Neue Gewerkschafts-Klagen wegen Tarifeinheit abgewiesen

Karlsruhe (dpa) - Drei Gewerkschaften sind mit neuen
Verfassungsbeschwerden gegen die reformierten Regeln zu
konkurrierenden Tarifverträgen gescheitert. Die Klagen wurden nicht
zur Entscheidung angenommen, wie das Bundesverfassungsgericht in
Karlsruhe am Donnerstag mitteilte. Die Gewerkschaften hätten sich
demnach zunächst an die Fachgerichte wenden müssen. Die Richter
äußern aber auch inhaltliche Zweifel. (Az. 1 BvR 672/19 u.a.)

Hintergrund ist ein Karlsruher Urteil von 2017 zur sogenannten
Tarifeinheit. Um aufreibende Machtkämpfe zu verhindern, soll seit
2015 bei konkurrierenden Tarifverträgen in einem Betrieb nur noch der
Abschluss der mitgliederstärksten Gewerkschaft gelten. Die
unterlegene Gewerkschaft kann sich durch Unterzeichnung anschließen.
Die Verfassungsrichter hatten das Gesetz im Grundsatz bestätigt, mit
Vorgaben für die Anwendung aber Leitplanken eingezogen. An einer
Stelle musste bis spätestens Ende 2018 nachgebessert werden.

Die jetzigen Klagen richteten sich gegen die überarbeitete Regelung.
Dem Beamtenbund dbb, der Lokführergewerkschaft GDL und der
Ärztegewerkschaft Marburger Bund geht der Schutz gegenüber größeren

Gewerkschaften immer noch nicht weit genug. Inzwischen steht
ausdrücklich im Gesetz, dass der Tarifvertrag der Minderheit neben
dem Mehrheitsvertrag weiter gilt, wenn deren Interessen «nicht
ernsthaft und wirksam berücksichtigt» werden. Die Verfassungsrichter
bezeichnen es als «zumindest fraglich», dass trotz dieser
Vorkehrungen noch Gewerkschaften verdrängt werden könnten.

Der Beschluss stellt außerdem klar, dass betroffene Gewerkschaften
zunächst beim Arbeitsgericht klären lassen müssen, ob ihre Interessen

im Einzelfall verletzt sind. «Inwiefern die hier angegriffene
Neuregelung dann auf praktische Schwierigkeiten stößt, muss sich
zunächst «vor Ort» zeigen», heißt es in der Mitteilung des Gerich
ts.

Der Marburger Bund teilte mit, über den Beschluss müsse man nicht
enttäuscht sein. Er enthalte wertvolle Hinweise an die Fachgerichte,
erklärte die Erste Vorsitzende Susanne Johna. «Auch eine erneute
Anrufung des Bundesverfassungsgerichts ist denkbar.»