Jugendbefragung: Sozialberufe interessant - aber unterbezahlt

Soziale Berufe sind relevant - aber für den Nachwuchs uninteressant.
So zumindest die Annahme. Eine Umfrage zeigt nun: Für rund ein
Viertel der Jugendlichen sind Berufe in Pflege und Erziehung durchaus
attraktiv. Problematisch finden sie vor allem die Rahmenbedingungen.

Berlin (dpa) - Junge Menschen haben durchaus Interesse, in
Pflegeberufen und der Kindertagesbetreuung zu arbeiten - wünschen
sich aber eine höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. Das
ist das Ergebnis einer repräsentativen Jugendbefragung des
Sinus-Instituts, die Familienministerin Franziska Giffey (SPD) am
Dienstag in Berlin vorstellte. Die Umfrage war im Auftrag ihres
Ministeriums durchgeführt worden. Jeweils mehr als 1000 14- bis
20-Jährige wurden im März und April zu den Berufsfeldern Frühe
Bildung und Pflege befragt. Jeweils knapp ein Viertel der Befragten
könnte sich demnach vorstellen, in der Kindertagesbetreuung (24
Prozent) oder Pflege (21 Prozent) zu arbeiten.

«Diese Berufe sind systemrelevant - sowohl in der Pflege als auch bei
den Erzieherinnen und Erziehern», sagte Giffey. Gerade in der Zeit
der Corona-Krise habe man das deutlich gesehen. Es brauche in Zukunft
mehr Fachkräfte in diesen Berufen. Und die Studie mache deutlich: «Es
gibt sie sehr wohl, die Menschen, die diese Berufe lernen möchten».

Beide Berufe werden von den Befragten als anspruchsvoll und
abwechslungsreich betrachtet. Die wichtigsten Kriterien der
Jugendlichen für die Berufswahl werden allerdings nur teilweise
erfüllt. So bewerten sie die Weiterentwicklungs- und Karrierechancen
beider Berufsfelder kritisch. 80 Prozent halten der Studie zufolge
den Lohn in einem Pflegeberuf, gemessen an den Leistungen der
Pflegekräfte, für zu gering. In der Kinderbetreuung waren es 76
Prozent.

«Das sind schon spannende Ergebnisse, die wir hier sehen», sagte
Giffey. Sie freue sich über das Interesse. «Die Studie zeigt aber
auch: Wichtige Hebel, um die Jugendlichen für einen Berufseinstieg zu
gewinnen, sind mehr Gehalt, bessere Arbeitsbedingungen und
Aufstiegsmöglichkeiten. Hier wollen wir mit Ländern und Tarifpartnern
weiter vorankommen.»

Der jugendpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Matthias
Seestern-Pauly sagte, dass die Bundesregierung die Probleme in den
sozialen Berufen bereits kenne. «Dass Familienministerin Giffey die
Ergebnisse der Sinus-Jugendbefragung spannend nennt, grenzt an
Realitätsverweigerung.» Von den Grünen hieß es, dass «ganz klar
» sei,
dass diese Berufe dringend besser bezahlt werden müssten. «Ministerin
Giffey muss hier endlich tätig werden. Es ist Zeit zu handeln», sagte
die Fraktionssprecherin für Jugendpolitik, Beate Walter-Rosenheimer.

In den vergangenen Jahren habe man wichtige Impulse gesetzt, um diese
Berufe attraktiver zu machen, sagte Giffey. So seien die Entgelte in
der Altenpflege in den letzten zehn Jahren um über 20 Prozent
gestiegen, für die Krankenpflegefachkräfte um über 15 Prozent und bei

den Krankenpflegehelfern um über 13 Prozent.