Schwimmen nur im Kreis - Badespaß in Corona-Zeiten Von Jens Albes, Birgit Reichert und Ines Klose, dpa

Sommer, Sonne, Schulferien: Viele Rheinland-Pfälzer stürzen sich
wieder ins Freibad. Doch in diesem Corona-Jahr ist vieles anders:
Abstand halten, im Kreis schwimmen, mit Maske in die Toilette. Und
nicht zu spät kommen: Die Besucherzahlen sind meist stark beschränkt.

Vallendar/Trier/Ludwigshafen (dpa/lrs) - Schwimmen nur im Kreis und
im Einbahnverkehr: Mit dieser ungewöhnlichen Regel reagieren
zahlreiche Freibäder in Rheinland-Pfalz auf das hochansteckende
Coronavirus. Damit soll der landesweit vorgeschriebene Mindestabstand
von eineinhalb Metern zwischen den Badegästen auch im Wasser gewahrt
werden. «Das wird von den Leuten super angenommen. So kann problemlos
geschwommen werden», sagt beispielsweise Schwimmmeister Kevin Joost
im Freizeitbad VALLENDAR bei Koblenz.

Jeweils maximal 300 Besucher dürfen hier in zwei Zeitfenstern
vormittags und nachmittags kommen. Dazwischen wird desinfiziert.
Früher waren es laut Joost an schönen Sommertagen 2000 bis 3000
Gäste, im Extremfall sogar bis zu 5000 Besucher. Auch sehr viele
andere Schwimmbäder in Rheinland-Pfalz beschränken im Sinne der
Mindestabstände ihre Besucherzahl. Die Eintrittspreise bleiben
vielerorts gleich.

Anderen Freibädern machen die Coronaregeln dagegen so schwer zu
schaffen, dass sie in dieser Saison gar nicht erst öffnen, wie etwa
laut den Betreibern das Freibad Ruwertal in MERTESDORF bei Trier, das
Kylltalbad in KORDEL im Kreis Trier-Saarburg und das Schwimmbad in
Duttweiler, einem Stadtteil von NEUSTADT an der Weinstraße.

Der Landesvorsitzende des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister,
Michael Schreiner, erwartet die eigentliche Herausforderung für die
Bäder erst bei noch mehr Andrang bei Bilderbuchwetter nach dem Start
der Schulferien an diesem Freitag. «Im Schwimmerbereich sind die
meisten Gäste einsichtig», sagt er. In den Freizeitbecken mit
planschenden Kindern und Jugendlichen müsse dagegen wohl mehr darauf
geachtet werden, dass sie nicht zu voll würden.

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) warnt davor, auf
große Flüsse und Baggerseen ohne Badeaufsicht auszuweichen. 2019
seien 9 und im Hitzejahr 2018 sogar 22 Menschen in Rheinland-Pfalz
ertrunken, sagt DLRG-Sprecher Marco Vogt. Rhein und Mosel seien mit
ihren Strömungen, Strudeln und Schiffen zu gefährlich zum Schwimmen.
Das gelte auch für Baggerseen, wo Bauwerke und Felsen unter Wasser
lauern könnten und ebenfalls Beckenränder zum Ausruhen fehlten.

Erst kürzlich waren beim hessischen TREBUR (Kreis Groß-Gerau) ein
fünfjähriger Junge und seine Mutter (30) im Rhein ertrunken. Auch
nach der Entdeckung der Leiche eines 56-Jährigen in einem Weiher in
LUDWIGSHAFEN geht die Polizei von einem Badeunfall aus.

Seit dem 27. Mai dürfen die Freibäder in Rheinland-Pfalz wieder
öffnen. Badegäste müssen ihre Kontaktdaten für eine Nachverfolgung

möglicher Infektionsketten angeben. In bestimmten Bereichen kann es
eine Maskenpflicht geben.

Timo Steffen vom Bundesverband Deutscher Schwimmmeister in
Rheinland-Pfalz sagt: «In Schwimmbädern von touristischen Hotspots
wie COCHEM an der Mosel muss das Personal mehr durchgreifen.» Hier
kämen zum Beispiel zahlreiche Niederländer von den Campingplätzen,
denen die Maskenpflicht weniger vertraut sei.

