CSU will Kanzlerfrage vertagen - SPD-Linke möchte Scholz begleiten Von Jörg Blank und Anne-Beatrice Clasmann, dpa
Hofft Söder vielleicht insgeheim, dass Merz und Laschet wegen
schwacher Beliebtheitswerte aufgeben? Oder gilt in der Frage der
Kanzlerkandidatur tatsächlich sein Satz «Mein Platz ist in Bayern»?
Die SPD-Linke will sich nun wohl doch mit Scholz arrangieren.
Berlin (dpa) - Während sich CSU-Chef Markus Söder im Glanz seiner
hervorragenden Umfragewerte sonnt, stehen die potenziellen
Kanzlerkandidaten von der CDU im Schatten von Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU). CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt will aber
verhindern, dass die Frage, wer 2021 als Spitzenkandidat der Union in
den Bundestagswahlkampf zieht, von den Schwesterparteien jetzt schon
öffentlich debattiert wird.
In der SPD zeichnet sich derweil ein Sinneswandel ab. Auch frühere
Rivalen und Kritiker von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) erkennen
an, dass er sich als Krisenmanager in der Corona-Pandemie in die
Pole-Position gebracht hat.
«Ich rate dazu, jetzt keine langanhaltende Diskussion über
Personalfragen zu führen», sagte Dobrindt der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin. «Die Union sollte nicht den Fehler machen,
den uns die SPD im letzten Jahr im Detail vorgeführt hat. Nämlich
sich monatelang mit sich selbst zu beschäftigen, während die Bürger
Antworten auf die Zukunft unseres Landes erwarten.»
Er wolle die Diskussion über die Frage, wer Kanzlerkandidat der Union
werden solle, nicht mit eigenen Vorschlägen befeuern, sagte Dobrindt.
«Aber klar ist doch, dass man bei Entscheidungen über eine
Kanzlerkandidatur sich immer mit den Elementen Kompetenz, Zustimmung
und Chancen auseinandersetzen wird.» Nach diesen Gesichtspunkten
«entscheidet sich am Schluss, mit wem CDU und CSU in eine
Wahlauseinandersetzung für die Bundestagswahl 2021 gehen werden. Aber
die Debatte muss zur richtigen Zeit geführt werden und nicht jetzt».
In Umfragen schneidet der bayerische Ministerpräsident Söder derzeit
viel besser ab als CDU-Politiker, die sich als mögliche
Kanzlerkandidaten in Stellung gebracht haben. Söder hätte nach einer
Forsa-Umfrage derzeit beste Chancen auf die Kanzlerschaft, wenn der
Regierungschef direkt gewählt würde. Gegen denkbare Kandidaten von
SPD und Grünen wie Scholz und Grünen-Chef Robert Habeck könnte unter
den abgefragten potenziellen Unionskandidaten nur er sich
durchsetzen, ergab das neue RTL/ntv-Trendbarometer.
So läge Söder nach der Befragung gegen Scholz mit 40 zu 26 Prozent
vorne und gegen Habeck mit 46 zu 24 Prozent. Müsste Scholz hingegen
gegen Friedrich Merz (CDU) antreten, käme er auf 37 Prozent, Merz nur
auf 20. Gegen Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Armin Laschet
(CDU) würde Scholz demnach sogar 39 Prozent der Bürger für sich
gewinnen, Laschet nur 15. Habeck könnte gegen Merz den Angaben
zufolge mit 31 zu 26 Prozent punkten, gegen Laschet mit 30 zu 21
Prozent.
Söder, der in der Corona-Krise schon länger gute Umfragewerte hat,
hatte vor einer Woche im «Tagesspiegel» erklärt, der künftige
Unions-Kanzlerkandidat müsse sich bei der Pandemie-Bewältigung
bewiesen haben. Kurz darauf machte er dann aber erneut deutlich:
«Mein Platz ist immer in Bayern.»
In der Union wird hinter den Kulissen diskutiert, ob es im Team
Laschet-Spahn noch einen Rollentausch geben könnte - und
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an Stelle von Laschet als
CDU-Chef kandidieren sollte. Hintergrund sind Laschets sinkende
Beliebtheitswerte. Nach Spahn oder dem CDU-Außenpolitiker Norbert
Röttgen, der wie Merz und Laschet für den CDU-Vorsitz kandidiert,
hatten die Meinungsforscher von Forsa nicht gefragt. Wenn am Sonntag
Bundestagswahl wäre, läge die Union jüngsten Umfrage mit 38 bis 39
Prozent vorn, gefolgt von den Grünen.
Auch die SPD hat sich noch nicht festgelegt, wenngleich Beobachter
vermuten, dass die Kanzlerkandidatur auf Vizekanzler Scholz zulaufen
dürfte - trotz seiner Niederlage im Wettbewerb um den Parteivorsitz
im November. Einige Spitzenfunktionäre der SPD betonen allerdings
schon jetzt, dass Scholz das dann nicht im Alleingang machen dürfte.
Auf die Frage, wen die beiden Parteivorsitzenden als
Kanzlerkandidaten der SPD vorschlagen werden, sagte Norbert
Walter-Borjans der «Welt am Sonntag»: «Ich sage nicht zum ersten Mal,
dass Olaf Scholz durchaus eine ernst zu nehmende Option ist.» Die
Co-Vorsitzende Saskia Esken betonte, Sozialdemokraten seien
Teamplayer. Deshalb komme es besonders darauf an, einen Kandidaten
oder eine Kandidatin zu finden, «der oder die diesen Weg mit uns
gemeinsam geht, und das nicht nur im Wahlkampf, sondern auch danach».
Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Ralf Stegner sagte der «Welt»
(Samstag), es solle sich um eine Mannschaft handeln, die Scholz
«sowohl hinsichtlich des politischen Spektrums ergänzt als auch
hinsichtlich des Temperaments, mit dem Politik betrieben wird».
Scholz gilt im Gegensatz zu Stegner als ruhig und eher wortkarg.
Es könne nicht der Weg der SPD sein, «einen Wahlkampf zu führen, bei
dem sich die Menschen fragen, in welcher Partei der Spitzenkandidat
eigentlich ist», warnte der Parteilinke Stegner. «Ego-Geschichten
funktionieren nicht.»
Die SPD liegt in Umfragen derzeit bei 15 bis 16 Prozent. Stegner
sieht trotzdem gute Chancen. Die Zahlen der Union seien
«Merkel-Zahlen», sagte er. Die Kanzlerin trete bei der Bundestagswahl
2021 aber nicht mehr an - «Olaf Scholz schon.» Laut «Politbarometer
»
trauen 64 Prozent der Bürger Söder das Amt des Kanzlers zu. Scholz
ist in den Augen von 48 Prozent der Befragten dafür geeignet.
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