Landtag beschließt umstrittenes Corona-Finanzpaket

Gegen erbitterten Widerstand aus Reihen der Opposition hat Hessens
Landesregierung ein Corona-Sondervermögen durch den Landtag gebracht.
Im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Viruspandemie sind bis
zu zwölf Milliarden Euro Schulden geplant.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Der hessische Landtag hat angesichts der
Corona-Krise ein Finanzpaket von historischem Ausmaß beschlossen. Das
Parlament gab am Samstag grünes Licht für ein kreditfinanziertes
Sondervermögen in Höhe von zwölf Milliarden Euro. Mit dem Geld sollen

bis Ende 2023 vor allem Steuerverluste des Landes und der Kommunen
ausgeglichen werden.

Da der Coronafonds mit einer Kreditermächtigung verknüpft ist, wurde
zunächst mit den Stimmen von Schwarz-Grün eine Lockerung der
Schuldenbremse ermöglicht. Dafür reicht seit Donnerstag vergangener
Woche eine einfache Mehrheit im Landtag. Zuvor wäre eine
Zwei-Drittel-Mehrheit nötig gewesen - die Regierungskoalition von CDU
und Grünen wäre also auf Stimmen aus der Opposition angewiesen
gewesen. Allerdings konnten sich beide Seiten nicht auf einen
Kompromiss einigen.

Allein 5 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sind für den
Ausgleich von Steuermindereinnahmen des Landes vorgesehen. Weitere
2,5 Milliarden Euro sollen bei den Kommunen unter anderem Ausfälle
bei der Gewerbesteuer kompensieren. Der Coronafonds sieht außerdem
1,5 Milliarden Euro für Hessens Wirtschaft vor, etwa eine Beteiligung
an Unternehmen über einen Hessenfonds. 960 Millionen Euro sollen für
den Gesundheitsschutz und zur Sicherung der sozialen und kulturellen
Infrastruktur ausgegeben werden.

Hessens Schuldenbremse gibt vor, dass krisenbedingte Kredite
innerhalb eines angemessenen Zeitraums getilgt werden müssen. Die
Landesregierung sieht für das geliehene Geld des Sondervermögens
maximal 30 Jahre vor - beginnend ab 2021. Ausgehend von 200 Millionen
Euro ist eine schrittweise Anhebung der Tilgung auf 400 Millionen
Euro bis 2030 geplant.

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Marius
Weiß, forderte die Landesregierung am Samstag auf, zu konkretisieren,
wofür sie den «schuldenfinanzierten Schattenhaushalt» verwenden
wolle. Weiß kritisierte: «Bei Schwarz-Grün herrscht da totale
Intransparenz.» Öffentlich gebe es nur Ankündigungen, in dem Gesetz
zum Sondervermögen stehe keine einzige konkrete Umsetzung drin.

«Warum veröffentlichen Sie Ihre sechsseitige Liste, über die schon in

der Zeitung geschrieben wurde, eigentlich nicht?», fragte Weiß an die
Adresse der Landesregierung. «Weil dann jeder sehen könnte, dass es
bei Ihnen eben nicht nur um den Ausgleich von coronabedingten
Ungerechtigkeiten geht, sondern zum erheblichen Teil um ihre eigenen
politischen Partikularinteressen.»

Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) verteidigte das Hilfspaket
erneut. «Den Weg eines Sondervermögens zur Bewältigung der
finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise gehen auch andere
Bundesländer wie zum Beispiel Sachsen, Nordrhein-Westfalen,
Mecklenburg-Vorpommern und Bayern», erklärte er.

Durch das Sondervermögen helfe Hessen nicht nur mit weiterem Geld dem
Gesundheitsschutz, dem Erhalt von Arbeitsplätzen sowie der sozialen
und kulturellen Infrastruktur. «Wir nutzen auch Chancen, die in der
Krise liegen, modernisieren unser Land und investieren etwa in
Digitalisierung und Klimaschutz», erläuterte er. Das Geld stehe unter
anderem zudem für gesetzlich verpflichtende Zahlungen für
Verdienstausfälle bereit.