Deutsche Industrie erhält nach Corona-Einbruch mehr Aufträge

Die Auftragsbücher deutscher Industrieunternehmen haben sich im Mai
wieder langsam gefüllt. Verglichen mit dem gleichen Zeitraum im
Vorjahr ist der Anstieg aber immer noch gering.

Wiesbaden (dpa) - Die deutsche Industrie hat im Mai nach dem Einbruch
in der Corona-Krise wieder deutlich mehr Aufträge erhalten. Wie das
Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte, lag der
Auftragseingang 10,4 Prozent über dem Niveau des Vormonats. Im
Jahresvergleich gingen die Bestellungen dagegen immer noch drastisch
um 29,3 Prozent zurück.

Trotz der Erholung wurden die Markterwartungen enttäuscht. Analysten
hatten im Schnitt für Mai einen höheren Anstieg im Monatsvergleich
und einen geringeren Rückgang im Jahresvergleich erwartet.

Wie stark die Industrie durch die Corona-Krise belastet worden ist,
zeigt der Vergleich mit dem Vorkrisenniveau: Gegenüber Februar liegt
der Auftragseingang immer noch gut 30 Prozent niedriger, wie das
Statistikamt mitteilte. In der Autoindustrie liegen die Bestellungen
sogar nur halb so hoch wie vor der Krise. Im Februar waren die
massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung der
Corona-Pandemie noch nicht in Kraft gewesen.

Aus dem Inland erhielt die Industrie im Mai 12,3 Prozent mehr
Aufträge als im April, aus dem Ausland kamen 8,8 Prozent mehr
Bestellungen. Die Orders aus der Eurozone erhöhten sich mit knapp 21
Prozent wesentlich stärker als von außerhalb der Eurozone. Dort waren
sie in den beiden Monaten zuvor aber auch etwas weniger stark
eingebrochen. Nach Güterart erhöhten sich besonders deutlich die
Bestellungen von Investitionsgütern wie Maschinen.

«Das Schlimmste liegt hinter uns», kommentierte Thomas Gitzel,
Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank. Die Auftragsbücher füllten
sich wieder. «Mehr Bestellungen heißt gleichzeitig mehr Produktion
und mehr Beschäftigung. Das ist eine gute Nachricht für alle
Arbeitnehmer, die von Kurzarbeit betroffen sind.»

«Die guten Daten sollten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen,
dass die Krise längst noch nicht abgeschüttelt ist», relativierte
Gitzel. So lasse die rasche Ausbreitung des Coronavirus in den USA
wenig Gutes erwarten. Auch die stellenweise noch immer unterbrochenen
internationalen Lieferketten dürften sich noch längere Zeit negativ
bemerkbar machen. «Die deutsche Industrie wird also noch geraume Zeit
an den Folgen des Virus knabbern.»