Bundestag beschließt Nachtragshaushalt - Fast 218 Milliarden Schulden

Fast 218 Milliarden Euro - so viele neue Schulden hat noch keine
Regierung in einem Jahr aufgenommen. Die Corona-Krise wird noch
Jahrzehnte in den Kassen zu spüren sein. Vizekanzler Scholz
verspricht, trotzdem nicht am Sozialstaat zu sparen.

Berlin (dpa) - Der Bund darf zur Bewältigung der Corona-Krise in
diesem Jahr Rekordschulden von fast 218 Milliarden Euro aufnehmen.
Der Bundestag beschloss am Donnerstag den zweiten Nachtragshaushalt
zur Finanzierung des Konjunkturpakets. Damit steigt die für das
laufende Jahr geplante Neuverschuldung auf 217,8 Milliarden Euro. Mit
dem zusätzlichen Geld sollen vor allem Maßnahmen finanziert werden,
die Konsum und Wirtschaft in den kommenden Monaten wieder ankurbeln
sollen.

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) versprach, die Bundesregierung werde
nicht gegen die Krise ansparen. «Und wir werden den Sozialstaat, der
uns so leistungsfähig durch diese Krise führt, nicht antasten,
sondern ausbauen», betonte der Finanzminister. So würden trotz Krise
ab Januar die Renten von Menschen mit geringen Bezügen durch die
Grundrente aufgestockt.

Die Schuldenquote steigt durch den zweiten Nachtragshaushalt von
unter 60 auf mehr als 75 Prozent. Bereits Ende März hatte der
Bundestag den Haushalt um 156 Milliarden Euro aufgestockt, um
Steuerausfälle auszugleichen und mehrere Hilfspakete zu finanzieren.
Dafür war auch die Schuldenbremse im Grundgesetz ausgesetzt worden.

Nun gilt unter anderem für ein halbes Jahr ein geringerer
Mehrwertsteuersatz beim Einkaufen. Familien bekommen einen Bonus von
300 Euro pro Kind. Außerdem sollen kleine und mittelständische
Unternehmen, die wegen der Krise besonders hohe Umsatzeinbrüche
haben, Überbrückungshilfen von fast 25 Milliarden Euro erhalten. Bund
und Länder wollen zusammen außerdem die Gewerbesteuerausfälle der
Kommunen ausgleichen.

Berücksichtigt im Nachtragshaushalt ist auch die aktuellste
Steuerschätzung. Inzwischen geht die Bundesregierung davon aus, dass
wegen der Corona-Krise rund 40,5 Milliarden Euro an Steuern weniger
reinkommen, als noch zu Jahresbeginn gedacht.

Die Dimension der Neuverschuldung wird im Vergleich mit der
Finanzkrise deutlich: Im bisherigen Rekordschuldenjahr 2010 nahm der
Bund 44 Milliarden Euro neue Kredite auf. Scholz plant, den Großteil
der neuen Kredite ab 2023 innerhalb von 20 Jahren zu tilgen. Viele
Ökonomen, sowie Grüne und Linke im Bundestag halten das für zu
ambitioniert. Sie befürchten, dass in den kommenden Jahren an
wichtigen Stellen gespart wird, nur damit die Schulden abgetragen
werden.