IWH warnt wegen Corona-Folgen vor neuer Bankenkrise

Halle (dpa/sa) - Die Folgen der Corona-Pandemie könnten nach
Einschätzung des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH)
auch den Bankensektor hart treffen. Es sei zu erwarten, dass
zahlreiche Unternehmen wegen der aktuellen Wirtschaftskrise ihre
Kredite nicht mehr bedienen könnten, heißt es in einer am Montag
veröffentlichten Analyse. «Selbst wenn es für die deutsche Wirtschaft

sehr gut läuft, halten wir eine neue Bankenkrise für wahrscheinlich»,

kommentierte IWH-Präsident Reint Gropp.

Die Forscher gehen davon aus, dass selbst bei einer raschen Erholung
der Wirtschaft Dutzende Banken (6 Prozent) wegen der Kreditausfälle
selbst in Existenznot geraten könnten. Sollte die Wirtschaftsflaute
länger andauern, könnte im schlimmsten Fall sogar mehr als jedes
vierte Kreditinstitut in ernste Bedrängnis kommen.

Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken müssen den Forschern
zufolge mit Kreditausfällen rechnen, weil sie Geld hauptsächlich an
Firmen verliehen, die doppelt gefährdet sind. So hätten sie vor allem
kleinere Unternehmen im Portfolio, die sowieso krisenanfälliger
seien. Zum anderen kämen diese vorrangig aus Branchen wie
Einzelhandel und Gastgewerbe, die besonders von den Beschränkungen
zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen waren.

Wann sich die negativen Effekte auf den Bankensektor zeigen, ist den
Studienautoren zufolge noch offen. So sei davon auszugehen, dass
Unternehmen eine Insolvenz hinauszögern. Bis Ende September sind die
geltenden strengen Regeln zur Meldung einer Zahlungsunfähigkeit
ausgesetzt. Banken könnten Problemkredite verschleiern, hieß es.

Wenn viele Kredite ausfallen, könnte die Kernkapitalquote vieler
Banken so weit sinken, dass sie umstrukturiert, mit anderen
Geldhäusern fusioniert werden oder ganz verschwinden. «In jedem Fall
wäre es ihnen unmöglich, neue Kredite zu vergeben», hieß es weiter.

Dann drohe eine neue Belastung für die Unternehmen. «Die Gefahr ist
ziemlich hoch, dass eine Bankenkrise eine zweite Rezession auslöst»,
so Gropp. Der Staat müsse darüber nachdenken, wie sich die
Kernkapitalquote der Banken stärken lasse. Eine Rettung von Banken
mit Steuergeld hält das IWH nur für sinnvoll, wenn die Banken ihr
Firmenkreditportfolio umbauen.

Fusionen und Schließungen von Geldhäusern im Zuge der Corona-Krise
wären aus Sicht des IWH aber nicht per se schlecht: «Wir denken, dass
eine Konsolidierung des deutschen Bankenmarktes, auf dem derzeit zu
viele Institute um zu geringe Erträge buhlen, mittelfristig die
Produktivität steigern und damit die Wirtschaft beleben wird.»