Corona global: Wie ein Virus die Welt verändert Von Carola Frentzen und den dpa-Korrespondenten

Rekordzahlen in den USA, zweite Welle in Israel, regionale Lockdowns
in Urlaubsländern wie Spanien und im australischen Melbourne: Das
Coronavirus wütet weiter. Aber es gibt auch gute Nachrichten.

Berlin (dpa) - Die Menschen erleben weltweit gerade ein Wechselbad
der Gefühle: Während viele Staaten wie die USA und Brasilien mit
verheerenden Corona-Rekordwerten kämpfen und über andere Regionen
bereits eine zweite Virus-Welle hinwegzieht, sind einige Inseln etwa
im Südpazifik bislang gänzlich von der Pandemie verschont geblieben.
Ein Überblick über Erfolge und Schlappen im Kampf gegen das
Coronavirus.

DIE GUTEN NACHRICHTEN

SÜDSEE-INSELN - Corona-freie Paradiese im Pazifik

Schon ihre Namen sorgen für Urlaubsträume: Samoa, Tonga, Tuvalu,
Kiribati, Vanuatu... Jetzt hat den Inseln im Südpazifik, die
normalerweise eher wegen der dramatischen Folgen des Klimawandels in
den Schlagzeilen sind, offenbar gerade ihre geografische
Abgeschiedenheit geholfen. Zudem ordneten die örtlichen Behörden früh

strenge Abschottungsregeln an. «Und die Regierungen in der Region
setzen auch weiter auf die strikten Maßnahmen wie Grenzschließungen,
Reisebeschränkungen und Lockdowns, um eine Einschleppung des Virus zu
verhindern», sagte Unicef-Pazifik-Vertreter Sheldon Yett der dpa.

SEYCHELLEN - Wenige Fälle durch abgeschottete Lage

Auch die Inselstaaten vor der Ostküste Afrikas haben die
Corona-Pandemie bislang recht gut gemeistert, allen voran die
Seychellen. Dort wurden bislang nur 80 Fälle und keine Toten im
Zusammenhang mit dem Virus verzeichnet. Als Vorteil gilt auch hier
die abgeschottete Lage des Inselstaats: Das Urlaubsparadies im
Indischen Ozean konnte früh die internationalen Flugverbindungen
kappen. Nach einem relativ strengen Lockdown wurden die Maßnahmen
bereits im Mai wieder gelockert. Allerdings erlebten die Seychellen
jüngst einen Rückschlag, als nach zwei Monaten ohne neue Fälle
Matrosen einer spanischen Fischfangflotte positiv getestet wurden.

SCHWEDEN - Licht am Ende des Tunnels

Das skandinavische EU-Land hatte bekanntlich weniger strikt auf die
Pandemie reagiert als der Rest Europas - und musste lange deutlich
höhere Infektions- und Todeszahlen hinnehmen als Deutschland oder die
nordischen Nachbarländer. Aber auch bei den Schweden gibt es jetzt
einen positiven Trend: Sowohl die Zahl neuer Todesfälle als auch die
der neuen Intensivpatienten geht zurück. Die nationale
Gesundheitsbehörde wertet das als Folge der sozialen Distanzierung -
zu der die Schweden nun unentwegt angehalten werden.

NIEDERLANDE - Vorsichtiger Optimismus und günstigere Mieten

Wegen stetig zurückgehender Infektionszahlen macht sich in den
Niederlanden vorsichtiger Optimismus breit. In der vergangenen Woche
waren 19 Todesfälle registriert worden - der niedrigste Wert seit
Ausbruch der Pandemie. Die Arbeitslosigkeit geht zurück, die
Verbraucher geben wieder mehr Geld aus: Immer mehr Unternehmer haben
nun Vertrauen, dass ihr Betrieb die Krise überleben wird. Die
Situation sorgt auch für Entspannung auf dem Wohnungsmarkt. Da unter
anderem Touristen wegbleiben, die etwa über Airbnb auch auf private
Unterkünfte setzen, ist das Angebot etwa in Amsterdam deutlich höher.
Die Mieten sind um bis zu 20 Prozent gesunken.

ZYPERN - Nur wenige Fälle trotz Öffnung für Tourismus

Die Urlaubsinsel meldet seit der Öffnung des Tourismus wenige
Corona-Infektionen von Reisenden oder Einheimischen. Wer nach Zypern
reist muss sich zuvor elektronisch anmelden. Wer positiv getestet
wird, muss sich für 14 Tage in Isolierunterkünfte in Hotels begeben.
Die Insel im östlichen Mittelmeer hat verglichen mit anderen Staaten
Europas eine sehr niedrige Coronavirus-Infektionsrate.  

