreuzfahrt-Reedereien rund um die Welt. Überall gilt
an Bord ein strenges Hygiene-Konzept mit den üblichen Regeln. Die
Crewmitglieder sollen untereinander und zu den Gästen den
Mindestabstand von 1,50 Metern einhalten oder Gesichtsmasken tragen.
Die Buffetrestaurants werden nur bei einigen Anbietern geöffnet sein,
aber die Gäste haben nicht selbst Zugang zu den Speisen, sondern
diese werden ihnen angereicht. Bevor die Passagiere an Bord gehen,
müssen sie einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen und ihre Temperatur
messen lassen.
Experten bezweifeln, dass dieses Konzept längerfristig trägt. Die
Kreuzfahrt-Reedereien erwirtschaften ihren Gewinn nicht nur mit dem
Preis für die Passage, sondern ebenso aus Gastronomie, Boutiquen und
weiteren Angeboten an Bord sowie den Arrangements bei Landgängen. All
das fällt um mehrere Nummern kleiner aus, wenn kaum mehr als die
Hälfte der kalkulierten Passagiere an Bord sein darf. Die Kosten
hingegen sind ähnlich hoch wie bei einem voll besetzten Schiff, auch
wenn weniger Service-Mitarbeiter und weniger Nahrungsmittel an Bord
gebraucht werden.
Die notwendigen Mitarbeiter werden gerade zu ihren Einsatzorten
gebracht - getestet und nach einer vorsorglichen Quarantäne. Tui
Cruises musste einen ersten Termin für «Mein Schiff 1» ab Kiel
absagen, weil die Belegschaft noch nicht komplett war. Für Aida sind
schon drei Flugzeuge aus Asien mit 750 erfahrenen Mitarbeitern
gelandet. Doch zehn von ihnen wurden positiv auf das Corona-Virus
getestet. Die Rekrutierung der Crews ist für die Reedereien
logistisch nicht einfach, weil auch der internationale Luftverkehr
längst noch nicht wieder rund läuft.
Die Zukunft der Branche bleibt ungewiss, so lange die Corona-Gefahr
nicht gebannt ist. «Wir fahren auf Sicht», heißt es bei Tui Cruises.
Mit der britischen Firma South Quay Travel, die in Deutschland unter
dem Namen Transocean Kreuzfahrten operiert, hat bereits ein Anbieter
Insolvenz angemeldet. Alle Reisen wurden abgesagt.
Die großen Konzerne wie die US-amerikanische Carnival-Gruppe, zu der
auch Aida gehört, Royal Caribbean und Norwegian Cruise Line hatten
ein dickes Finanzpolster und verfügen bei den Banken noch über
Kreditmöglichkeiten. Doch nun haben sie viele Milliarden Dollar
verloren und ihre Aktienkurse sind auf ein Viertel
zusammengeschrumpft im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Investitionen
in neue Schiffe sind gestoppt und ältere Schiffe könnten stillgelegt
werden. Für die deutschen Werften, die stark auf das Geschäft mit den
Kreuzfahrt-Reedereien angewiesen sind, ist diese Situation
bedrohlich.
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.