Katalonien-Präsident Torra fordert Unabhängigkeit - wegen Corona

Barcelona (dpa) - Der katalanische Ministerpräsident Quim Torra hat
die Corona-Krise als neues Argument für eine Abspaltung seiner Region
von Spanien benutzt. Die Verhängung eines 14-wöchigen Notstandes
durch die Zentralregierung in Madrid habe gezeigt, wie sehr die
«Katalanen einen eigenen Staat benötigen», sagte Torra am Mittwoch in

einer Rede vor dem Regionalparlament in Barcelona.

Durch die Ausrufung des Notstands habe der sozialistische
Ministerpräsident Pedro Sánchez Katalonien in versteckter Form
«wieder» unter Zwangsverwaltung gestellt und der Region weite Teile
der Autonomie entzogen. Im Herbst 2017 hatte Sánchez' Vorgänger, der
Konservative Mariano Rajoy, nach einem illegalen
Unabhängigkeitsreferendum die Regionalregierung entmachtet.

«War es wirklich so schwer, zum Telefon zu greifen und in einen
Dialog zu treten?», fragte Torra in Bezug auf das
Corona-Krisenmanagement der Zentralregierung. Wenn seine Regierung
die nötigen Befugnisse gehabt hätte, wäre Katalonien besser durch die

Pandemie gekommen. Man hätte den in Not geratenen Familien und Firmen
besser und schneller geholfen. «Und wir hätten auf keinen Fall einen
einzigen Euro für den Kauf von Panzern, für andere militärische Dinge

oder für das Königshaus ausgegeben. Aber leider sind wir nicht
unabhängig», betonte der nationalistisch-liberale Politiker.

Mit mehr als 28 300 Toten und knapp 250 000 Infektionsfällen war
Spanien eines der am schwersten von Corona betroffenen Länder.
Inzwischen ist die Zahl der aktuell Infizierten stark gesunken. Der
Notstand zur Eindämmung der Pandemie, in dessen Rahmen die Rechte der
rund 47 Millionen Bürger und auch der Regionalregierungen stark
eingeschränkt wurden, war zwischen dem 15. März und dem 20. Juni in
Kraft.