) Pfizer und Biontech: Ergebnisse zu Impfstoffkandidat «ermutigend»

Weltweit wird händeringend nach einem Impfstoff gegen das neue
Coronavirus gesucht. Mit im Rennen ist auch Biontech aus Mainz und
Pfizer. Sie sprechen nun von ermutigenden Ergebnissen nach Tests in
den USA. Noch müssen aber weitere größere Studien folgen.

Mainz (dpa) - Auf der Suche nach einem Impfstoff gegen das neue
Coronavirus sind das Mainzer Biopharma-Unternehmen Biontech und der
US-Konzern Pfizer zumindest einen gewissen Schritt vorangekommen. Bei
Tests in den USA entwickelten Probanden wirksame Antikörper gegen den
Erreger Sars-CoV-2. Das teilten Biontech und Pfizer am Mittwoch
gemeinsam mit. Unklar ist noch, ob diese Antikörper tatsächlich vor
einer Infektion mit Sars-CoV-2 schützen. Das sollen nun Tests mit bis
zu 30 000 Probanden zeigen.

Mehrere Experten bewerteten die Ergebnisse positiv. Der Immunologe
Bernhard Fleischer, ehemaliger Direktor des Bernhard-Nocht-Instituts
für Tropenmedizin, sagte, die Ergebnisse seien «sehr bemerkenswert».

Er würde davon ausgehen, mit dem Impfstoff vor einer Infektion mit
dem Coronavirus geschützt zu sein. Erwiesen sei das aber noch nicht.

Die bereits erfolgten Tests in den USA umfassten 45 gesunde Probanden
im Alter von 18 bis 55 Jahren. 24 davon bekamen je zwei Injektionen
des Wirkstoffs - einige in etwas höherer Dosis. Zwölf Probanden
erhielten letztlich nur einmal eine hohe Dosis, dieser Ansatz wurde
aber nicht weiter verfolgt. Hinzu kam eine neunköpfige
Kontrollgruppe, die zwei Dosen Placebo bekam. Sofern zwei Dosen
verabreicht wurden, geschah dies im Abstand von drei Wochen.

Sieben Tage nach der zweiten Impfung wurden bei allen 24 Probanden
mit zwei Impfungen Antikörper festgestellt, die das Virus Sars-CoV-2
in einem anschließenden Labortest ausschalten konnten. Diese Menschen
zeigten auch eine deutlich stärkere Antikörperbildung als Menschen,
die bereits mit Sars-COV-2 infiziert waren. Abhängig von der
Impfstoff-Dosis hatten die Geimpften 1,8 oder 2,8 Mal mehr
neutralisierende Antikörper gegen das Coronavirus gebildet.

Zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kam es den Angaben von Biontech und
Pfizer zufolge nicht, bei den Kandidaten mit zwei Impfungen seien
lediglich «milde bis moderate lokale und systemische Reaktionen» zu
beobachten gewesen. Die am häufigsten vorkommende lokale Reaktion sei
ein Schmerz an der Einstichstelle gewesen.

«Das sind ganz gute Signale», kommentiert Stephan Becker, Virologe an
der Uni Marburg. Insbesondere sei gut, dass die
Antikörperkonzentration höher sei als bei Menschen, die eine
Infektion durchgemacht haben. Ob der Impfstoffkandidat tatsächlich
vor einer Infektion schützt, zeigten die Ergebnisse aber nicht, sagte
Becker. Zudem sei unklar, ob die Impfung zum Aufbau eines sogenannten
Immungedächtnisses führt, also dass der Körper auf eine Infektion mit

dem Coronavirus wirksam vorbereitet ist. Um das zu zeigen, müssen
viele Tausend Menschen geimpft werden, um dann zu schauen, wie viele
von ihnen sich unter realen Bedingungen mit dem Coronavirus
infizieren.

Becker ist an den Corona-Projekten von Biontech nicht beteiligt,
kooperiert aber mit der Firma bei anderen Projekten.

«Daten zur Immunantwort nach Impfung beim Menschen sind tatsächlich
ein wichtiger und ermutigender Schritt auf dem Weg zu einem
Impfstoff», sagte der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus
Cichutek. Das gelte insbesondere bei einem RNA-Impfstoff wie diesem,
denn es gebe noch keine solchen zugelassenen Human-Impfstoffe, und es
sei weltweit auch wenig Erfahrung mit «präventiven RNA-Impfstoffen»
da. Vor Biontech und Pfizer habe das Biotech-Unternehmen Moderna aus
den USA die Induktion einer Immunantwort beim Menschen durch einen
RNA-Impfstoffkandidaten bekanntgegeben. Dafür habe es nun also den
weltweit zweiten Hinweis gegeben.

Biontech-Mitbegründer und -Chef Ugur Sahin nannte die vorläufigen
Daten sehr ermutigend. Sie zeigten, dass der Impfstoffkandidat «eine
Immunantwort mit neutralisierenden Antikörpern im Menschen induzieren
kann». «Wir freuen uns darauf, zusätzliche Daten zu BNT 162b1 zu
veröffentlichen», sagte er. Biontech testet potenzielle Impfstoffe
auch in Deutschland. Es hatte hierzulande als erstes Unternehmen die
Genehmigung des Paul-Ehrlich-Instituts bekommen. BNT 162b1 ist der
Name des Impfstoffkandidaten, zu dem nun die US-Ergebnisse vorliegen.
Kathrin U. Jansen, Senior Vice President bei Pfizer und für die
Impfstoffforschung zuständig, sagte, die ersten klinischen Daten
stimmten zuversichtlich.

Mit den bereits erfolgten und sich nun anschließenden Tests wollen
Biontech und Pfizer die richtige Dosis für einen möglichen Impfstoff
herausfinden. Es muss auch eine Auswahl getroffen werden, mit welchen
Impfstoffkandidaten in einer großangelegten, globalen Studie mit über
30 000 gesunden Probanden gearbeitet wird. Die könnte - sofern sie
von den Behörden genehmigt wird - im späten Juli 2020 beginnen.

Noch sei BNT 162b1 in keinem Land der Welt für den Gebrauch
zugelassen, betonten Biontech und Pfizer. Sollte der Impfstoff aber
zugelassen werden, planen die Firmen, bis Ende dieses Jahres bis zu
100 Millionen Impfstoffdosen und bis Ende kommenden Jahres
möglicherweise mehr als 1,2 Milliarden Dosen herstellen zu können.