Möbelindustrie rechnet mit zehn Prozent weniger Umsatz im Corona-Jahr

Ein größerer Schrank oder sogar eine neue Küche? Für viele
Verbraucher gerade wohl nicht das wichtigste Thema. Wie andere
Branchen bekommen auch Möbelhersteller die Corona-Flaute zu spüren -
allerdings weniger drastisch als zunächst befürchtet.

Bad Honnef (dpa) - Aufgrund der Corona-Pandemie erwarten die
deutschen Möbel- und Küchenhersteller in diesem Jahr rund ein Zehntel
weniger Umsatz als 2019. «In normalen Zeiten wäre das eine
Vollkatastrophe», sagte der Geschäftsführer des Verbands der
Deutschen Möbelindustrie (VDM), Jan Kurth, am Montag in Bad Honnef.
Im Vergleich zu früheren Prognosen sei man jedoch bislang «mit einem
blauen Auge» davongekommen.

Im vergangenen Jahr hatte die Branche knapp 18 Milliarden Euro
erwirtschaftet. «Die Umsatzeinbußen sind bislang beherrschbarer und
geringer als zu Beginn der Krise befürchtet», so Kurth. Noch im April
hätten viele Hersteller damit gerechnet, dass um die 20 Prozent ihrer
normalen Umsätze in diesem Jahr ausfallen könnten.

Im Moment sehe es so aus, als könne eine große Welle an Entlassungen
und Insolvenzen vermieden werden, sagte Kurth. Im April hätten rund
80 Prozent der Hersteller in Deutschland Kurzarbeit angemeldet, im
Mai und Juni sei das wieder abgeflacht. Aber: «Das ist eine
Momentaufnahme.» Je nach Verlauf der Pandemie könne es keine Garantie
geben, dass diese Aussagen noch zum Jahresende Gültigkeit hätten.

Nach Ende des Lockdowns sei die Nachfrage der Kunden erfreulich hoch
gewesen. Nordrhein-Westfalen hatte als erstes Bundesland relativ früh
die Möbelhäuser wieder öffnen lassen - nach Angaben des Verbandes
eine Blaupause für andere Länder. «Die schnelle Öffnung im
wichtigsten Bundesland hat uns wieder etwas Wind unter den Flügeln
gegeben», sagte Kurth. Man habe dort zeigen können, dass Einkaufen in
großen Häusern auch in Zeiten der Pandemie möglich sei.

Für viele Menschen haben die Themen Wohnen und Einrichtung an
Bedeutung gewonnen - so das Ergebnis einer VDM-Umfrage unter 1000
Verbrauchern. «Die Menschen haben viel mehr Zeit zuhause verbracht
und viel mehr zuhause gekocht», sagte Küchen-Experte Volker Irle. So
sei bei vielen der Wunsch entstanden, ihre Einrichtung zu optimieren
- oder Corona sei der Auslöser gewesen, ohnehin geplante Änderungen
nun endlich anzugehen.

«Das Positive ist auch, dass andere Sachen eingeschränkt sind», so
Irle. Wenn etwa die Urlaubsreise ausfalle oder kleiner geplant werde,
hätten etliche Menschen mehr Geld übrig, um sich zuhause Wünsche zu
erfüllen. Auch die Senkung der Mehrwertsteuer im zweiten Halbjahr
könne einen positiven Effekt haben.

Obwohl die Region Ostwestfalen, zu der auch der Kreis Gütersloh
gehört, für die Möbelbranche ein wichtiger Standort ist, sieht
VDM-Geschäftsführer Kurth den dortigen, erneuten Lockdown nach dem
Corona-Massenausbruch in der Fleischbranche recht gelassen. Die
Betriebe seien zwar beunruhigt, hätten sich aber mit Hygienekonzepten
und teilweise auch mit Corona-Tests auf die Situation eingestellt.
Die Produktion habe nicht gestoppt werden müssen.