Im Freizeitbad VALLENDAR sagt Badegast Juliane Schulz: «Ich bin hier
mit einer Freundin und vier Kindern insgesamt. Wir freuen uns, dass
das Bad überhaupt geöffnet ist.» Die Schließung der Wasserrutsche z
ur
Gewährleistung der Mindestabstände sei zu verschmerzen. «Die beiden
Becken hier sind ja sehr groß, da ist genug Platz für alle.»

In TRIER ist im Nordbad und im Südbad bei schönem Wetter bereits
mehrmals die festgelegte Kapazitätsgrenze erreicht worden, wie die
Stadtverwaltung mitteilt. Pech für die, die zu spät kommen, Glück f
ür
die, die schon drinnen sind: Auf den Liegewiesen und in den Becken
etwa im Südbad ist laut einem Stadtsprecher stets genug Platz, um
sich aus dem Weg zu gehen und trotzdem Spaß im Wasser zu haben. «Der
Badebetrieb funktioniert insgesamt reibungslos. Die überwiegende Zahl
der Badegäste zeigt bisher Verständnis für die aktuelle Situation und

hält sich an die vorgegebenen Regelungen», sagt der Sprecher.
Zahlreiche Freibäder in Rheinland-Pfalz setzen inzwischen auf
Online-Reservierung, um Schlangen an der Kasse zu verhindern oder zu
verkürzen. Wer sich in der digitalen Welt nicht auskennt, kann sich
zum Beispiel in TRIER an die Internetlotsen des Seniorenbüros wenden,
wie der Stadtsprecher mitteilt.

Um die Überwachung der Corona-Regeln einzuhalten, brauchen etliche
Schwimmbäder mehr Personal. Das Freizeitbad in VALLENDAR
beispielsweise wird nach eigenen Angaben von Mitarbeitern des
Ordnungsamts unterstützt. In TRIER springen laut dem Stadtsprecher
Mitarbeiter der Stadtwerke Trier ein, deren Hallenbad zunächst
geschlossen bleibe. Im Freibad in ANDERNACH, wo ebenfalls
Kreisschwimmen angesagt ist, «haben wir extra zwei Security-Leute
angestellt, um im Kassenbereich auf die Abstände zu achten, das ist
das einzige Nadelöhr», sagt ein Stadtsprecher.

Der Landesvorsitzende des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister,
Schreiner, sagt, mehr Personal und weniger Gäste wegen der
Corona-Beschränkungen führten zwangsläufig zu einer Vergrößerung
der
Defizite der Freibäder: «Deutlich mehr Ausgaben stehen weniger
Einnahmen gegenüber.» Die Gäste im Felsland Badeparadies im
pfälzischen DAHN, wo er als Schwimmmeister arbeite, seien gleichwohl
dankbar, «dass wir ihnen ein Stück Normalität zurückgeben».

Manche Kommunen öffnen aber ihre Freibäder dieses Jahr nicht mehr.
Zum geschlossenen Kylltalbad in KORDEL im Kreis Trier-Saarburg teilt
der Verbandsgemeinderat Trier-Land mit, wegen der Corona-Auflagen
müssten hier mindestens drei Security-Mitarbeiter in der Saison
beschäftigt werden, mit Mehrkosten von rund 7600 Euro pro Woche.
Hinzu kämen kostenintensive Vorbereitungen zur Öffnung des Bades mit
Wegekonzept und neuem Ausgang. Für die Umsetzung aller Maßnahmen
seien zusätzliche Kosten von rund 80 000 Euro ermittelt worden.

Auch im wieder geöffneten Freibad in WORMS gebe es «einen erheblichen
Personalaufwand», sagt eine Sprecherin der städtischen
Freizeitbetriebe. Abstand halten und nur in eine Richtung schwimmen -
das klappe hier gut. «Natürlich muss man auch mal erinnern, das ist
aber kein Problem», ergänzt sie. «Viele Familien sind auch dankbar,
dass es die Regeln gibt.»

Im Freibad im rheinhessischen ALZEY hätten viele Gäste zu
Saisonbeginn noch einen normalen Betrieb ohne Corona-Regeln im Kopf
gehabt, sagt ein Mitarbeiter. «Wenn der erste Schreckmoment rum ist,
läuft das eigentlich.»