Genesungswünsche und Kritik nach Bolsonaros Corona-Diagnose

Brasiliens Präsident hat das Virus stets heruntergespielt, jetzt hat
er sich selbst infiziert. Während in der Pandemie immer mehr Menschen
im größten Land Lateinamerikas sterben, will er nun per Videoschalte
regieren. So mancher kann sich die Häme nicht verkneifen.

Brasília (dpa) - Nach Jair Bolsonaros positivem Corona-Test haben
zahlreiche Genesungswünsche den brasilianischen Präsidenten erreicht.
Angesichts seiner laxen Gesundheitspolitik wurde allerdings auch
Kritik an dem Verhalten des Staatschefs laut. Unterdessen stieg die
Zahl der Corona-Toten im größten Land Lateinamerikas binnen 24
Stunden um 1254 - einer der höchsten Werte der vergangenen Wochen.

US-Präsident Donald Trump wünschte Bolsonaro am Dienstag (Ortszeit)
eine «rasche Besserung». Der Leiter der Weltgesundheitsorganisation
(WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, sagte, er hoffe, «dass es ihm gut
geht und er sich schnell erholt». Auch mehrere brasilianische
Gouverneure schickten Genesungswünsche nach Brasília.

Nach einem Test in einem Militärkrankenhaus hatte Bolsonaro am
Dienstag mitgeteilt, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben. Er
habe Fieber und Gliederschmerzen gehabt, fühle sich aber bereits
wieder besser. Er wolle nun das umstrittene Mittel Hydroxychloroquin
einnehmen, dessen Wirksamkeit gegen die Lungenerkrankung Covid-19
bislang nicht bewiesen ist.

In den kommenden Tagen werde er in seiner Residenz in Brasília
bleiben und die Amtsgeschäfte per Videokonferenz führen, kündigte
Bolsonaro an. Für diese Woche geplante Reisen nach Bahia und Minas
Gerais habe er abgesagt. Nach seinem positiven Corona-Test, ließen
sich mindestens zehn Minister seines Kabinetts ebenfalls auf das
Virus untersuchen.

Die brasilianische Regierung hat die Pandemie von Anfang an
heruntergespielt. Präsident Bolsonaro bezeichnete die Lungenkrankheit
Covid-19 immer wieder als «leichte Grippe» und stemmte sich gegen
Schutzmaßnahmen. Er zeigte er sich häufig ohne Mundschutz in der
Öffentlichkeit, löste Massenaufläufe aus und machte Selfies mit
Anhängern. Im Streit um die richtige Corona-Strategie hatten zuletzt
zwei Gesundheitsminister das Handtuch geworfen.

Der frühere Ressortchef Luiz Henrique Mandetta wünschte Bolsonaro
zwar ebenfalls gute Besserung. «Ich hoffe aber auch, dass er über all
die Menschen nachdenkt, die nicht sofort Zugang zu
Magnetresonanztomographie, Privatärzten und einem reservierten Bett
auf einer Intensivstation haben», sagte er dem Fernsehsender Globo
News. Tatsächlich haben wegen der hohen Fallzahlen viele
Krankenhäuser ihre Belastungsgrenze bereits erreicht.

Brasilien ist neben den USA derzeit einer der Brennpunkte der
Corona-Pandemie. Bislang haben sich in dem lateinamerikanischen Land
1,6 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert,
66 741 Patienten sind im Zusammenhang mit der Lungenkrankheit
Covid-19 gestorben. Experten gehen davon aus, dass die tatsächlichen
Zahlen noch deutlich höher liegen, da in Brasilien nur recht wenig
getestet wird.

«Es tut mir leid für die 1,6 Millionen Infizierten, dass wir den
schlechtesten Krisenmanager der Welt haben», sagte der
Oppositionspolitiker und ehemalige Präsidentschaftskandidat der
linken Arbeiterpartei, Fernando Haddad. «Ich wünsche allen gute
Besserung, auch Bolsonaro.»

Zwar haben eine Reihe von Bundesstaaten und Städten auf eigene Faust
Schutzmaßnahmen ergriffen, allerdings werden die Einschränkungen an
vielen Orten bereits wieder gelockert. In der Millionenmetropole Rio
de Janeiro etwa öffneten sogar Restaurants und Bars schon wieder. Auf
der Strandpromenade an der Copacabana tummelten sich zuletzt bereits
wieder zahlreiche Menschen.