Krise nimmt jungen Leuten Jobchancen - Brüssel will gegensteuern

In der Corona-Krise könnten wieder Jugendliche die großen Verlierer
werden. Bis zu 25 Prozent Jugendarbeitslosigkeit befürchtet die
EU-Kommission und schlägt Gegenmaßnahmen vor. Doch die haben einen
Haken.

Brüssel (dpa) - In der Corona-Krise will die EU-Kommission 22
Milliarden Euro gegen einen befürchteten Anstieg der
Jugendarbeitslosigkeit mobilisieren. Dazu präsentierte die Brüsseler
Behörde am Mittwoch Vorschläge an die EU-Staaten. Zugleich plädierte

sie dafür, Millionen Arbeitnehmer fortzubilden, vor allem mit neuen
Computerkenntnissen. Dafür wären der Kommission zufolge etwa 48
Milliarden Euro pro Jahr an privaten und öffentlichen Mitteln nötig.

Die Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union war unter großen
Mühen seit 2013 von 24,4 auf 14,9 Prozent gedrückt worden, lag damit
aber immer noch doppelt so hoch wie die von Erwachsenen. Nach Beginn
der Pandemie wuchs die Quote im April bereits auf 15,4 Prozent.
Befürchtet wird ein starker Anstieg in den nächsten Monaten -
möglicherweise wieder auf um die 25 Prozent. Das Risiko bestehe,
sagte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis.

Gegensteuern will die EU-Kommission mit der Ausweitung der
sogenannten Jugendgarantie. Diese gilt seit 2013 und verspricht
Jugendlichen binnen vier Monaten ein Angebot - sei es ein Job, ein
Ausbildungsplatz oder ein Praktikum. 24 Millionen jungen Leuten sei
so schon geholfen worden, erklärt die Kommission.

Nun soll die Altersgruppe erweitert werden auf 15- bis 29-Jährige -
bisher lag die Altersgrenze bei 25 - und auf besonders
hilfsbedürftige Personengruppen, etwa junge Leute mit Behinderungen
oder Angehörige von Minderheiten. Allerdings galt die Jugendgarantie
schon seit ihren Anfängen als nicht besonders wirksam.

So äußerte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund zurückhaltend zu den
Plänen. «Wir sind skeptisch, ob die heute vorgestellten Maßnahmen das

eigentliche Ziel der Jugendgarantie erreichen werden, nämlich jetzt
qualitativ hochwertige Jobs für junge Menschen zu schaffen, die sie
angesichts der Krise dringend benötigen», erklärte
DGB-Bundesjugendsekretärin Manuela Conte. Nötig seien verbindliche
Qualitätsstandards.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber erinnerte daran, dass auch
der Europäische Rechnungshof Kritik geäußert hatte: «Jetzt einfach

mehr Geld in ein leidlich funktionierendes Instrument zu pumpen, wird
der Herausforderung nicht gerecht.» Das Geld lasse sich in der Krise
besser verwenden, meint Ferber.

Die Kommission will zusätzlich die Ausbildung in Berufsschulen und
Lehrbetrieben stärken. Sozialkommissar Schmit räumte auch ein: «Die
Jugendgarantie ist kein magisches Instrument. Um Leute in Arbeit zu
bringen, braucht man Jobs.»

Die Kommission formulierte ihre Initiative nur als Vorschläge an die
27 EU-Staaten. Diese müssten nun eine gemeinsame Linie finden und sie
dann umsetzen. Die genannten 22 Milliarden Euro sollen aus dem
nächsten siebenjährigen EU-Finanzrahmen und dem
Corona-Wiederaufbauplan fließen, die aber noch gar nicht beschlossen
sind.

Etwas konkreter ist die sogenannte European Skills Agenda, also die
Fortbildungsinitiative, die sich nicht nur auf junge Leute bezieht.
Bis 2050 soll die Zahl der 16- bis 74-Jährigen mit «grundlegenden
digitalen Kenntnissen» von heute 56 auf 70 Prozent gesteigert werden.
Auch die Zahl der Arbeitnehmer, die sich mindestens einmal im Jahr
fortbilden, soll deutlich wachsen.

Zusammen liefe dies darauf hinaus, dass europaweit 540 Millionen
Fortbildungen für Erwachsene angeboten würden, erklärte die
Kommission. Die Zahl der Menschen mit Computer-Grundkenntnissen würde
so auf 230 Millionen gesteigert.

Für die Milliardenkosten könnten EU-Mittel als «Katalysator» wirken
,
meint die Kommission. Zur Verfügung stehe dafür künftig unter anderem

der aufgestockte Europäischen Sozialfonds mit einem Budget von 86
Milliarden Euro. Auch hier gilt: Das ist ein Haushaltsvorschlag, der
noch nicht beschlossen ist.