DIE SCHLECHTEN NACHRICHTEN

USA - Rekordzahlen und keine einheitliche Strategie

Mit rund 60 000 Corona-Infektionen binnen 24 Stunden haben die
USA einen Höchststand bei den Neu-Ansteckungen pro Tag erreicht, wie
aus Zahlen der Johns-Hopkins-Universität vom Mittwoch hervorgeht.
Insgesamt zählt das Land demnach fast drei Millionen Infektionen und
mehr als 131 000 Todesfälle. Der wichtigste Grund für die sehr
angespannte Lage ist Experten zufolge das Fehlen einer nationalen
Strategie: Präsident Donald Trump verleugnete die Corona-Bedrohung
zunächst, dann inszenierte er sich als Präsident im Krieg gegen das
Virus, verlor aber wieder das Interesse und überlässt die
Federführung nun den Gouverneuren der Bundesstaaten. Damit gibt es in
den USA 50 Strategien zum Kampf gegen das Coronavirus, nicht eine.

BRASILIEN - Jetzt hat es auch den Präsidenten erwischt

Bislang haben sich in dem größten Staat Lateinamerikas 1,6 Millionen
Menschen nachweislich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Dazu
zählt nun auch der Präsident: Sein Corona-Test sei positiv gewesen,
teilte Jair Bolsonaro mit. Der rechte Staatschef hatte das Virus
stets als «leichte Grippe» heruntergespielt und war bei vielen
öffentlichen Auftritten ohne Maske unterwegs. Von Schutzmaßnahmen und
Ausgangsbeschränkungen hält der Ex-Militär nicht viel, zu sehr sorgt

er sich um die Wirtschaft des Landes. Das Ergebnis: Mehr als 66 000
Menschen sind bislang an der Lungenkrankheit Covid-19 gestorben.
Damit liegt Brasilien hinter den USA weltweit an zweiter Stelle.

INDIEN - Krankenbetten aus Karton

Die größte Demokratie der Welt hat inzwischen Russland bei der Zahl
der gemeldeten Corona-Fälle überholt - nur Brasilien und die
USA haben derzeit mehr bekannte Infektionen. Am Mittwoch stieg die
Zahl der Infektionen auf mehr als 740 000 an. In Indien wurden
bereits Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie deutlich gelockert, um
die Wirtschaft anzukurbeln - die Fallzahlen werden seitdem rasant
mehr. Die Hauptstadt Neu Delhi hat sich inzwischen zu einem Hotspot
entwickelt, die Krankenhausbetten werden knapp. Daher lässt die
Regierung temporäre Corona-Kliniken einrichten - etwa in Zügen,
Hotels und in einem Zentrum mit 10 000 Betten aus Karton.

SPANIEN - Katalonien jetzt mit Maskenpflicht auch im Freien

Nach einer Zunahme der Infektionsfälle will die Urlaubsregion
Katalonien am Donnerstag eine strenge Maskenpflicht auch im Freien
einführen, die praktisch überall und immer gelten soll. Nach dem
derzeit landesweit geltenden Dekret der Zentralregierung gibt es eine
Maskenpflicht im Freien nur dann, wenn ein Abstand von mindestens
eineinhalb Metern nicht eingehalten werden kann. Die Neuausbrüche
bereiten vor allem in Segrià Sorgen: Der Landkreis mit der Großstadt
Lleida war am Samstag für zwei Wochen abgeriegelt worden. Rund
210 000 Menschen sind betroffen. Bis Freitag ist zudem noch eine
fünftägige Abriegelung des Bezirks La Mariña in Galicien in Kraft.

AUSTRALIEN - Millionen-Metropole Melbourne wieder im Lockdown

Die Millionen-Metropole Melbourne geht wegen eines starken Anstiegs
der Infektionen erneut in einen Lockdown - und zwar gleich für sechs
Wochen. Die zweitgrößte Stadt Australiens hatte erst vor einigen
Wochen langsam die Wirtschaft wieder geöffnet. Nun treten wieder
strikte Ausgangssperren in Kraft, nachdem die Gesundheitsbehörden 191
Neuinfektionen an einem Tag bestätigt hatten.

ISRAEL - Netanjahu in der Kritik für sein Krisenmanagement

Die Zahl der Neuinfektionen lag in dem Mittelmeerstaat mit etwa neun
Millionen Einwohnern zuletzt auf einem Rekordhoch. Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu steht für sein Krisenmanagement zunehmend in der
Kritik. Vorgehalten werden ihm etwa vorschnelle Lockerungen, eine
mangelnde Vorbereitung auf die zu erwartende zweite Welle und eine
Fokussierung auf die Annexionspläne im Westjordanland. Die Regierung
hat inzwischen nachgesteuert und wieder Einschränkungen eingeführt.