Verabschiedung von Corona-Sondervermögen rückt näher

Bei einer der letzten Plenardebatten vor der geplanten Verabschiedung
der Corona-Finanzhilfen ergreift Ministerpräsident Bouffier das Wort.
Er mahnt in dem erbitterten Streit zur Einigkeit. Doch die Gräben im
Landtag sind tief.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Hessens Landtag hat am Donnerstag den Weg frei
gemacht für die Verabschiedung eines kreditfinanzierten
Corona-Sondervermögens. Künftig reicht eine einfache Mehrheit aus, um
Ausnahmen von der Schuldenbremse zu beschließen. Das Parlament in
Wiesbaden verabschiedete mit den Stimmen der schwarz-grünen
Regierungskoalition eine entsprechende Gesetzesnovelle. Bislang war
eine Zweidrittelmehrheit und damit Zustimmung aus der Opposition für
eine Lockerung der Schuldenbremse nötig. Die Opposition hatte diese
Unterstützung verweigert.

An diesem Samstag wird nun mit Hilfe der neuen Regeln ein weiterer
Nachtragshaushalt und das zwölf Milliarden Euro schwere
Corona-Sondervermögen voraussichtlich den Landtag passieren.

Mit dem Geld sollen bis Ende 2023 die wirtschaftlichen Folgen der
Viruspandemie bekämpft werden. Dabei geht es etwa um den Ausgleich
der dramatischen Steuerausfälle beim Land und bei den Kommunen.

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) rief zu Einigkeit und
Besonnenheit auf. «Bei all dem Streit: Wir sollten pfleglich
miteinander umgehen, wir werden miteinander uns noch brauchen», sagte
er. «Und deshalb müssen wir gemeinsam überlegen, was können wir tun

und was müssen wir tun.» Er verteidigte die Pläne der
Landesregierung. Die Bürger erwarteten, dass das Land tue, was es
könne, sagte Bouffier. Planbarkeit und Verlässlichkeit gebe es dabei
nur mit einem überjährigen Sondervermögen - und nicht mit immer neuen

Nachtragshaushalten, wie von der Opposition vorgeschlagen.

Diese lief erneut Sturm gegen den Coronafonds und die gelockerten
Vorgaben für Ausnahmen von der Schuldenbremse. Es würden Regeln
weggefegt, weil sie der Macht im Weg ständen, sagte die
SPD-Fraktionsvorsitzende Nancy Faeser. «Die heutige Entmachtung des
Parlaments ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht verfassungskonform,
aber sie ist mit absoluter Sicherheit nicht legitim.»

Der FDP-Fraktionsvorsitzende René Rock mahnte an die Adresse der
Landesregierung: «Was Sie hier tun, schädigt die politische Kultur
nachhaltig.» Der Wortbruch der CDU im Bezug auf die Schuldenbremse
wiege schwer und «wir werden rechtlich genau prüfen, ob der geplante
Schuldenfonds und die Erklärung der Notsituation für vier Jahre in
Folge mit der Verfassung vereinbar ist», sagte Rock.

Die AfD-Fraktion kündigte unterdessen bereits an, juristisch gegen
die Lockerungen der Schuldenbremse vorgehen zu wollen. «Die
Kreditermächtigungen - euphemistisch Sondervermögen genannt - werden
langfristig desaströse Auswirkungen haben. Damit müssen und werden
wir uns nicht abfinden», sagte der haushaltspolitische Sprecher Erich
Heidkamp.

Die Regierung könne ab Samstag «mit ihrer eigenen hauchdünnen
Mehrheit kurzfristig jede von ihr als notwendig erachtete
Kreditaufnahme beschließen». Mit dem Sondervermögen habe sie über d
en
von Wahlkämpfen geprägten Zeitraum von 2020 bis 2023
konjunkturunabhängig den Zugriff auf den gesamten Betrag von
zusätzlichen zwölf Milliarden Euro, kritisierte Heidkamp.

Die Vorsitzende der Linksfraktion, Janine Wissler, bekräftigte, die
Schuldenbremse sei und bleibe grundsätzlich ein Fehler.