Neuer Hygieneplan soll Regelbetrieb an den Schulen möglich machen

Wenn das neue Schuljahr beginnt, können Kinder und Jugendliche wie
gewohnt im Klassenraum nebeneinander sitzen. Mediziner halten es für
gerechtfertigt, dort auf die Abstandsregel zu verzichten.

Mainz (dpa/lrs) - Nach den Sommerferien können Schülerinnen und
Schüler in Rheinland-Pfalz zum ersten Mal seit fünf Monaten wieder in
ihren vertrauten Klassenverband. Um nach den Einschränkungen wegen
der Corona-Pandemie diese Normalität zu ermöglichen, wird für den
Unterricht im Klassenraum die sonst weiter geltende Abstandsregel
aufgehoben. «Das Abstandsgebot fällt in den Schulklassen, soll aber
grundsätzlich bleiben», sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD)
am Mittwoch bei der Vorstellung eines neuen Hygieneplans, der
zusammen mit Medizinern und Fachleuten des Gesundheitsministeriums
erstellt wurde.

«Aus kindermedizinischer Sicht finde ich diesen Plan sehr gut», sagte
der Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin an der
Universitätsmedizin Mainz, Fred Zepp. Wenn Kinder über längere Zeit
aus ihrer vertrauten Lebenswelt gerissen, in ihrer Bewegungsfreude
unterdrückt und zu Stubenhockern gemacht würden, könne dies zu
langfristigen negativen Veränderungen führen. Mit Blick auf eine
mögliche Erkältungswelle in der kalten Jahreszeit sagte Zepp, Kinder
mit Symptomen von Atemwegserkrankungen sollten nicht in die Schule
geschickt werden. Dies sollte erst von einem Hausarzt abgeklärt
werden. Der Mainzer Virologe Bodo Plachter betonte, es gebe keinerlei
Erkenntnisse, dass Schulen Hotspots der Ausbreitung wären - «anders
als bei Tönnies oder in anderen Bereichen», fügte er mit Blick auf
Betriebe der Fleischindustrie hinzu.

Die für Mitte August geplante Aufnahme des Regelbetriebs an den
Schulen des Landes steht unter dem Vorbehalt, dass die Infektionen
mit dem Coronavirus weiter auf niedrigem Niveau bleiben. Wegen der
schnellen Ausbreitung der Pandemie Anfang März waren alle Schulen und
Kitas am 16. März geschlossen worden. «Wir werden auf Sicht fahren»,

sagte die Bildungsministerin wenige Tage vor Beginn der Schulferien.
«Wir werden das Infektionsgeschehen über die Sommerferien sehr genau
beobachten und uns weiter mit Experten abstimmen.»

Neben dem Regelbetrieb ab Mitte August hat das Ministerium daher auch
zwei weitere Möglichkeiten im Blick: Szenario 2 entspricht im
Wesentlichen der bisherigen Situation der Schulen seit Beginn der
stufenweisen Öffnung ab dem 27. April. Dazu hatte das
Bildungsministerium am 22. April einen ersten Hygieneplan vorgelegt,
der zum Vorbild für weitere Bundesländer wurde und den Wechsel von
Präsenz- und Fernunterricht vorsieht. Kleinere Lerngruppen im
Klassenraum ermöglichen dann die Einhaltung der Abstandsregel.
Szenario 3 bedeutet die neuerliche Schulschließung aufgrund eines
akuten massiven Infektionsgeschehens.

Ein regulärer Schulbetrieb müsse in Corona-Zeiten anders aussehen als
vorher, sagte Hubig. «Deshalb muss das neue Schuljahr gut vorbereitet
sein.» Aber «Schülerinnen und Schüler haben ein Recht auf Bildung,

ein Recht auf den Sozialraum Schule.»

Von der Einhaltung der Abstandsregel könne «insbesondere zwischen
Schülerinnen und Schülern in allen Schularten und Jahrgangsstufen
abgewichen werden», heißt es in dem Hygieneplan, der am Dienstagabend
allen Schulen in Rheinland-Pfalz zugeschickt wurde. «Wo dennoch
möglich, soll ein Mindestabstand von 1,50 m eingehalten werden.»

Der Hygieneplan macht der Schulgemeinschaft weiterhin Vorgaben zu
persönlicher Hygiene, zur Raumhygiene und zur Hygiene im
Sanitärbereich. Neu ist die Bestimmung, dass in jeder Schule ein
Hygiene-Beauftragter oder ein Hygiene-Team benannt wird.