Ein Leben mit sehr großen Namen - Frido Mann wird 80 Von Ute Wessels, dpa

Dieser Stammbaum wirft einen gewaltigen Schatten: Großvater Thomas
Mann, Großonkel Heinrich Mann, die Onkel Golo und Klaus Mann und der
Schwiegervater Werner Heisenberg. Nachfahre Frido Mann hat sich von
dem Schatten nicht erdrücken lassen und eine eigene Karriere gemacht.

München (dpa) - Frido Mann ist weit mehr als der Lieblingsenkel des
Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann: Psychologie-Professor,
promovierter Theologe, studierter Musiker, Schriftsteller und
Sprecher der Familie. Über seine Frau Christine ist er zudem intensiv
mit der Physik in Berührung gekommen - sie ist eine Tochter des
Nobelpreisträgers Werner Heisenberg. Nun fügt Frido Mann, der am 31.
Juli 80 Jahre alt wird, seinem ungewöhnlichen Leben ein neues Kapitel
hinzu: als Vortragsreisender in Sachen Demokratie und politische
Bildung.

Erste Vorträge an Universitäten und Schulen in Kalifornien, Colorado,
Oregon sowie an der US-Ostküste in Boston und Washington hat Frido
Mann im Herbst und Winter 2019 bereits gehalten. Ein neues Buch zum
Thema ist in Arbeit. Den Anstoß dazu hatte der Kauf der früheren
Thomas-Mann-Villa in Kalifornien durch die Bundesregierung im Jahr
2016 gegeben, wie Mann im Interview erzählt. Der war zeitlich nahezu
mit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten zusammengefallen.

Im Jahr 2018 wurde das Thomas-Mann-Haus als Begegnungsstätte für
Stipendiaten eröffnet, die sich auf wissenschaftlicher Ebene mit dem
transatlantischen, interkulturellen Dialog befassen. Dieses Konzept
hatte Frido Mann sofort überzeugt. «Das ist mein Ding.» Den Dialog
suchen und pflegen sei das, was er sein Leben lang gemacht habe.

Politisch interessiert sei er ohnehin gewesen, allein wegen der
Exilerfahrung seiner Eltern und Großeltern während des
Nationalsozialismus. Nun diskutiert er mit Studenten. Allerdings will
er nicht über seine Vergangenheit sprechen, sondern über aktuelle
Themen. Demokratiegeschichte, Populismus, Verschwörungstheorien,
Radikalisierung und nationalistische Abschottung seien Themen, die
viele junge Menschen beschäftigten oder gar ängstigten.

«Jetzt, wo die Welt wackelt - und wo es dringend notwendig ist, dass
in den USA mit der Wahl der Spuk endlich aufhört, und wo sich auch
hier einiges tun muss - ist es an der Zeit, seine eigenen Kräfte zu
nutzen», sagt Mann. Und weil er neben der deutschen die amerikanische
Staatsbürgerschaft besitzt - überdies die schweizerische und die
tschechische - finde er auch in den USA Gehör. «Ich kann es mir
erlauben, den Amerikanern kritisch den Spiegel vorzuhalten. Ich bin
selbst Amerikaner. Insofern ist es auch Selbstkritik.»

Mit seinen Vorträgen zur Demokratie ist Frido Mann im Geiste seines
Großvaters unterwegs, der ihn geprägt hat und dessen Werk eben auch
ein politisches ist - etwa im «Zauberberg», insbesondere aber in den
Essays. Letztere sind für den Enkel die wichtigsten Schriften Thomas
Manns (1875-1955). Mit dessen politischem Verständnis befasst sich
zurzeit im Literaturhaus München die Ausstellung «Democracy will
win!».

Thomas und Katia Manns ehemalige Villa bei Los Angeles ist für Frido
das Haus seiner Kindheit. Hier wuchs er - zusammen mit seinem Bruder
Toni - zeitweise bei seinen Großeltern auf und lebte später bei ihnen
in deren Haus bei Zürich. Eine glückliche Zeit, wie er in seiner
Autobiographie «Achterbahn» (2008) schildert. Fotografien zeigen ihn
als Knirps mit seinem berühmten Opa. Der schreibt in seinen
Tagebüchern warmherzig über den Enkel.

Dass ihn Thomas Mann in seinem Alterswerk «Doktor Faustus» (1947)
ausgerechnet als Vorbild für die Figur des kleinen Nepomuk nimmt -
der einen qualvollen Tod erleidet - trifft den Enkel später umso
tiefer. Sein halbes Leben lang habe er sich deswegen geweigert, die
Bücher Thomas Manns zu lesen, schreibt er in seiner Autobiographie.

In Zürich und Rom absolviert Mann ein Musikstudium, dann studiert er
in München Theologie und Philosophie. Dort schreibt er eine Arbeit
über das dialogische Prinzip bei Martin Buber. Nach der Promotion
studiert er Psychologie und promoviert in Münster. Hier legt er den
Schwerpunkt auf Gesprächspsychotherapie. «Wieder der Dialog», sagt
er. Dieser zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben.

Nach der Habilitation in Leipzig hängt Mann in Münster einige
Semester Medizin dran, ehe er nach Stationen als Klinikpsychologe in
Gütersloh sowie als Dozent in Leipzig und Prag an der Uni Münster
Direktor des Institutes für Medizinische Psychologie wird. Parallel
verarbeitet er seine geradezu überbordende Familiengeschichte
literarisch, unter anderem in dem Roman «Professor Parsifal» (1985).

Mit interreligiösen Fragen befasst sich der Roman «Babylon» (2007).
Frido Mann war in Kalifornien auf Wunsch seines Großvaters in der
unitarischen Kirche getauft worden, später zum Katholizisimus
konvertiert und 2009 aus der katholischen Kirche ausgetreten. 2013
erscheint «Vom Versagen der Religion. Betrachtungen eines Gläubigen»

und 2017 das Sachbuch «Es werde Licht» zur Quantenphysik - verfasst
mit seiner Frau Christine.

Das Paar lebt in München und hat einen 1968 geborenen Sohn und drei
Enkel. Für diese spiele die Familiengeschichte immer weniger eine
Rolle, sagt Frido Mann - ganz anders als bei ihm, der eine enge,
persönliche Bindung zu Thomas und Katia Mann hatte. «Da bin ich so
etwas wie der letzte Mohikaner.»

Lange Zeit habe er die Bürde des Namens verleugnet. «Ich habe mehrere
Schritte gemacht, und jeder war ein Schritt heraus aus der Familie.
Aber je mehr ich raus ging, desto mehr konnte ich die Familie
annehmen - ohne nur ein Anhängsel zu sein. Ich mache ja auch etwas.»
Heute empfindet Mann seine Familiengeschichte als großen Schatz.

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